Drama um ein Spenderherz
Film. Das französisch-belgische Organspender-Melodram „Die Lebenden reparieren“ist pathosfreudig – und medizinisch ziemlich ausführlich.
Bis vor 60 Jahren galt ein Mensch als tot, sobald sein Herz zu schlagen aufgehört hatte. Dann wurden immer mehr Menschen durch Wiederbelebungsmaßnahmen ins Leben zurückgeholt – fortan markierte nicht mehr der Herzstillstand das Ende, sondern die Zerstörung lebenswichtiger Gehirnzellen. Maschinen wurden entwickelt, die das Leben von Patienten darüber hinaus aufrechterhielten – was sie zu perfekten Organspendern für die Transplantationsmedizin machte. Obwohl „Die Lebenden reparieren“kein Historienfilm ist, der diese Entwicklung nachzeichnet, wäre er ohne sie nicht denkbar. Das Herz bewahrt trotzdem seinen Status als kulturgeschichtlich aufgeladenes Symbol für Liebe, Einfühlsamkeit und Zusammenhalt.
Simon, ein freundlich wirkender Maturant, fährt frühmorgens zum Surfen an den Strand. Die gewaltigen Wellen hypnotisieren ihn so sehr, dass er sie auf der Rückfahrt als Halluzination wiedersieht – ein AutofahrerTagtraum, der ihm das Leben kostet. Seine Eltern sind traumatisiert – und zugleich verwundert, dass der maschinell belebte Körper ihres Sohnes weitgehend unversehrt ausschaut. Nicht nur dieser widersinnige Anblick, auch die belastenden Fragen, mit denen sie plötzlich konfrontiert sind, sind das direkte Resultat der jüngeren Medizingeschichte: Wollen sie ihn in diesem Zustand belassen oder den Stecker ziehen lassen? Seine Organe zur Spende freigeben oder nicht? In einem parallel erzählten Plot leidet Claire, eine zweifache Mutter, unter einem schwächer werdenden Herz. Sie hofft auf ein Spenderorgan . . . Selten war ein Todes-Melodram so ausführlich in der Beschreibung medizinischer Fakten und gleichzeitig so pathosfreudig. „Das Herz“, meinte einmal Woody Allen, „ist ein furchtbar eigensinniger kleiner Muskel“. Er hatte so Recht. (m.t.)