EZB: Verluste bei Kika/Leiner-Mutter
Finanzen. Die Krise beim Kika/Leiner-Mutterkonzern, Steinhoff, trifft auch die Europäische Zentralbank. Denn die Währungshüter haben eine Anleihe des Möbelhändlers erworben.
Wien/Frankfurt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat sich mit einer Anleihe des Kika/LeinerMutterkonzerns, Steinhoff, die Finger verbrannt. Wie nun bekannt wurde, hat die EZB in der Vergangenheit eine Steinhoff-Anleihe erworben. Steinhoff steht wegen möglicher Bilanzfälschung unter Druck. Die Ratingagentur Moody’s senkte die Kreditwürdigkeit des Konzerns auf „Ramschniveau“. Ähnlich wie die Aktien verloren in der Vorwoche auch die Anleihen massiv an Wert. Mittlerweile hat sich der Kurs ein wenig erholt (siehe Grafik). Wie hoch die vorübergehenden Verluste für die EZB sind, ist nicht bekannt. Denn die EZB will sich zur Höhe des Investments nicht äußern.
Faktum ist jedoch, dass die betroffene Steinhoff-Anleihe bis ins Jahr 2025 läuft und ein Volumen von 800 Millionen Euro hat. Die EZB darf maximal 70 Prozent eines solchen Wertpapiers kaufen. Die Währungshüter stehen nun vor keiner einfachen Entscheidung: Falls sie die Anleihe jetzt verkaufen, realisieren sie Verluste. Doch keiner weiß, wie es mit dem Möbelhändler weitergeht.
Für 19. Dezember hat der Konzern ein Krisentreffen mit wichtigen Gläubigern einberufen. Wie aus dem jüngsten Halbjahresbericht hervorgeht, hat das Unternehmen langfristige Verbindlichkeiten von 12,1 Milliarden Euro. Hinzu kommen noch kurzfristige Schulden von 5,9 Milliarden Euro.
Steinhoff ist nach Ikea der zweitgrößte Möbelhändler weltweit. Vor Kurzem hat das Unternehmen die Veröffentlichung des Geschäftsberichtes verschoben.
Die Causa Steinhoff zeigt, welche Risken die EZB mit ihrem umstrittenen Anleihenprogramm eingegangen ist. Bei möglichen Verlusten wäre indirekt auch der österreichische Steuerzahler betroffen. Denn allfällige Verluste aus dem Ankauf von Unternehmensanleihen werden nach dem EZBKapitalschlüssel aufgeteilt. Den größten Brocken müsste demnach die Deutsche Bundesbank mit knapp 26 Prozent tragen. Das Risiko der Oesterreichischen Nationalbank ist mit 2,8 Prozent wesentlich kleiner. Die Steinhoff-Anleihe wurde im Rahmen des EZB-Programms übrigens von der finnischen Notenbank erworben.
Risiko mit Firmenanleihen
Doch warum kaufen die Währungshüter überhaupt solche Wertpapiere? Dies hängt mit der Finanz- und Wirtschaftskrise zusammen. Um die Konjunktur anzukurbeln, kaufte die EZB zunächst im großen Stil Staatsanleihen auf. Danach wurde das Programm auf andere Schuldpapiere wie Firmenanleihen ausgedehnt. Die Summen, um die es hier geht, sind gigantisch. Das Programm ist auf 2,55 Billionen Euro angelegt und soll noch mindestens bis Ende September 2018 laufen. Das meiste Geld floss in Staatsanleihen. Doch mittlerweile ist die EZB auch mit 128 Milliarden Euro in Firmenanleihen investiert.
Bei Staatsanleihen ist das Risiko begrenzt. Denn Staaten im Euroraum werden nicht in die Pleite geschickt, sondern von der Gemeinschaft aufgefangen. Völlig anders sieht die Lage bei Firmenanleihen auf. Die Währungshüter dürfen zwar nur Schuldtitel mit dem Gütesiegel „Investment Grade“(gute Bonität) erwerben. Doch die Vorgänge bei Steinhoff zeigen, dass eine Firma das Gütesiegel auch verlieren kann.
Eine Aufstellung der EZB vom Oktober 2017 zeigt, dass bislang vor allem Anleihen von Konzernen aus Frankreich und Deutschland erworben wurden. Damals entfie-
unter Druck geratene Kika/Leiner-Mutterkonzern, Steinhoff, könnte durch Anteilsverkäufe seine Liquidität a\sichern. Wie die Finanzagentur Reuters am Dienstag \erichtete, prüft Steinhoff die Veräußerung von Aktienpaketen der Investmentfirma PSG Group und des Logistikunternehmens KAP Industrial. Die Anteile sind an der Börse knapp 1,4 Milliarden Euro wert. len 29 Prozent aller gekauften Unternehmensanleihen auf Frankreich. Auf Platz zwei im Länderranking lag Deutschland mit 25 Prozent, dahinter folgten Firmen aus Italien, Spanien und den Niederlanden. Der „Presse“liegt eine Liste mit den entsprechenden Anleihen vor. Dazu zählen Schuldtitel bekannter DAX-Firmen wie Daimler, Siemens und E.On.
Doch auch die Namen von großen österreichischen Firmen befinden sich auf der Liste. So hat die EZB Anleihen des Glücksspielkonzerns Novomatic, des Baukonzerns Strabag, des Öl- und Gaskonzerns OMV, der EVN, der Kelag, der Energie AG Oberösterreich, des Verbunds und der Telekom Finanzmanagement Gesellschaft erworben.
Der Ankauf von Staats- und Unternehmensanleihen durch die EZB sorgt für Kritik. Erst in der Vorwoche bezeichnete der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, David Folkerts-Landau, die Situation als „die größte Anleihenblase in der Geschichte der Menschheit“.