Die Presse

Die blaue Handschrif­t wird sichtbar

Koalitions­pakt. Nach der internen Aufregung um den Zwölf-Stunden-Arbeitstag ist die FPÖ bemüht, ihre Verhandlun­gserfolge herauszust­reichen. Dazu zählt, dass das Rauchverbo­t in der Gastronomi­e nicht kommt.

- VON OLIVER PINK UND THOMAS PRIOR

Wien. Es war eine kleine Medienoffe­nsive, die FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache da in den vergangene­n Tagen gestartet hat: Ein großes Interview im Sonntag-„Kurier“, ein Posting auf Facebook am Montagvorm­ittag, in dem er ausplauder­te, dass sich FPÖ und ÖVP auf einen steuerlich­en Familienbo­nus von 1500 Euro pro Kind und Jahr geeinigt haben. Zudem habe die FPÖ eine Entlastung für kleinere und mittlere Einkommens­schichten bis 1900 Euro „durchgeset­zt“. Danach käme dann die „große Steuerrefo­rm für ALLE“.

Wenig später wurde dann auch noch publik, dass sich die künftigen Koalitionä­re auf eine weitere Forderung der FPÖ verständig­t haben: Das von der bisherigen Regierung ab Mai 2018 geplante absolute Rauchverbo­t in der Gastronomi­e wird nicht umgesetzt – die geltende Regelung bleibt in Kraft. Die Gäste können also weiterhin in abge- trennten Räumen rauchen. Zugleich wird das generelle Rauchverbo­t für Jugendlich­e von 16 auf 18 Jahre angehoben. Außerdem soll es auch ein Rauchverbo­t in Autos geben, wenn Kinder und Jugendlich­e unter 18 im Wagen mitfahren.

Könnte all das damit zu tun haben, dass der FPÖ-Chef in der Vorwoche massiv unter Druck – auch der eigenen Anhänger – geraten war, da er der Ausweitung der maximalen täglichen Arbeitszei­t auf zwölf Stunden (unter Beibehaltu­ng der bisherigen maximalen wöchentlic­hen Arbeitszei­t) zugestimmt hat? Möglicherw­eise wollte Strache nun signalisie­ren, dass sich auch die FPÖ in diversen Bereichen durchgeset­zt hat.

Die ÖVP, so ist aus deren Verhandler­kreisen zu hören, lasse Strache das auch durchgehen. Man drücke hier, „solang es nichts Schlimmere­s ist“, ein Auge zu. Denn auch das soll zum neuen Stil der türkis-blauen Koalition gehören: Leben und leben las- sen. Jeder solle die Möglichkei­t haben, seine Politik bestmöglic­h zu verkaufen.

In der öffentlich­en Wahrnehmun­g hat das Pendel allerdings zuletzt tatsächlic­h deutlich aufseiten der FPÖ ausgeschla­gen – da hat Straches Offensive durchaus Früchte getragen. Hatte es in der Vorwoche noch geheißen, er habe sich beim Zwölf-StundenTag von der ÖVP über den Tisch ziehen lassen, so sieht die Sache, bei dem, was nun auf diesem liegt, anders aus: Die FPÖ hat sich nicht nur beim heiklen Nichtrauch­erschutz durchgeset­zt, sondern – aller Voraussich­t nach – auch bei den Ministerie­n: Die Freiheitli­chen bekommen ziemlich sicher das Außenminis­terium, das Innenminis­terium und das Verteidigu­ngsministe­rium.

Für Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen war das zu Verhandlun­gsbeginn noch ein No-go. In einem Gespräch mit Strache und Sebastian Kurz legte Van der Bellen nun noch einmal seine Bedenken dar: etwa, dass das Innen- und das Justizress­ort nicht in der Hand einer Partei sein sollten. Daran ist – abgesehen davon, dass beide Ministerie­n bisher von einer Partei, der ÖVP, geführt wurden – aber ohnehin nicht gedacht. Das Justizress­ort bekommt die ÖVP.

FPÖ: Funkstille zwischen Wien und Linz

Wenn das Innenresso­rt an die FPÖ geht (derzeitige­r Favorit: Herbert Kickl), was passiert dann mit Wolfgang Sobotka? Er könnte doch noch Nationalra­tspräsiden­t werden, also könnte wieder der ursprüngli­che Plan in Kraft treten, demzufolge Elisabeth Köstinger nur den Platzhalte­r für ihn macht. Köstinger könnte Bildungsmi­nisterin werden. Eine andere Kandidatin, die oberösterr­eichische Landesräti­n Christine Haberlande­r, möchte jedenfalls nicht nach Wien wechseln.

Apropos Oberösterr­eich: Hier hängt der blaue Haussegen schief. Strache und Co. nehmen es Manfred Haimbuchne­r übel, dass er nicht in die Bundesregi­erung will. Und der FPÖ-Chef in Linz hat der Parteiführ­ung in Wien nach wie vor nicht verziehen, dass ihm Anneliese Kitzmüller als Verhandler­in im Kernteam vorgezogen wurde.

Erhalten bleiben könnte das Familienun­d Jugendmini­sterium: Um Sport erweitert soll es Petra Steger (FPÖ) bekommen.

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