Die blaue Handschrift wird sichtbar
Koalitionspakt. Nach der internen Aufregung um den Zwölf-Stunden-Arbeitstag ist die FPÖ bemüht, ihre Verhandlungserfolge herauszustreichen. Dazu zählt, dass das Rauchverbot in der Gastronomie nicht kommt.
Wien. Es war eine kleine Medienoffensive, die FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache da in den vergangenen Tagen gestartet hat: Ein großes Interview im Sonntag-„Kurier“, ein Posting auf Facebook am Montagvormittag, in dem er ausplauderte, dass sich FPÖ und ÖVP auf einen steuerlichen Familienbonus von 1500 Euro pro Kind und Jahr geeinigt haben. Zudem habe die FPÖ eine Entlastung für kleinere und mittlere Einkommensschichten bis 1900 Euro „durchgesetzt“. Danach käme dann die „große Steuerreform für ALLE“.
Wenig später wurde dann auch noch publik, dass sich die künftigen Koalitionäre auf eine weitere Forderung der FPÖ verständigt haben: Das von der bisherigen Regierung ab Mai 2018 geplante absolute Rauchverbot in der Gastronomie wird nicht umgesetzt – die geltende Regelung bleibt in Kraft. Die Gäste können also weiterhin in abge- trennten Räumen rauchen. Zugleich wird das generelle Rauchverbot für Jugendliche von 16 auf 18 Jahre angehoben. Außerdem soll es auch ein Rauchverbot in Autos geben, wenn Kinder und Jugendliche unter 18 im Wagen mitfahren.
Könnte all das damit zu tun haben, dass der FPÖ-Chef in der Vorwoche massiv unter Druck – auch der eigenen Anhänger – geraten war, da er der Ausweitung der maximalen täglichen Arbeitszeit auf zwölf Stunden (unter Beibehaltung der bisherigen maximalen wöchentlichen Arbeitszeit) zugestimmt hat? Möglicherweise wollte Strache nun signalisieren, dass sich auch die FPÖ in diversen Bereichen durchgesetzt hat.
Die ÖVP, so ist aus deren Verhandlerkreisen zu hören, lasse Strache das auch durchgehen. Man drücke hier, „solang es nichts Schlimmeres ist“, ein Auge zu. Denn auch das soll zum neuen Stil der türkis-blauen Koalition gehören: Leben und leben las- sen. Jeder solle die Möglichkeit haben, seine Politik bestmöglich zu verkaufen.
In der öffentlichen Wahrnehmung hat das Pendel allerdings zuletzt tatsächlich deutlich aufseiten der FPÖ ausgeschlagen – da hat Straches Offensive durchaus Früchte getragen. Hatte es in der Vorwoche noch geheißen, er habe sich beim Zwölf-StundenTag von der ÖVP über den Tisch ziehen lassen, so sieht die Sache, bei dem, was nun auf diesem liegt, anders aus: Die FPÖ hat sich nicht nur beim heiklen Nichtraucherschutz durchgesetzt, sondern – aller Voraussicht nach – auch bei den Ministerien: Die Freiheitlichen bekommen ziemlich sicher das Außenministerium, das Innenministerium und das Verteidigungsministerium.
Für Bundespräsident Alexander Van der Bellen war das zu Verhandlungsbeginn noch ein No-go. In einem Gespräch mit Strache und Sebastian Kurz legte Van der Bellen nun noch einmal seine Bedenken dar: etwa, dass das Innen- und das Justizressort nicht in der Hand einer Partei sein sollten. Daran ist – abgesehen davon, dass beide Ministerien bisher von einer Partei, der ÖVP, geführt wurden – aber ohnehin nicht gedacht. Das Justizressort bekommt die ÖVP.
FPÖ: Funkstille zwischen Wien und Linz
Wenn das Innenressort an die FPÖ geht (derzeitiger Favorit: Herbert Kickl), was passiert dann mit Wolfgang Sobotka? Er könnte doch noch Nationalratspräsident werden, also könnte wieder der ursprüngliche Plan in Kraft treten, demzufolge Elisabeth Köstinger nur den Platzhalter für ihn macht. Köstinger könnte Bildungsministerin werden. Eine andere Kandidatin, die oberösterreichische Landesrätin Christine Haberlander, möchte jedenfalls nicht nach Wien wechseln.
Apropos Oberösterreich: Hier hängt der blaue Haussegen schief. Strache und Co. nehmen es Manfred Haimbuchner übel, dass er nicht in die Bundesregierung will. Und der FPÖ-Chef in Linz hat der Parteiführung in Wien nach wie vor nicht verziehen, dass ihm Anneliese Kitzmüller als Verhandlerin im Kernteam vorgezogen wurde.
Erhalten bleiben könnte das Familienund Jugendministerium: Um Sport erweitert soll es Petra Steger (FPÖ) bekommen.