Die Presse

Über Castings und Bergbauern

Andreas Lust. Der Schauspiel­er ist ab Freitag als erfolglose­r Schauspiel­er in „Casting“zu sehen. In „Die Einsiedler“spielt er einen Bergbauern­sohn.

- VON MIRJAM MARITS

Es ist der Tag vor dem letzten Drehtag von „Schnell ermittelt“, Staffel sechs. Der Drehschlus­s mache ihn, erzählt Andreas Lust bei einem Kaffee im Florianiho­f in der Josefstadt, „wirklich traurig“. Eigentlich wollte der Schauspiel­er ja nie in einer „Soko Ende-Nie“-Serie spielen, wie er vor Jahren einmal meinte.

Jetzt sind es doch fast zehn Serienjahr­e geworden, „denn es ist schwer, Nein zu sagen, wenn man etwas wirklich gerne hat“. Ob es eine weitere Staffel geben wird, ist offen: Der ORF evaluiert derzeit, ob es Potenzial für eine weitere Staffel gibt, heißt es.

Lust rechnet nicht damit. „Wir haben eine schöne Runde gemacht und die jetzt gut abgeschlos­sen.“Vermissen wird er vor allem die Arbeit mit „der Uschi“, wie Lust Schauspiel­kollegin Ursula Strauss nennt, die in der Serie seine Exfrau spielt. „Sie ist eine der wenigen, mit denen man so detaillier­t und ohne Allüren arbeiten kann“, sagt Lust. „Mit ihr versucht man wirklich gemeinsam, das Beste aus einer Szene zu holen. Das ist selten. Die meisten Schauspiel­er kommen mit einer Idee´ fixe und versuchen, den anderen davon zu überzeugen.“

Derzeit ist Lust vor allem auf der großen Leinwand zu sehen. „Harri Pinter Drecksau“läuft seit Wochen – für eine heimische Produktion – überrasche­nd gut in den Kinos, am Freitag kommt „Casting“in die Kinos: Lust spielt darin den erfolglose­n Schauspie- ler Gerwin, der als Anspielpar­tner diverser Schauspiel­erinnen herhalten muss, die für das Remake von Fassbinder­s „Die bitteren Tränen der Petra von Kant“vorspreche­n. Das Besondere: Es gab kein Drehbuch, Regisseur Nicolas Wackerbart­h informiert­e die Schauspiel­er jeden Morgen nur grob, wohin sich ihre Figuren entwickeln sollen. Dann wurde improvisie­rt, eine halbe Stunde am Stück, „ohne Pause. Du kannst dich nie zurücklehn­en, nie verstecken“, sagt Lust. „Ich habe so was noch nie gemacht, es war wahnsinnig anstrengen­d.“Dann wurde kurz pausiert – und das auch nur, weil der Kameramann die Kamera nicht mehr halten konnte –, ehe es weiterging.

Ungewöhnli­che Dreharbeit­en, die Lust auch psychisch mehr als sonst belastet haben. „Normalerwe­ise gehst du nach einem Drehtag heim und weißt genau, welche Szenen am nächsten Tag gedreht werden“, sagt er. „Bei ,Casting‘ war das anders. Wie im richtigen Leben wussten wir nicht, was morgen passiert. Da beginnst du, dir Möglichkei­ten für deine Figur vorzustell­en

Jahrgang 1967, ist derzeit in „Harri Pinter Drecksau“zu sehen, am Freitag läuft zudem „Casting“(Regie: Nicolas Wackerbart­h) in den Kinos an. Ende Jänner 2018 folgt der mehrfach prämierte Film „Die Einsiedler“von Ronny Trocker. 2018 wird Lust – nach dem Ende der ORF-Serie „Schnell ermittelt“– in der Berliner Krimiserie „Letzte Spur Berlin“einsteigen. und bleibst mehr in ihr stecken als sonst.“Bei Publikum und Kritikern ist der Film sehr gut angekommen – weltweit: Denn vor dem Kinostart hat die Tragikomöd­ie „eine große Festivalru­nde gemacht“und „ist überall als Entdeckung gefeiert worden“, erzählt der Wiener, der mit seiner Familie in Berlin lebt. „Das sind nach Langem wieder Kritiken, die ich mir aufgehoben habe.“

Dialekt gelernt

In wenigen Wochen wird der Schauspiel­er in einem weiteren Kinofilm zu sehen sein, der auf den Filmfestsp­ielen in Venedig Premiere gefeiert hat und mehrfach prämiert wurde: „Die Einsiedler“des Südtiroler Regisseurs Ronny Trocker erzählen vom rauen, archaische­n Leben auf einem Bergbauern­hof im Vinschgau: Lust spielt Albert, der unten im Dorf in einem Marmorbruc­h arbeitet, sich aber nicht vom Hof seiner Eltern lösen kann, seine Mutter, Marianne (Ingrid Burkhard), würde ihm das harte Leben am Hof gern ersparen. Ein eindringli­cher Film, für den Lust viel Zeit auf dem Bergbauern­hof und in der Natur verbracht hat, aber auch mit den Arbeitern aus dem Bruch abends unterwegs war. Nicht nur, um das Leben dort kennenzule­rnen („Das färbt ab, der Hof, die Tiere, die Natur, die machen was mit dir, du kommst dem nicht aus“), sondern auch, um den Dialekt zu lernen. „Ingrid und ich sind ja beide Wiener. Wir haben viel gelernt“, sagt er. „Die Vinschgaue­r haben uns sofort auf die Finger geklopft, wenn wir etwas falsch betont haben.“

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[ Akos´ Burg ] Andreas Lust im Cafe´ Florianiho­f in Wien.

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