„Als Wertanlage sehe ich ein Schloss nicht“
Interview. Alexander Kottulinsky hat sich auf die Versicherung von Burgen und Kunstsammlungen spezialisiert. Der Erzherzog-Johann-Nachfahre spricht über Restaurieren als Lebensaufgabe und erklärt, warum Schlösser bewohnt sein sollten.
Die Presse: Sie versichern Burgen und Schlösser. Haben Sie selbst eine Burg oder ein Schloss? Alexander Kottulinsky: Wir haben ein Schloss in der Oststeiermark, die ehemalige Wasserburg Neudau. Das ist eine Wehranlage an der steirisch-burgenländischen Grenze und seit ungefähr 300 Jahren im Besitz der Familie.
Stimmt es, dass historische Gebäude Sparkassen sind, in die man immer nur Geld reinsteckt, aber nie etwas herausbekommt? Es gibt in England einen Spruch: „It is not necessary to be crazy to run a historic house, but probably it helps.“Genau das ist es auch. Wir brauchen einen gewissen Enthusiasmus, um diese Häuser zu erhalten. Sie sind unbequem, sie sind groß, sie sind kalt, die Riesenzimmer sind schwierig zu heizen. Ein Einfamilienhaus ist bequemer und gemütlicher als ein Schloss. Die repräsentativen Aufgaben gibt es auch nicht mehr so wie früher, und so ist es eine interessante und tolle Aufgabe, aber auch eine finanzielle Belastung. Es sei denn, man kann das Schloss gewerblich nutzen. Aber wir können nicht 1000 Seminarhotels und Museen eröffnen, das verträgt Wien, aber nicht die tschechische Grenze.
Nutzen Sie Ihres gewerblich? Überhaupt nicht. Wir haben Gott sei Dank einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb dabei, der gerade so groß ist, dass das Haus erhalten werden kann. Im Moment wohnen meine Eltern dort. Es ist ein relativ großes Haus für zwei Personen. Natürlich ist es ein Familienzentrum und wird für Taufen und Hochzeiten für die ganze Familie genutzt, und in den Ferien sind alle Kinder und Enkel da, und dadurch ist das Haus auch bespielt, was wichtig und gut ist. Das ist wie bei einem Oldtimer: Wenn man das Haus nicht verwendet, geht es irgendwann kaputt. Und das durch Restauration aufzuholen ist sehr, sehr schwierig.
Gibt es aus Ihrer Erfahrung Leute, die so etwas freiwillig kaufen, aus Liebhaberei? Ja, immer wieder. Es gibt gottlob nicht viele Häuser auf dem Markt. Wir haben nicht die Situation wie in Frankreich, wo die Steuerlast durch die Erbschafts- und Schenkungssteuer so groß ist, dass 40.000 historische Objekte auf dem Markt sind. Es gibt immer wieder Liebhaber, die sich solche Objekte anschaffen, um sie zu restaurieren. Oder es gibt Leute, die sagen, wir haben eine große Familie und wollen in einem schönen Haus wohnen.
Versprechen sich diese Käufer auch eine Wertsteigerung? Nein, Wertsteigerung gibt es bei solchen Häusern in der Regel nicht, außer sie sind in der Innenstadt von Salzburg oder Wien. Dann ist der Preis von vornherein dementsprechend. Aber das Schloss, das man um einen Euro kaufen kann – da geht viel Geld in die Restauration. Dann hat man sich eine Lebensaufgabe geschaffen. Ich halte das für eine wunderbare Aufgabe. Wir restaurieren Neudau seit 30 Jahren, und es wird nicht aufhören.
Mit welchen Zusatzkosten muss man rechnen, wenn man ein Schloss um einen Euro kauft? Bei der Restauration ist die Frage: Wie mache ich sie und mit welchem Aufwand? Das ist schwer zu sagen. Aber etwa 100.000 Euro kostet ein solches Haus im Jahr, um es zu erhalten. Da geht man aber davon aus, dass es schon restauriert ist. Allein die Heizkosten, die große Dachfläche, die vielen Fenster, das sind Instandhaltungskosten, die wir jedes Jahr haben. Im Burgenverein sagen wir Leuten, die so etwas kaufen: „Der Kauf ist eine Sache, die Restauration die zweite, aber der Erhalt die dritte.“
Durch die Geldschwemme der Notenbanken haben sich Luxusgüter wie Kunstwerke verteuert. Betrifft das auch Schlösser? Als Wertanlage sehe ich ein Schloss nicht. Die Idee ist, dass man österreichisches Kulturgut erhält, dass wir unsere Häuser und Denkmäler für die nächste Generation vorbereiten und auch versuchen, sie zu übergeben. Dass es eine gute Geldparkmöglichkeit wäre, sehe ich nicht.
