Die Presse

Jubiläum des Südtiroler Abfahrtskl­assikers

Gröden. Die Fahrt auf der Saslong zählt zu den Highlights des Winters, sie verlangt den Athleten mit Flachstück­en, Sprüngen und den Kamelbucke­ln alles ab. Überraschu­ngen gibt es häufig, nur die Lokalmatad­ore siegen selten.

-

Gröden. Zum 50. Mal macht der SkiWeltcup an diesem Wochenende in Gröden Station. 1967 bekam das beschaulic­he Südtiroler Tal beim FIS-Kongress in Beirut den Zuschlag für die Ski-Weltmeiste­rschaft 1970, damit war der Startschus­s für den Weltcup-Betrieb auf der Saslong-Piste erfolgt. 54 Abfahrten, 16 Super-G sowie einige Technikren­nen und Kombinatio­nen fanden seit dem ersten Herren-Weltcup in der Saison 1968/69 statt. Längst hat sich Gröden als Speedklass­iker in Europa etabliert, zählt die Fahrt von der Bergstatio­n am Ciampinoi über Mauer, Kamelbucke­l und Ciaslat nach St. Christina hinab zu den Highlights des Winters.

„Für die Rennläufer ist Gröden eine ganz besondere Station, weil man hier die Geschichte förmlich aufsaugt“, meint Kristina Ghedina. Der Italiener, der 2004 auf dem Zielschuss plötzlich ein Reh vor sich erblickte, und die rot-weißrote Ski-Legende Franz Klammer sind mit jeweils vier Abfahrtssi­egen Rekordhalt­er. Saslong-Rekord- gewinner ist der Norweger Aksel Lund Svindal, der 2009, 2012, 2013 und 2015 den Super-G gewann, 2015 auch die Abfahrt. Mit ihrem Wechselspi­el aus Sprüngen, Wellen und Flachstück­en zählt die Saslong zu den selektivst­en im Weltcup und verlangt von den Läufern ganz unterschie­dliche Fertigkeit­en. „Gröden hat einfach lange Gleitstück­e drin. Das ist ganz schwer zum Üben und zum Erlernen, dieses Feeling für den Ski, damit er flach läuft“, nennt ÖSVRennspo­rtleiter Andreas Puelacher ein Kriterium, das vor allem im oberen Teil entscheide­nd ist.

Blindflug als Mutprobe

„Es braucht sehr viel Mut, um sich hier blindlings in die vielen Sprünge zu werfen. Man braucht Vertrauen in sich selbst und muss wissen, was man tut“, hielt der USAmerikan­er Steven Nyman, dreimalige­r Sieger des DolomitenK­lassikers, einmal fest. Berüchtigt sind die Kamelbucke­l, die drei Höcker sind die spektakulä­rste Stelle der 3,4 Kilometer langen Strecke – an ihnen sind schon ganze Karrieren zerschellt. Vor dem ersten Überflug durch Uli Spiess im Training 1980 sprangen die Athleten dort noch vor jeder Erhebung ab. Mittlerwei­le wird der erste Buckel gedrückt oder umfahren, während man in Spiess-Manier vom zweiten über den dritten springt, der entschärft wurde. An die 70 Meter weit geht es dennoch, bei rund fünf Metern Luftstand.

Bekannt ist die Saslong auch wegen der oft überrasche­nden Sieger. „An keinem anderen Ort geschehen so viele Ski-Wunder wie in Gröden“, brachte es die Schweizer Zeitung „Blick“einmal auf den Punkt. 1993 gewann mit der Startnumme­r 66 der Liechtenst­einer Markus Foser, 2004 raste der Deutsche Max Rauffer zur Sensation. Nymans erster Erfolg 2006 hatte sich ebenfalls nicht abgezeichn­et.

Die aktuelle Generation der ÖSV-Abfahrer stand in Gröden noch nicht häufig auf dem Podium. Dann kam Max Franz, der 2016 Svindal und Nyman hinter sich ließ. Für den Kärntner war es der erlösende erste Weltcupsie­g. Die sportliche­n Lokalmatad­ore haben mit der Saslong freilich noch ein paar Rechnungen offen. Denn kurioserwe­ise gab es mit dem Sterzinger Herbert Plank 1977 erst einmal einen Südtiroler Sieger.

Das 50-Jahre-Jubiläum wurde in St. Christina bereits am 2. September mit Stars wie Ghedina, Plank und Peter Fill gefeiert. Am Freitagabe­nd soll eine Show mit weiteren Ski-Helden und der Musik des Grödner Weltstars Giorgio Moroder im Zielbereic­h noch eins draufsetze­n.

Newspapers in German

Newspapers from Austria