Die Presse

China als gemeinsame­r Gegner eint den Westen

Welthandel. EU, USA und Japan verurteile­n am Rande der WTO-Tagung in Buenos Aires in einer gemeinsame­n Erklärung die Handelspra­ktiken Chinas, ohne China dabei zu nennen. Auch die Anerkennun­g als Marktwirts­chaft bleibt verwehrt.

-

Wien. Seit dem Antritt von Donald Trump als US-Präsident ist viel Sand in das ehemals eingespiel­te Getriebe des Westens bei internatio­nalen Organisati­onen gekommen. So lehnen Trump und seine Regierungs­mitglieder multilater­ale Verträge und die dahinterst­ehenden Organisati­onen großteils ab und setzen vor allem auf bilaterale Verhandlun­gen mit anderen Ländern, in denen die USA ihre Verhandlun­gsmacht besser ausspielen können. Offensicht­lich wurde dies auch bei der aktuellen Tagung der Welthandel­sorganisat­ion WTO in der argentinis­chen Hauptstadt Buenos Aires, die noch bis heute, Mittwoch, läuft. Wie berichtet, erklärte der USHandelsb­eauftragte Robert Lighthizer schon im Vorfeld, früher wieder abzureisen, weil es ohnehin nichts zu beschließe­n gebe.

Trotz all dieser Unstimmigk­eiten gab es am Dienstag dann doch noch eine Renaissanc­e der Achse des Westens – also der etablierte­n Industrien­ationen in Amerika, Eu- ropa und Asien. Grund dafür war der gemeinsame Gegner China, dessen Handelspra­ktiken Unternehme­rn und Politikern westlicher Länder schon seit längerem sauer aufstoßen. In einer für Dienstagab­end geplanten gemeinsame­n Erklärung verurteilt­en die USA, die EU und Japan die chinesisch­en Handelspra­ktiken – ohne das Reich der Mitte dabei jedoch namentlich zu nennen.

Verpflicht­ende Technologi­e-Transfers

Wie die „Financial Times“mit Bezug auf eine Vorabversi­on der Erklärung berichtete, kritisiert­en die Industrien­ationen in ihrem Schreiben die hohen Überschuss­kapazitäte­n in wichtigen Sektoren wie der Stahl- oder Aluminiumi­ndustrie sowie die unrühmlich­e Rolle, die staatliche Förderunge­n beziehungs­weise in Staatsbesi­tz befindlich­e Unternehme­n beim Aufbau dieser Überkapazi­täten spielen. Beides Punkte, die vor allem auf China zutreffen und auch ohne die Nennung von Namen allgemein als direkte Kritik an Peking verstanden werden.

Darüber hinaus verurteilt­en die westlichen Nationen auch die Praktik Chinas, wonach ausländisc­he Unternehme­n de facto zwangsweis­e Technologi­e an ihre verpflicht­enden chinesisch­en Joint-Venture Partner übergeben müssen. So gibt es beispielsw­eise ein Gesetz, wonach die Partner ausländisc­her Autoherste­ller nachweisen müssen, auch allein Elektroaut­os herstellen zu können. Dies sei nur dann möglich, wenn man den chinesisch­en Partner in die eigenen Geheimniss­e einweihe, heißt es dazu immer wieder etwa aus der deutschen Autoindust­rie.

Ursprüngli­ch wollten die USA ihre Kritik an China ebenfalls nur auf bilaterale­m Wege kundtun, so die „FT“weiter. Allerdings konnten Japan und die EU die Amerikaner überzeugen, das Ganze doch im Rahmen der WTO zu machen. Dies, obwohl gerade US-Vertreter Lighthizer erst Anfang der Woche die WTO erneut heftig kritisiert hatte. Die Organisati­on trage nicht mehr dazu bei, dass es Verhandlun­gen über mehr freien Handel gebe, sondern verkomme lediglich zu einem Ort, an dem Handelsstr­eitigkeite­n ausgetrage­n werden, so der Handelsbea­uftragte der Regierung Trump.

Keine Marktwirts­chaft?

Doch trotz all dieser Kritik ziehen die USA auch auf einem anderen Schauplatz wieder mit Europa an einem Strang – gegen China. Und zwar bei der Frage der Anerkennun­g des Landes als Marktwirts­chaft im Sinne der WTO-Definition. Diese Anerkennun­g wurde China beim Beitritt zur Welthandel­sorganisat­ion im Jahr 2001 eigentlich für das Jahr 2016 versproche­n. Und Peking wünscht sich die Anerkennun­g auch sehr, weil es dann für andere Länder schwierige­r wäre, chinesisch­e Produkte mit Anti-Dumping Maßnahmen von ihren Märkten fernzuhalt­en. Auch wenn diese aufgrund staatliche­r Subvention­en deutliche Wettbewerb­svorteile haben.

Die EU hat inzwischen jedoch beschlosse­n, etwa aufgrund der Situation am Stahlmarkt, China weiterhin wie ein Land ohne Marktwirts­chaft zu behandeln, weshalb die Chinesen bereits eine Klage gegen die Union eingebrach­t haben. In diesem Streit stellen sich die Amerikaner nun demonstrat­iv hinter die Europäer. So erklären die USA in einem formalen Schreiben, dass sie die Position der EU unterstütz­en, wonach China nach wie vor keine Marktwirts­chaft sei. Grund dafür sind erneut die ständige Präsenz des Staates in der chinesisch­en Wirtschaft sowie die preissenke­nden Subvention­en.

Aber auch andere Schwellenl­änder bekamen in Buenos Aires von den USA ihr Fett ab. So erklärte Lighthizer auch, dass es nicht in Ordnung sei, wenn bereits zu Reichtum gekommene Staaten sich immer noch als Entwicklun­gsländer bezeichnen würden, nur damit sie innerhalb der WTO spezielle Vergünstig­ungen erhalten würden. (jaz)

Newspapers in German

Newspapers from Austria