Und bei Kunstwerken? Diese versichern Sie ja auch. Das ist etwas anderes. Historische Möbel sind zwar auch nicht mehr im Trend, da ist eher ein Wertverfall festzustellen. Aber was absolut als Anlage gesehen wird, das ist die Kunst, der Inhalt der Schlösser. Wenn wir jeden Tag die Investition an der Wand betrachten können, ist das etwas Schöneres als ein Aktienpaket, das vielleicht eine Wertsteigerung mit sich bringt.
Wenn es ein sehr teures Bild ist, sind dann die Sicherheitsanforderungen in Schlössern größer? Denn da gibt es ja viele Einstiegsmöglichkeiten für Einbrecher. Grundsätzlich ja. Ab einer gewissen Summe, wir reden hier von 700.000 Euro, brauchen wir eine Alarmanlage. Und das ist in einem Schloss etwas komplizierter als in einem Einfamilienhaus. Andererseits ist ein Schloss eine große Fläche. Ein Dieb weiß ja nicht unbedingt, wo das Wertvolle ist, wie es gesichert ist, ob da nicht irgendwo ein paar Jagdhunde lauern. Und sich durch 50 Räume durchzuarbeiten, bis man das gewünschte Bild findet, ist nicht so einfach. Deswegen ist es auch wichtig, dass man grundsätzlich diskret ist, dass man seine Inhalte nicht unbedingt
(*1967) ist geschäftsführender Gesellschafter von IRM-Kotax. Das Versicherungsunternehmen ist in Österreich führend bei der Versicherung von Kunstsammlungen und historischen Immobilien (Burgen, Schlössern, Gutshäusern). Zuvor war Kottulinsky bei der Generali-Versicherung tätig. Er ist zudem Präsident des Burgenvereins Österreich, einer Interessensvertretung der Besitzer von Burgen. Er lebt in Wien. auf der Homepage zeigt und den Dieb schon hinführt.
Aber will man teure Gemälde nicht zeigen? Man hat sie in erster Linie, um sie selbst anzuschauen, nicht, um sie herzuzeigen. Die Häuser, die ich vertrete, sind Privathäuser, und sie werden auch als solche bespielt. Dort hat man Gäste und die Familie. Aber ich würde Kunst nicht in den öffentlichen Bereich hängen, wo sie gesehen wird, denn vielleicht kommt dann jemand auf dumme Gedanken.
Warum haben Sie sich als Versicherungsmakler auf Kunst und Schlösser spezialisiert? Gab es da eine Marktlücke? Die Versicherungsgesellschaften haben grundsätzlich die Versicherung von historischen Objekten nicht wirklich gern, weil sie nie wissen, was sie da versichern, weil es nur wenige Schätzmeister gibt, die den Neubauwert eines historischen Gebäudes feststellen können. Der Versicherer glaubt immer, die Elektroinstallationen sind nicht auf dem modernsten Stand, es gibt viele Holzböden und Vertäfelungen, es sind viele Kunstwerke und viele Antiquitäten drin. Es gibt ungefähr 1000 private Schlösser in Österreich. Damit ist das keine Riesenkundengruppe. Aber ich komme aus so einer Ecke und habe dort am meisten Erfahrung. Wir haben schon einige 100 Schlösser versichert, wir haben einige große Kunstsammlungen und viele kleine versichert.
Sie sind ein Nachfahre von Erzherzog Johann. Hat das zum Wunsch geführt, Tradition und Schönes bewahren zu wollen? Ja, in mehrerlei Hinsicht. Erzherzog Johann war Gründer der Grazer Wechselseitigen Versicherung. Auch von dieser Seite bin ich durch meine Vorfahren vorgeprägt. Und wir haben durch die sehr große Familie, die er begründet hat, einen unglaublichen Pool an verschiedenen Häusern, die wir durch verwandtschaftliche Verhältnisse immer wieder sehen. Und da ist die Tradition, die wir bewahren und an die nächste Generation weitergeben wollen, eine wichtige Aufgabe.
Sie selbst wohnen Schloss? Nein, ich wohne in Wien und habe hier mein Büro und meine Familie, weil die Schule ein Thema ist. Ich habe hier mehr Möglichkeiten, und die will ich ausnützen. Aber meine Kinder lieben es, dort ihre Ferien zu verbringen und bei den Großeltern zu sein. Und irgendwann werde ich dort wohnen. In der Pension aufs Land zu gehen und dort einen Zufluchtsort zu haben ist ja kein Nachteil.
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