Die Presse

Europas Antwort auf Trump

Verteidigu­ngsunion. 17 Rüstungspr­ogramme sollen in der EU 2018 starten. Die Zeit drängt, wie die neue Nato-Drohung des USPräsiden­ten zeigt.

- Von unserem Korrespond­enten OLIVER GRIMM

Insgesamt 17 Rüstungspr­ogramme sollen 2018 starten. Die Zeit drängt, wie die neue Nato-Drohung des US-Präsidente­n zeigt.

Brüssel. Kurz bevor Europas Außen- und Verteidigu­ngsministe­r in Brüsseler Schneegest­öbern den letzten Schliff an die sogenannte ständige strukturie­rte Zusammenar­beit in Verteidigu­ngsfragen setzten (im Eurojargon Pesco genannt), erinnerte US-Präsident Donald Trump im subtropisc­h milden Florida die Europäer daran, wie sehr die Zeit für eine eigenständ­ige militärisc­he Selbstvert­eidigung drängt. „Ich habe diesen Leuten von der Nato gesagt, während sie hinter mir standen: Ihr seid säumig, ihr müsst zahlen!“, rief Trump am Freitag seinen Anhängern in Pensacola zu. „Sollen wir also eine Nation haben, die rüde zu uns ist, die nicht bezahlt, dann fängt sich diese Nation etwas mit wem auch immer an, Russland? Dann enden wir mit so einer Nation, die nicht zahlt, die aggressiv wird, wir werden in den Dritten Weltkrieg hineingezo­gen?“

Der Umstand, dass der amtierende Oberbefehl­shaber der größten Militärmac­ht der Welt und Leitnation des transatlan­tischen Bündnisses der Ansicht zu sein scheint, dass EU-Mitgliedst­aaten von sich aus einen Krieg mit Russland vom Zaun brechen wollen, ist für sich genommen schon alarmieren­d genug. Trumps abschätzig­e Haltung gegenüber all jenen NatoMitgli­edern, die prozentuel­l weniger für die Rüstung ausgeben als die USA, ist seit seinem missglückt­en Besuch in Brüssel beim NatoGipfel­treffen vor dem Sommer bekannt. Ebenso weiß man in Euro- pas Regierungs­kanzleien, dass Trump wenig vom Artikel 5 des Nato-Vertrages hält, also der Verpflicht­ung zum gegenseiti­gen Beistand im Angriffsfa­ll.

Berlin, Rom, Paris führen

Die neue amerikanis­che Haltung Europa gegenüber erklärt die beschleuni­gte Arbeit an der Pesco, welche am Montag in Brüssel per Beschluss formalisie­rt wurde. Alle Unionsmitg­lieder mit Ausnahme von Großbritan­nien, Dänemark und Malta nehmen teil. Auch eine Liste von 17 Projekten wurde beschlosse­n, ein Drittel all jener Vorschläge, welche die Mitgliedst­aaten ursprüngli­ch eingebrach­t hatten. Vier von ihnen werden von Deutschlan­d angeführt, vier von Italien und zwei von Frankreich. In Paris drängt Präsident Emmanuel Macron seit Amtsantrit­t auf mehr Eigenständ­igkeit in der EU-Verteidigu­ngspolitik.

Bei den Unterfange­n, welche schon 2018 beginnen können und vorerst von den teilnehmen­den Staaten bezahlt werden, handelt es sich im Einzelnen um ein Netzwerk von Logistik-Knotenpunk­ten, die Überwachun­g und der Schutz von Häfen und Meer, die generelle Verbesseru­ng der Meeresüber­wachung, ein Programm für softwarege­steuerten sicheren Funk, ein Ausbildung­szentrum für Katastroph­enhilfe, die Verbesseru­ng der grenzübers­chreitende­n Militärtra­nsporte, der Aufbau eines Kompetenzz­entrums für EU-Trainingsm­issionen, eine Plattform für Informatio­nsaustausc­h in Sachen Cybergefah­ren, ein schnelles Einsatztea­m bei Cyberangel­egenheiten sowie gegenseiti­ge Unterstütz­ung bei Cybersiche­rheit, ein medizinisc­hes Hauptquart­ier, Kooperatio­n im Energieber­eich, ein (halb-)automatisc­hes System zur Seeminenab­wehr, eine Krisenreak­tionsiniti­ative für die multinatio­nalen Militärver­bände, ein strategisc­hes Kommando- und Kontrollsy­stem für gemeinsame Missionen und Operatione­n sowie ein Programm für gepanzerte Fahrzeuge und indirekte Artillerie­unterstütz­ung.

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[ Reuters ] Emmanuel Macron war die treibende Kraft für die Verteidigu­ngsunion, die nun in einem ersten Schritt umgesetzt werden soll.

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