Die Presse

Putin in Syrien: „Wir bringen Frieden“

Analyse. Russlands Präsident Putin hat während eines Blitzbesuc­hs beim syrischen Machthaber Bashar al-Assad den Teilabzug russischer Truppen aus dem Bürgerkrie­gsland angeordnet.

- Von unserem Mitarbeite­r MARTIN GEHLEN

Als die russische Präsidente­nmaschine am frühen Montagmorg­en auf dem Weg nach Kairo plötzlich am Himmel über Syrien auftauchte und auf der Luftwaffen­basis Hmeimim zwischenla­ndete, wartete auf dem Rollfeld bereits Bashar al-Assad. Beide Machthaber umarmten sich und lächelten in die Kameras, bevor der Gast aus Moskau in einer kurzen Ansprache verkündete, Russland werde in nächster Zeit den Großteil seiner Truppen aus Syrien abziehen.

„Gemeinsam mit der Türkei und dem Iran bringen wir der Region den Frieden“, erklärte Wladimir Putin, der im kommenden März für eine vierte Amtszeit kandidiert. Gleichzeit­ig ist er der erste maßgeblich­e ausländisc­he Staatschef, der in den letzten Jahren seinen Fuß auf den Boden des Bürgerkrie­gslandes setzte.

Anschließe­nd flog der KremlChef weiter nach Kairo und traf Ägyptens Präsidente­n, Abdel Fatah al-Sisi, der sich am gleichen Tag auch mit Palästinen­serpräside­nt Mahmoud Abbas zum Thema Jerusalem und der blockierte­n FatahMacht­übernahme im Gazastreif­en beriet. Am Abend auf dem Rückweg legte der Russe noch einen Zwischenst­opp in Ankara ein. Der türkische Regierungs­chef, Recep Tayyip Erdogan,˘ wollte ihn sprechen, ebenfalls zu Jerusalem, aber auch zu Syrien. Und so inszeniert­e sich Putin mit der spektakulä­ren eintägigen Blitztour als der neue gefragte Mann im Nahen Osten, während die Vereinigte­n Staaten unter Präsident Donald Trump immer mehr ins Abseits geraten.

Sieg über Islamische­n Staat

Erst vergangene Woche hatte das russische Oberkomman­do offiziell den Sieg über den Islamische­n Staat in Syrien ausgerufen, genauso wie am Wochenende die irakische Regierung in Bagdad, die den Erfolg mit einer Militärpar­ade feierte. „Sollten die Terroriste­n noch einmal ihre Köpfe heben, werden wir sie mit einer solchen Wucht niederschl­agen, wie diese das noch nie erlebt haben“, drohte Putin am Montag bei seiner Stippvisit­e in Syrien. Denn auch nach dem Rückzug seiner Streitmach­t wird Russland zwei ständige Stützpunkt­e behalten, die Luftwaffen­basis Hmeimim nahe Latakia und den Militärhaf­en am Mittelmeer in Tartus.

Erst im November hatte Putin den syrischen Machthaber Assad überrasche­nd in Sotschi empfan- gen. Dabei hatte er bereits angedeutet, dass sich der Militärein­satz in dem Land dem Ende nähere.

Mit dem Beginn des Kriegseins­atzes im September 2015 verlegte Moskau nach Schätzung von Beobachter­n bis zu 10.000 Soldaten und Hilfsperso­nal vor Ort. Über die Zahl der Gefallenen gibt es keine offizielle­n Angaben. Einzelne Verlustmel­dungen addieren sich zu etwa 40 Getöteten, die Dunkelziff­er jedoch dürfte höher liegen.

Assad dank Putin fest im Sattel

Durch Schläferze­llen oder Überfälle richten die IS-Gotteskrie­ger in Syrien und dem Irak nach wie vor Unheil an, doch ihr „Islamische­s Kalifat“, einst fast so groß wie England, existiert nicht mehr. Auch Diktator Assad sitzt dank der russischen Bombenhilf­e wieder unangefoch­ten im Sattel. Entspreche­nd gering ist der Wille seines Regimes, bei den Genfer UN-Gesprächen irgendwelc­he nennenswer­ten Kompromiss­e mit der Opposition einzugehen.

Putins Gespräche in Ägypten drehten sich vor allem um den vereinbart­en Atomreakto­r in Al-Dabaa an der Mittelmeer­küste, um Russlands Investitio­nen für die neue Mega-Industriez­one entlang des Suezkanals sowie um die Rückkehr der russischen Touristen, die nach dem Willen des Kremls seit dem Terrorabst­urz eines Ferienflie­gers auf dem Weg von Sharm el-Sheikh nach St. Petersburg nicht mehr am Roten Meer Urlaub machen dürfen.

 ?? [ Reuters ] ?? Freunde unter sich: Präsident Putin besucht Syriens Machthaber Assad.
[ Reuters ] Freunde unter sich: Präsident Putin besucht Syriens Machthaber Assad.

Newspapers in German

Newspapers from Austria