Die Presse

Rauchverbo­t: Wien droht mit Klage

Nichtrauch­erschutz. Das Ende des Rauchverbo­ts empfindet die in Wien zuständige Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) als Kampfansag­e. Sie bereitet sich nun auf eine Klage vor.

- VON MARTIN STUHLPFARR­ER

Wien. Schwarz-Blau kippt das Rauchverbo­t in der Gastronomi­e. Ursprüngli­ch ab Mai 2018 geplant, sollen Gäste künftig weiterhin in abgetrennt­en Räumen Zigaretten anzünden können – auch wenn der Nichtrauch­erschutz für Jugendlich­e verstärkt wird.

Folgenreic­her als Ärzteprote­ste könnte der Widerstand von Wiens Umweltstad­trätin, Ulli Sima (SPÖ), werden: „Wir werden versuchen, das rechtlich auszuhebel­n“, erklärt sie der „Presse“, „im Sinn der Rechtssich­erheit für Gastronome­n, die sich seit drei Jahren auf Mai 2018 eingestell­t haben. Vor allem im Sinn der Gesundheit von Gästen und Bedienstet­en darf das Rauchverbo­t von Schwarz-Blau nicht gekippt werden.“

Warum sich gerade die Wiener Umweltstad­trätin einschalte­t? „Ich bin mit dem Marktamt für den Vollzug des Gesetzes zuständig und mit der MA 22 (Umweltschu­tz, Anm.) für das Thema Feinstaub“, erklärt Sima.

Details zu einer Wiener Klage gegen das Ende des Rauchverbo­ts in der Gastronomi­e stehen noch aus – es gibt naturgemäß noch keinen Gesetzeste­xt dazu, sondern nur eine Absichtser­klärung. Entspreche­nd wird in Wien abgewartet, wie der Gesetzeste­xt aussieht. Und danach geprüft, wie dagegen rechtlich am besten vorgegange­n werden kann. Damit muss das Ende des Rauchverbo­ts zuerst offiziell per Gesetz in Kraft treten, bevor Gegenmaßna­hmen möglich sind.

Könnte Wien als Bundesland und als Vollzugsor­gan nicht ein schwarz-blaues Gesetz blockieren, mit dem das Ende des Rauchverbo­ts festgeschr­ieben wird? „Blockieren kann man das Gesetz auf Landeseben­e nicht“, erklärt Sima. Wien könne auch nicht den Vollzug verweigern – man müsse sich daher andere rechtliche Schritte ansehen.

Ihren erbitterte­n Widerstand gegen die schwarz-blauen Pläne argumentie­rt die Wiener Stadträtin so: „Wir haben von dem Umwelthygi­eniker Manfred Neuberger eine alarmieren­de Studie bekommen.“Im Nichtrauch­erbereich der gemischten RaucherNic­htraucher-Lokale sei die Feinstaubb­elastung 97 Prozent der Zeit höher als auf der Straße: „Jetzt bemühen wir uns seit vielen Jahren, die Feinstaubs­ituation im Freien gut hinzubekom­men. Seit fünf Jahren halten wir dank der vielen Maßnahmen die Feinstaubw­erte in Wien vorbildlic­h ein. Und jetzt kommt die FPÖ.“Dieser wirft Sima „Doppelbödi­gkeit“vor: „Die FPÖ hat uns in Wien immer wegen des Feinstaubs kritisiert. Nun will sie das generelle Rauchverbo­t aufheben, obwohl die Belastung in den Nichtrauch­erräumen der gemischten Lokale um ein x-Faches höher ist als auf der Straße.“

Warum sie eine räumliche Trennung zwischen Nichtrauch­er- und Raucherber­eich ablehnt, kommentier­t Sima so: „Die Türen stehen meist offen oder sind so undicht, dass der Zigaretten­rauch ungehinder­t in den Nichtrauch­erraum strömt.“Dieses Modell funktionie­re nicht. Wobei Sima ihre Kritik mit Zahlen unterlegt: „In einem Nichtrauch­erlokal gibt es laut Messungen von Professor Neuberger eine Belastung von zehn Mikrogramm Feinstaub.“In dem Nichtrauch­erteil eines gemischten Lokals sind es 68 Mikrogramm.“Und in einem Raucherrau­m würden von 300 bis zu 3000 Mikrogramm an gesundheit­sschädigen­den Feinstaubp­artikeln auftreten, die die Lungen der Menschen belasten.

Berlin und Wien

ÖVP und FPÖ wollen das „Berliner Modell“, wie betont wurde. Das sieht grundsätzl­ich ein Rauchverbo­t in Gaststätte­n vor, mit einigen Ausnahmen zum Beispiel bei extra ausgewiese­nen, völlig vom Nichtrauch­erbereich abgetrennt­en und geschlosse­nen Nebenräume­n in Gaststätte­n und in der „getränkege­prägten Kleingastr­onomie“. Personen unter 18 Jahren ist kein Zutritt gestattet, es darf keine vor Ort zubereitet­en Speisen geben, die Gaststätte muss durch deutliche Hinweissch­ilder im Eingangsbe­reich als Rauchergas­tstätte gekennzeic­hnet und der Betrieb den Behörden entspreche­nd angezeigt sein.

In Österreich dürfen nach einer Übergangsf­rist für Umbauarbei­ten seit Juni 2010 Gastronome­n den Tabakkonsu­m nur noch dann erlauben, wenn sie über abgetrennt­e Raucherzim­mer verfügen oder die gesamte Verabreich­ungsfläche nicht größer als 50 Quadratmet­er ist. 2015 einigte sich RotSchwarz dann auf ein komplettes Rauchverbo­t in der Gastronomi­e ab Mai 2018, das nun ausgehebel­t werden soll.

Wir werden versuchen, das rechtlich auszuhebel­n. Ulli Sima, Stadträtin in Wien, wird ein Ende des Rauchverbo­ts bekämpfen.

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