Leitartikel von Philipp Aichinger
Die FPÖ soll das Außen-, Innen- und Verteidigungsministerium bekommen. Aber ist es ein Problem, wenn ein- und dieselbe Partei diese Ressorts betreut?
D ie Verhandlungen laufen gut für die FPÖ. Sie soll das Innen-, Verteidigungs- und Außenministerium erhalten. Man darf gespannt sein, ob Sebastian Kurz zumindest noch das Kanzleramt für die ÖVP retten kann.
War es im Jahr 2000 die FPÖ, die sich von Wolfgang Schüssel billig abspeisen ließ, so sind es diesmal die Freiheitlichen, die sich darüber freuen dürfen, Kurz etliches abgerungen zu haben.
Umgehend wurde die Warnung laut, dass man so viele wichtige Ministerien nicht in die Hand einer Partei, noch dazu der FPÖ, liegen dürfe. Denn dann würden die Blauen der Polizei ebenso vorstehen wie dem Heer und zwei Geheimdiensten. Muss man also Angst haben?
Die FPÖ ist demokratisch gewählt, sie wird der nächsten Regierung angehören, also ist es ihr gutes Recht, auch wichtige Ministerien zu übernehmen. Das Außenministerium mag fürs Renommee gut sein, besonders viel anstellen kann man als Außenminister eines kleinen Landes aber traditionell nicht, weder im positiven noch im negativen Sinn.
Innen- und Verteidigungsministerium sind da schon heikler. Wäre es aber eine Katastrophe, dass sich eine Partei in einer Koalitionsregierung gleichzeitig um Innen- und Verteidigungsministerium kümmert, wäre diese Katastrophe schon in den Jahren 2003 bis 2007 eingetreten. Damals waren es ÖVP-Minister, die den beiden Ressorts vorstanden. Und für kurze Zeit war sogar alles in einer Hand: Verteidigungsminister Günther Platter machte elf Tage lang den Innenminister gleich mit, während die Volkspartei nach dem Rücktritt von Ernst Strasser im Jahr 2004 einen Nachfolger suchte.
Die Angst davor, dass Soldaten und Polizisten in einer Hand zu Machtmissbrauch führen kann, geht auf 1934 zurück. Damals schoss die Exekutive mit dem Heer auf Arbeiter. Auch wenn man aus der Geschichte lernen muss, kann man die damalige christlich-soziale Diktatur aber nicht mit Österreichs Demokratie 2017 vergleichen. So war es auch in der SPÖ-Alleinregierung unter Bruno Kreisky in der Zweiten Republik natürlich kein Problem, dass Innen- und Verteidigungsministerium in der Hand einer Partei waren.
Und doch bleibt einiges an Unbehagen, wenn ein- und dieselbe Partei so wichtige Ministerien innehat. Und FPÖVertreter auf diesem Weg für die Nachrichtendienste im Innenministerium (Verfassungsschutz) und im Verteidigungsministerium (Heeres-Nachrichtenamt, Abwehramt) zuständig werden.
Nun gibt es im Parlament zwar zwei Unterausschüsse, die die Geheimdienste kontrollieren. Doch von sich aus erzählen Minister ungern alles. Und um als Abgeordneter die richtigen Fragen in diesen Ausschüssen zu stellen, brauchte man das Hintergrundwissen, das der Minister hat. Eine Lösung wäre es, Abgeordneten weitere Rechte einzuräumen. Etwa, dass sie jederzeit das Recht haben, in die Kommandozentrale der Geheimdienste zu kommen, um zu sehen, was da passiert. Dieses Recht sollte freilich nur jenen Mandataren zustehen, die im Unterausschuss sitzen und zu strengster Verschwiegenheit verpflichtet sind.
Ein Problem ist zudem die von der Politik schon länger in Kauf genommene Vermischung von Polizei- und Heeresaufgaben. Schon beim Assistenzeinsatz des Heeres im Burgenland, der zuletzt als Schutz der Bevölkerung vor Einbrüchen verkauft wurde, verschwanden die Grenzen. Für die Einbruchsprävention ist die Polizei zuständig. Und das Bundesheer, auch das kann man in Österreich schon einmal vergessen, ist nicht zum Stampfen des Schnees vor dem Kitzbühelrennen da, sondern zur Landesverteidigung. Wichtiger
als die Frage, welcher Partei ein Minister untersteht, ist im Ergebnis die Frage, wie geeignet die konkrete Person für das Ministeramt ist. Und ob diese Person versteht, dass ein Ministerium gar nicht ihr oder ihrer Partei gehört, sondern der Republik. Aber diesbezüglich soll es ja auch schon bei Ministern, die nicht der freiheitlichen Gesinnungsgemeinschaft angehören, Verständnisprobleme gegeben haben.
Und das in der Praxis wichtigste Ressort ist in einer Regierung am Ende doch das Finanzressort. Das wird die ÖVP – wie es aussieht– aber nicht hergeben.