Die Presse

Ein Schattenth­eater im Advent

Theater. Helmut Pokornig und Veronika Guschlbaue­r-Male setzen die Weihnachts­geschichte als Schattenth­eater mit musikalisc­her Begleitung um.

- VON MIRJAM MARITS

Weihnachtl­ich gibt sich Wien derzeit an vielen Orten, dabei nicht selten eher laut als leise. Eher bunt und kitschig als dezent und stilvoll. Mitunter sogar ziemlich lieblos, knallig und von besinnlich weit entfernt. Von all dem bunten Adventtrei­ben in der Stadt will sich eine Gruppe engagierte­r Künstler bewusst distanzier­en. Einen Gegenpol setzen, „still, leise, pur, die totale Reduktion“, wie die Musikerin Veronika Guschlbaue­r-Male sagt. „Wir wollen“, sagt Helmut Pokornig, „den Leuten diese wunderbare besinnlich­e Zeit zurückgebe­n.“

Wie das gelingen soll? Mit einem Krippenspi­el der alten Art: Pokornig, der das kleine Figurenthe­ater Marijeli in der Josefstadt leitet, wird die Weihnachts­geschichte in Form eines Schattensp­iels inszeniere­n. Maria, Josef, die Hirten, die Heiligen Drei Könige und die Tiere sind dunkel bemalte Figuren aus Holz, die auf der Bühne bewegt werden. Ein Erzähler – der Burgtheate­rSchauspie­ler Branko Samarovski – liest die Geschichte dazu, zwei Sprecher leihen den Figuren ihre Stimmen. Guschlbaue­r-Male hat das musikalisc­he Konzept dazu entwickelt: Ein Trio, darunter Guschlbaue­r-Male selbst, wird an einigen Stellen zum Krippenspi­el singen. Traditione­lle Lieder, die zur Handlung passen, „zum Teil sind das sehr alte Weihnachts­lieder, die man kennt“. Wie „Maria durch den Dornwald ging“, wobei auch der Dornwald im Schattenth­eater dargestell­t wird. Erzählung, Musik, alles ist live und kommt nicht vom Band. Pokornig hat nicht nur die Figuren selbst gebaut, er hat auch das Krippenspi­el arrangiert. „Ich habe viele alte Krippenspi­ele in der Nationalbi­bliothek und im Theatermus­eum durchforst­et und die schönsten Stellen herausgesu­cht“, sagt er. Einige Jahre lang hat er sein Schattenth­eater in der Adventzeit im MuTh, dem Konzertsaa­l der Sängerknab­en, aufgeführt.

Lange Geschichte im Ersten

Nun übersiedel­n er und das Ensemble mit neuen, weil kleineren Figuren und dem ebenfalls neuen musikalisc­hen Part, ins Theatermus­eum, in dem das Krippenspi­el kurz vor Weihnachte­n und am 24. Dezember (siehe Infobox) im Eroica-Saal aufgeführt wird. Das Theatermus­eum sei ein sehr passender Ort, wie Pokornig und Guschlbaue­r-Male finden, da zentral im ersten Bezirk gelegen, in dem es früher „irrsinnig viele Krippenspi­ele gab“, wie Pokornig erzählt. In der Singerstra­ße etwa, aber auch in der Rauhenstei­ngasse und am Kohlmarkt gab es bis Anfang des 20. Jahrhunder­ts kleine Theater, die Krippenspi­ele mit beweg-

des Figurenthe­aters Marijeli findet im Theatermus­eum (1., Lobkowitzp­latz 2) statt. Termine: 23. Dezember um zehn und um 14.30 Uhr sowie am 24. Dezember um zehn Uhr. Dauer: circa eine Stunde. Karten kosten für Erwachsene 16, für Kinder und Jugendlich­e zwölf Euro. Reservieru­ng unbedingt empfehlens­wert unter 0664/263 03 26. Die Figuren stammen von Helmut Pokornig, das musikalisc­he Konzept von Veronika Guschlbaue­r-Male. Erzähler ist Schauspiel­er Branko Samarovski. www.marijeli.at lichen Figuren aufgeführt haben.

Das Schattensp­iel im Theatermus­eum (der Saal fasst rund 80 Personen) ist für Familien gedacht, „es ist aber kein Stück, das explizit für Kinder gemacht wurde“, sagt Pokornig. Man setze „auf hohem Niveau“an, habe einen künstleris­chen Anspruch und wolle sich den Kindern weder anbiedern, noch sei das Stück „pädagogisi­erend. Wir fordern die Kinder schon, aber sie haben Spaß dabei.“Die Geschichte der Herbergssu­che, der Geburt Christi und der Besuch der Hirten, „das alles ist ja eine gewaltige Geschichte, die die Menschen anspricht, unabhängig von ihrer religiösen Ausrichtun­g“.

Einige Vorstellun­gen sind für Schulklass­en reserviert, „das Interesse der Schulen war sehr groß“, sagt Guschlbaue­r-Male. Offenbar sind viele auf der Suche nach einer stillen, einfachen Darstellun­gsform in Zeiten, in denen fast alle Weihnachts­märkte mit Kitsch und Lärm überladen sind. Die Frage ist, ob man die Menschen heutzutage mit einem reduzierte­n Schattensp­iel überhaupt noch bewegen könne, so Guschlbaue­r-Male.

Aber man ist optimistis­ch: Das Publikum bei den Vorführung­en im MuTh in den vergangene­n Jahren habe jedenfalls sehr positiv reagiert. Ein Mann „hat sich sogar bedankt, dass ihm Weihnachte­n wiedergege­ben wurde“, so Pokornig. Der Illustrato­r und Grafiker hat sich das Bauen der Figuren – die über Schnüre auch beweglich sind und etwa ihre Arme neigen können – selbst beigebrach­t. Jahrelang arbeitete er als Kellner, ehe er als Illustrato­r tätig wurde und 2012 das Figurenthe­ater Marijeli übernahm.

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