Wirtschaftskammer zentralisiert sich
Immobilien. Aus zehn wird eins: Wiens Wirtschaftskammer fasst alle Organisationen an einem neuen Standort zusammen. Für zwei Gebäude hat man bereits einen Käufer: die Signa Holding.
Wien. Ludwig Baumann war ein maßgeblicher Architekt Wiens. Unter seiner Leitung wurde Anfang des 20. Jahrhunderts beispielsweise das k. u. k. Kriegsministerium errichtet, in dem jetzt das Wirtschafts- und das Landwirtschaftsministerium untergebracht sind. Von ihm kam der ursprüngliche Plan für das Konzerthaus, er verantwortete das Akademietheater, und auch das Haus der Wiener Wirtschaftskammer am Stubenring hat Ludwig geplant. In dieses Haus zogen vor 110 Jahren die Mitarbeiter ein. Im kommenden Jahr werden sie es verlassen.
„Ich verwende nicht gerne das Wort radikal“, sagt Walter Ruck, Präsident der Wiener Wirtschaftskammer. „Ich spreche lieber von einer gesamthaften Lösung.“Für eine Kammer ist es aber auf jeden Fall eine bemerkenswerte: Die zehn Standorte, auf die die Kammer derzeit in Wien aufgeteilt ist (siehe Grafik), werden aufgelassen und alle Organisationen künftig an einem einzigen, neuen Standort konzentriert.
„Wir haben zwei Jahre evaluiert und elf Objekte geprüft“, erzählt Ruck. Geworden ist es der Austria Campus, der derzeit in Wiens zweitem Gemeindebezirk entsteht. Hier werden alle Einheiten der Wiener Kammer – ausgenommen die schulischen Betriebe und die Ausbildungsstätten – zusammengefasst. Die Übersiedlung soll im kommenden Jahr beginnen und im besten Fall auch bis Ende 2018 abgeschlossen sein. Das erweiterte Präsidium wird kommende Woche über das Vorhaben beraten und offiziell die endgültige Entscheidung treffen.
Sechs Millionen Einsparungen
Die Konzentration hat vor allem einen wesentlichen Effekt: „Wir werden uns sofort sechs Millionen Euro pro Jahr ersparen. Ab dem vierten Jahr werden es jährlich sogar etwa zwölf Millionen Euro sein“(das Gesamtbudget der Wiener Wirtschaftskammer beträgt etwa 120 Millionen Euro pro Jahr). Von den zehn Standorten sind drei angemietet.
Mitarbeiter sollen, obwohl man aufgrund der Konzentration Zweigleisigkeiten schafft, nicht abgebaut werden. Es werde mittelbis langfristig neue Organisationsstrukturen geben, aber: „Unser Ziel ist es, ohne Kündigungen auszukommen“, betont Ruck. Die Personaleinsparungen – aktuell hat man 950 Vollzeitäquivalentstellen – sollen über natürliche Abgänge erfolgen. Bis dahin werden die Mitarbeiter ein wenig zusammenrücken müssen: Statt der bisher 32.000 Quadratmeter Bürofläche wird man künftig nur noch 22.000 Quadratmeter haben.
Für zwei der sieben Gebäude im Besitz der Kammer hat man bereits einen Käufer gefunden: Die Signa Holding von Rene´ Benko wird das Palais Festetics (2100 Quadratmeter Fläche) in Wiens neuntem Gemeindebezirk und das Gebäude am Sallingerplatz (1030 Wien, 7800 Quadratmeter) übernehmen. Obwohl Signa Holding auch den Austria Campus errichtet, handele es sich um zwei völlig getrennte Geschäftsvorgänge: Einmal der Ankauf am Campus, andererseits der Verkauf.
Über den Verkaufspreis der beiden Häuser will Ruck keine An- gaben machen. Man habe ein Verkehrswertgutachten erstellt, man sei noch in Gesprächen. Es sei aber „ein gutes Geschäft für uns“. Was Benko mit den Häusern plant, weiß man bei der Kammer nicht. Man habe keine Nutzungsvorschriften gemacht.
„Selbstverständlicher Schritt“
Die Konzentration auf einen Standort sei unabhängig von Kammerreformen, es sei „daily business“für ein Unternehmen. „Aus der Sicht eines Firmenchefs ist das ein selbstverständlicher Schritt“, meinte Walter Ruck.
Pläne für die Nachnutzung der anderen Gebäude gibt es noch nicht. Möglicherweise werden auch sie verkauft, wenn sie nicht mehr betriebsnotwendig sind.
Eine Ausnahme freilich wird es geben. „Wir werden uns genau überlegen, wie wir das historische Stammhaus am Stubenring für die Mitglieder sinnvoll verwerten können.“Aber, meint Kammerpräsident Ruck: „Ich persönlich kann mir einen Verkauf schwer vorstellen. Der Stubenring hat eine andere emotionale Qualität.“