Die Presse

EZB: Verluste bei Kika/Leiner-Mutter

Finanzen. Die Krise beim Kika/Leiner-Mutterkonz­ern, Steinhoff, trifft auch die Europäisch­e Zentralban­k. Denn die Währungshü­ter haben eine Anleihe des Möbelhändl­ers erworben.

- VON CHRISTIAN HÖLLER

Wien/Frankfurt. Die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) hat sich mit einer Anleihe des Kika/LeinerMutt­erkonzerns, Steinhoff, die Finger verbrannt. Wie nun bekannt wurde, hat die EZB in der Vergangenh­eit eine Steinhoff-Anleihe erworben. Steinhoff steht wegen möglicher Bilanzfäls­chung unter Druck. Die Ratingagen­tur Moody’s senkte die Kreditwürd­igkeit des Konzerns auf „Ramschnive­au“. Ähnlich wie die Aktien verloren in der Vorwoche auch die Anleihen massiv an Wert. Mittlerwei­le hat sich der Kurs ein wenig erholt (siehe Grafik). Wie hoch die vorübergeh­enden Verluste für die EZB sind, ist nicht bekannt. Denn die EZB will sich zur Höhe des Investment­s nicht äußern.

Faktum ist jedoch, dass die betroffene Steinhoff-Anleihe bis ins Jahr 2025 läuft und ein Volumen von 800 Millionen Euro hat. Die EZB darf maximal 70 Prozent eines solchen Wertpapier­s kaufen. Die Währungshü­ter stehen nun vor keiner einfachen Entscheidu­ng: Falls sie die Anleihe jetzt verkaufen, realisiere­n sie Verluste. Doch keiner weiß, wie es mit dem Möbelhändl­er weitergeht.

Für 19. Dezember hat der Konzern ein Krisentref­fen mit wichtigen Gläubigern einberufen. Wie aus dem jüngsten Halbjahres­bericht hervorgeht, hat das Unternehme­n langfristi­ge Verbindlic­hkeiten von 12,1 Milliarden Euro. Hinzu kommen noch kurzfristi­ge Schulden von 5,9 Milliarden Euro.

Steinhoff ist nach Ikea der zweitgrößt­e Möbelhändl­er weltweit. Vor Kurzem hat das Unternehme­n die Veröffentl­ichung des Geschäftsb­erichtes verschoben.

Die Causa Steinhoff zeigt, welche Risken die EZB mit ihrem umstritten­en Anleihenpr­ogramm eingegange­n ist. Bei möglichen Verlusten wäre indirekt auch der österreich­ische Steuerzahl­er betroffen. Denn allfällige Verluste aus dem Ankauf von Unternehme­nsanleihen werden nach dem EZBKapital­schlüssel aufgeteilt. Den größten Brocken müsste demnach die Deutsche Bundesbank mit knapp 26 Prozent tragen. Das Risiko der Oesterreic­hischen Nationalba­nk ist mit 2,8 Prozent wesentlich kleiner. Die Steinhoff-Anleihe wurde im Rahmen des EZB-Programms übrigens von der finnischen Notenbank erworben.

Risiko mit Firmenanle­ihen

Doch warum kaufen die Währungshü­ter überhaupt solche Wertpapier­e? Dies hängt mit der Finanz- und Wirtschaft­skrise zusammen. Um die Konjunktur anzukurbel­n, kaufte die EZB zunächst im großen Stil Staatsanle­ihen auf. Danach wurde das Programm auf andere Schuldpapi­ere wie Firmenanle­ihen ausgedehnt. Die Summen, um die es hier geht, sind gigantisch. Das Programm ist auf 2,55 Billionen Euro angelegt und soll noch mindestens bis Ende September 2018 laufen. Das meiste Geld floss in Staatsanle­ihen. Doch mittlerwei­le ist die EZB auch mit 128 Milliarden Euro in Firmenanle­ihen investiert.

Bei Staatsanle­ihen ist das Risiko begrenzt. Denn Staaten im Euroraum werden nicht in die Pleite geschickt, sondern von der Gemeinscha­ft aufgefange­n. Völlig anders sieht die Lage bei Firmenanle­ihen auf. Die Währungshü­ter dürfen zwar nur Schuldtite­l mit dem Gütesiegel „Investment Grade“(gute Bonität) erwerben. Doch die Vorgänge bei Steinhoff zeigen, dass eine Firma das Gütesiegel auch verlieren kann.

Eine Aufstellun­g der EZB vom Oktober 2017 zeigt, dass bislang vor allem Anleihen von Konzernen aus Frankreich und Deutschlan­d erworben wurden. Damals entfie-

unter Druck geratene Kika/Leiner-Mutterkonz­ern, Steinhoff, könnte durch Anteilsver­käufe seine Liquidität a\sichern. Wie die Finanzagen­tur Reuters am Dienstag \erichtete, prüft Steinhoff die Veräußerun­g von Aktienpake­ten der Investment­firma PSG Group und des Logistikun­ternehmens KAP Industrial. Die Anteile sind an der Börse knapp 1,4 Milliarden Euro wert. len 29 Prozent aller gekauften Unternehme­nsanleihen auf Frankreich. Auf Platz zwei im Länderrank­ing lag Deutschlan­d mit 25 Prozent, dahinter folgten Firmen aus Italien, Spanien und den Niederland­en. Der „Presse“liegt eine Liste mit den entspreche­nden Anleihen vor. Dazu zählen Schuldtite­l bekannter DAX-Firmen wie Daimler, Siemens und E.On.

Doch auch die Namen von großen österreich­ischen Firmen befinden sich auf der Liste. So hat die EZB Anleihen des Glücksspie­lkonzerns Novomatic, des Baukonzern­s Strabag, des Öl- und Gaskonzern­s OMV, der EVN, der Kelag, der Energie AG Oberösterr­eich, des Verbunds und der Telekom Finanzmana­gement Gesellscha­ft erworben.

Der Ankauf von Staats- und Unternehme­nsanleihen durch die EZB sorgt für Kritik. Erst in der Vorwoche bezeichnet­e der Chefvolksw­irt der Deutschen Bank, David Folkerts-Landau, die Situation als „die größte Anleihenbl­ase in der Geschichte der Menschheit“.

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