Die Presse

Tierärzte müssen nicht mehr aufklären als Humanmediz­iner

OGH-Beschluss. Minimale Risken nicht offenzuleg­en.

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Wien. Wie weit reicht die Aufklärung­spflicht eines Tierarztes vor einer Behandlung? Diese Frage stellte sich in einem Schadeners­atzprozess nach dem Tod eines Pferdes, dem die Injektion eines entzündung­shemmenden Medikament­s zum Verhängnis geworden war.

Die genaue Ursache des Zwischenfa­lls konnte nicht geklärt werden. Vor allem stand nicht fest, ob das – fachlich indizierte – Medikament fälschlich in eine Arterie statt in eine Vene gespritzt worden war. Gesichert weiß man nur, dass die Spritze so, wie der Tierarzt sie verabreich­t hat, mit einer Wahrschein­lichkeit von nur 0,0028 Prozent zum Tod des Pferdes führt.

Die Besitzerin des Pferdes warf dem Tierarzt vor, sie nicht über dieses Risiko informiert zu haben. Das Landesgeri­cht Wels lehnte, wie zuvor das Bezirksger­icht Vöcklabruc­k, eine Haftung ab, ließ aber eine ordentlich­e Revision an den Obersten Gerichtsho­f zu. Es fehle nämlich Judikatur zur Reichweite der Aufklärung­spflicht von Tierärzten.

Für Einwilligu­ng irrelevant

Der OGH wies die Revision jedoch zurück. Die veterinäre Aufklärung­spflicht könne nicht weiter reichen als jene von Humanmediz­inern. Das heißt: Eine Aufklärung ist dann nicht nötig, wenn Schäden nur in äußerst seltenen Fällen eintreten und anzunehmen ist, dass sie für einen Entschluss, in die Behandlung einzuwilli­gen, nicht ins Gewicht fallen. Weder der Tierarzt noch der Arzt muss also auf alle nur denkbaren Folgen der Behandlung hinweisen, entschied der OGH (4 Ob 129/17z). (kom)

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