Kammer zentralisiert sich in Wien
Nach ganz großer Reform sehen die Koalitionsgespräche noch nicht aus.
Die Wiener Wirtschaftskammer fasst zehn Standorte in der Stadt zu einem zusammen – und spart damit Millionen ein.
D er Lauf der Koalitionsverhandlungen deutet darauf hin, dass der jahrzehntelange Reformstillstand nun doch durch ein bisschen Bewegung abgelöst wird. Aber eben nur durch ein bisschen. Und das ist leider etwas dürftig für den Anspruch, mit dem Sebastian Kurz zur Erneuerung dieses Staates angetreten ist.
Was bisher nach außen durchgedrungen ist, lässt jedenfalls den großen Wurf vermissen: Ein paar unkonkrete Überschriften zu größeren Reformvorhaben (etwa jener der Sozialversicherungen) und viele kleine, vielfach ja durchaus sinnvolle Detaileinigungen. Einige davon sogar bemerkenswert mutig. Etwa die Flexibilisierung der Arbeitszeit, an der die Sozialpartner zuvor gescheitert waren.
Aber auch viel zu viel alte Kuhhändlermentalität. Der seltsame Abtausch Ceta-Zustimmung gegen Ablehnung des Rauchverbots, um ein Beispiel zu nennen, riecht jedenfalls ziemlich streng nach Uralt-Politik.
Vor allem aber: Wirkliche Visionen fehlen völlig. Darf man erinnern: Die großen Probleme dieses Landes sind nicht fehlende Absetzbeträge für Familien (so wichtig die für den Einzelnen sein mögen) oder fehlende Raucherkammerln in Wirtshäusern, sondern ein den Staat lähmender Föderalismus mit unklaren Kompetenzen und intransparenten Finanzströmen, eine wuchernde, wirtschaftshemmende Bürokratie, ein etwas aus den Fugen geratenes Sozialsystem, ein Bildungssystem, das, wiewohl eines der teuersten der Welt, von den Kindergärten bis zu den Unis im internationalen Vergleich blamable Positionen einnimmt, ein Steuersystem, das (abgesehen von der zu hohen Steuerlast) für die Anforderungen des digitalen Zeitalters nicht gerüstet ist. D iese Herausforderungen brauchen klar formulierte und mit Deadlines versehene Reformziele, die über die bis jetzt bekannten Detaileinigungen der Koalitionsverhandler weit hinausgehen. Viel Zeit ist dafür nicht mehr, wenn die neue Regierung schon in der nächsten Woche stehen soll. Schafft sie das nicht, dann können wir leider die nächste Reformhoffnung begraben. Mit ein bisschen Kosmetik ist dieser Staat jedenfalls nicht zu sanieren.