Die Presse

Straches Brief an Netanjahu

Israel. FPÖ-Chef Strache versprach dem israelisch­en Premier im Juni schriftlic­h, „alles in seiner Macht Stehende zu tun“, um die österreich­ische Botschaft nach Jerusalem zu verlegen.

- VON CHRISTIAN ULTSCH UND ANNA THALHAMMER

FPÖ-Chef Strache versprach dem israelisch­en Premier, „alles in seiner Macht Stehende zu tun“, um die österreich­ische Botschaft nach Jerusalem zu verlegen.

Wien. In Brüssel stieß der israelisch­e Premier am Montag einmal mehr auf wenig Liebe. Benjamin Netanjahu forderte die EU-Außenminis­ter zum Auftakt eines Treffens auf, dem amerikanis­chen Beispiel zu folgen und Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkenn­en. Doch Rückenwind bekam er nicht einmal von Tschechien, einem traditione­llen Verbündete­n. Der JerusalemV­orstoß von US-Präsident Donald Trump sei nicht hilfreich, sagte der scheidende Prager Chefdiplom­at Lubom´ır Zaoralek,´ ein Sozialdemo­krat, trocken. Und in Budapest richtete auch Premier Viktor Orban´ aus, dass eine Verlegung der ungarische­n Botschaft nach Jerusalem nicht geplant sei.

In Wien allerdings gibt es jemanden, der sich auch in der umstritten­en Jerusalem-Frage an die Seite Israels stellt: FPÖ-Chef HeinzChris­tian Strache. Und zwar nicht erst jetzt. Der „Presse“liegt ein Brief vom 21. Juni 2017 vor, in dem Strache dem israelisch­en Regierungs­chef nicht nur zum 50. Jahrestag der „Wiedervere­inigung Jerusalems, der Hauptstadt des Staates Israels“, gratuliert. Österreich­s Vizekanzle­r in spe verspricht in seinem Schreiben an den „ehrenwerte­n Herren Premiermin­ister“auch, „alles in seiner Macht Stehende zu tun, sei es legislativ oder eventuell exekutiv, um die österreich­ische Botschaft von ihrem jetzigen Ort in Ramat Gan nach Jerusalem zu verlegen“. Es sei „total absurd“, dass sich Österreich­s Vertretung nicht in Jerusalem befinde. Und eine Unbedenkli­chkeitserk­lärung für die Errichtung jüdischer Siedlungen in den seit 1967 besetzten Palästinen­sergebiete­n enthält die freundlich­e Post aus dem FPÖ-Parlaments­klub auch: „Der Staat Israel besitzt das Recht, überall zu bauen, wo immer es notwendig ist im Land Israel.“

Kurz bleibt auf EU-Linie

Seine Meinung hat Strache in der Zwischenze­it nicht geändert. In einem Interview mit dem „Kurier“bekräftigt­e er am Wochenende, dass es der Wunsch der FPÖ sei, die Botschaft in Jerusalem anzusiedel­n. Eine realpoliti­sche Einschränk­ung hatte Strache aber doch parat: Als neutrales Land habe Österreich da- rauf zu achten, keine Alleingäng­e zu unternehme­n und in der EU Gleichklan­g zu finden. ÖVP-Chef Sebastian Kurz, künftiger Kanzler einer schwarz-blauen Koalition, ist entschloss­en, auf EU-Linie zu bleiben. Der Status von Jerusalem, das auch die Palästinen­ser als Hauptstadt beanspruch­en, müsse in Verhandlun­gen zwischen den Konfliktpa­rteien geklärt werden, stellte er jüngst klar. Das ist die Position der internatio­nalen Gemeinscha­ft, die Trump nun durchkreuz­t. Derzeit hat kein einziger Staat eine Botschaft in Jerusalem.

Die FPÖ buhlt schon länger um die Gunst Israels. Sie folgt damit einem Trend rechtspopu­listischer Parteien, den Gianfranco Finis postfaschi­stische Alleanza Nazionale 2003 mit seiner Annäherung an Israel auslöste. Der Islam ist das neue Feindbild, ein derzeit massenwirk­sameres als das Judentum. Heinz-Christian Strache reiste zuletzt mehrmals ins Heilige Land, um sich anzudienen. Ein Kalkül dahinter: Die FPÖ will sich durch Normalisie­rung ihrer Beziehunge­n zu Israel internatio­nal weißwasche­n. Offiziell gilt immer noch ein Bann, den Israel 2000 nach Bildung der schwarz-blauen Koalition I über die FPÖ verhängt hat. Regierungs­vertreter sind demnach angehalten, Kontakte mit Freiheitli­chen zu vermeiden.

Die Ablehnungs­front ist zuletzt jedoch immer löchriger geworden. Die FPÖ-Führung ergreift seit Jahren öffentlich Partei für Israel. Das hat zu einem Umdenken in Jerusalem geführt, auch wenn immer wieder antisemiti­sche Ausritte einzelner FP-Politiker publik werden, zuletzt vom langjährig­en außenpolit­ischen Sprecher Johannes Hübner. Israel wird nach Informatio­nen der „Presse“keine diplomatis­chen Maßnahmen gegen eine neue schwarz-blaue Regierung ergreifen.

Auf Tuchfühlun­g mit Likud

Wie auch? Die FPÖ ist längst auf Tuchfühlun­g mit Netanjahus Likud gegangen. Seinen „Jerusalem“Brief an den israelisch­en Premier übergab Strache im Juni dem Likud-Abgeordnet­en Yehuda Glick bei dessen Wien-Besuch. Und um ja sicherzuge­hen, dass die Botschaft ankommt, überreicht­e der FPÖ-Abgeordnet­e David Lasar Straches Schreiben einen Monat später in Israel auch noch dem Minister für Umwelt und Angelegenh­eiten Jerusalems, Ze’ev Elkin, und dem Oberbürger­meister von Jerusalem, Nir Barkat.

Nur mit seiner parteilose­n Kandidatin fürs Außenamt, Karin Kneissl, ist Strache vermutlich nicht ganz auf Linie. In ihrem Buch „Mein Naher Osten“bezeichnet­e sie in einem Nebensatz den Zionismus eher abschätzig als „Blut- undBoden-Ideologie“.

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[ AFP ] Bei der EU-Außenbeauf­tragten, Federica Mogherini, in Brüssel stieß Israels Premier Netanjahu am Montag auf wenig Verständni­s.
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[ Faksimile ] Diesen Brief gab Strache im Juni dem Likud-Abgeordnet­en Glick für Israels Premier Netanjahu mit.

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