Anarchie ist keine gute Basis für den Euro
Warum die Europawährung nicht für Konvergenz sorgen kann.
W enn selbst Ökonomen der Europäischen Zentralbank (EZB) den Euro kritisch sehen, dann sollte man genauer hinhören: Vor wenigen Tagen ist eine von mehreren EZB-Ökonomen verfasste Abhandlung erschienen, die der Europawährung ziemliches Versagen in Sachen angestrebter Konvergenz bescheinigt.
Eigentlich, so der Tenor, hätte die Einheitswährung dazu führen müssen, dass die Volkswirtschaften der Eurozone einander annähern. Tatsächlich sei die Kluft zwischen den Ökonomien des Nordens und jenen des Südens aber größer geworden.
Starker Tobak, wenn sich so etwas auf der offiziellen Website der EZB findet. Dass die Abhandlung im Rahmen der „Occasional Paper Series“veröffentlicht wurde, also unter dem Vorbehalt, dass sich der Inhalt nicht unbedingt mit der offiziellen Meinung der Notenbank decken muss, tut der Brisanz keinen Abbruch: Die Autoren kommen ja aus dem Innersten der EZB.
Interessant, was die EZB-Ökonomen als Hauptgrund für das Auseinanderdriften ansehen: Jene, die sich im Großen und Ganzen an die Euro-Regeln hielten, hätten hervorragend aufgeholt (etwa die baltischen Staaten und die Slowakei). Jene, die die Regeln ungeniert brechen (etwa Griechenland oder Italien), seien dramatisch zurückgefallen. Und: Je höher der Grad an Korruption, desto geringer die Konvergenz.
Die These, dass eine Gemeinschaftswährung eine halbwegs gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik benötigt, wurde also wieder einmal eindrucksvoll bestätigt. Nachdem eine Art zentrales Durchgriffsrecht auf Euroländer derzeit aber nicht denkbar ist, wird man wohl über einen alten Schäuble-Vorschlag nachdenken müssen: Jene, die sich nicht an die Regeln halten, werden den Euro eben zumindest vorübergehend verlassen müssen. Ohne verbindliche Regeln funktioniert eine Gemeinschaftswährung nun einmal nicht.