Staatsholding: Neuverteilung der Macht
Beteiligung. Schwarz-Blau fettet die Staatsholding Öbib um den Verbund und die BIG auf. Die Zuständigkeit dafür wandert ins schwarze Wirtschaftsministerium. Die FPÖ sichert sich den Zugriff auf ÖBB, Asfinag und Co.
Wien. Im Nebel der Raucherdebatte haben die türkis-blauen Verhandler nahezu unbemerkt die Weichen für die gut hundert milliardenschweren Staatsbetriebe neu gestellt. Größte Neuerung: Die Beteiligungsholding Öbib (früher ÖIAG), über die die Republik ihre Anteile an Kalibern wie der OMV, Post, Telekom oder Casinos hält, wird restrukturiert – und danach aufgewertet. Nach Informationen der „Presse“sollen sowohl der halbstaatliche Stromkonzern Verbund als auch die Bundesimmobiliengesellschaft BIG künftig unter dem Dach der neuen Staatsholding Platz finden. Die politische Verantwortung über diese „marktnahen“Staatsbetriebe soll in ÖVP-Hand bleiben, allerdings vom Finanzministerium ins Wirtschaftsministerium wandern (so die beiden Ministerien nicht ohnedies zu einem Superwirtschaftsministerium fusioniert werden).
Für die Volkspartei ist diese Lösung dennoch nur ein Teilerfolg. Denn ursprünglich hatten die Verhandler einen wirklich großen Wurf angepeilt, wonach ausnahmslos alle Staatsbetriebe in einer gemeinsamen Holding hätten gebündelt werden sollen. Doch dafür war der Widerstand der Freiheitlichen zu groß. Dem Vernehmen nach fürchteten sie, den Einfluss des vermutlich blauen Infrastrukturministers auf die ÖBB und die Autobahngesellschaft Asfinag zu verlieren. Auch der Vorschlag, diese Staatsbeteiligungen wenigstens in eine eigene Infrastrukturholding auszulagern, wurde mit dem Verweis auf „unnötige Doppelstrukturen“abgeschmettert. Damit ändert sich für die staatlichen Infrastrukturbetriebe vorerst nichts. Sie bleiben direkt dem Infrastrukturminister unterstellt. Lediglich die Farbe ihres Ministers wechselt von Rot auf Blau.
Drei Milliarden im Budget versickert
Ganz anders die Lage bei den Staatskonzernen, die bisher von der Öbib verwaltet werden. Sie sollen eine komplett neue Struktur erhalten, die ihnen wieder mehr Freiheit vor politischem Einfluss geben soll, heißt es aus Verhandlerkreisen. Erster Schritt ist die Auflösung der missglückten GmbH-Konstruktion der Öbib und die Rückkehr zu einer echten Aktiengesellschaft. Derzeit ist die Republik nämlich in einer höchst unkomfortablen Situation. Der Staat hat zwar viele Milliarden in „seine“Unternehmen investiert, kann aber nicht mit Sicherheit sagen, ob er über das, was dort passiert, auch ausreichend informiert ist. Als reine Verwaltungseinheit hat die Staatsholding Öbib nämlich kein Recht, selbst Vertreter in die Aufsichtsräte der einzelnen Unternehmen zu entsenden.
Auch der geplante Wechsel der Zuständigkeit vom Finanz- zum Wirtschaftsministerium hat einen gewissen Charme. Denn bei aller Liebe für die Staatsfirmen muss jeder Finanzminister vor allem ein Ziel im Auge behalten: sein Budget. Das führte in der Vergangenheit dazu, dass viele Staatsbeteiligungen mit überzogenen Dividendenforderungen regelrecht ausgeblutet wurden, kritisierte der Rechnungshof zuletzt im Frühjahr. Seit 2003 haben die Öbib-Unternehmen in Summe drei Milliarden Euro an Dividenden an den Staat ausgeschüttet. Sie sind im Budget versickert.
Ein Wirtschaftsminister – oder wahrscheinlicher eine Wirtschaftsministerin Bettina Glatz-Kremsner (ÖVP) – könnte sich den Spagat zwischen Budget und Unternehmenswohl hingegen sparen und die gute halbe Milliarde an Dividenden im Jahr sinnvoll investieren. Geplant ist hier eine Art „Österreich-Fonds“, der die Rendite der Staatsbetriebe in den Standort Österreich reinvestieren und Anteile an strategisch wichtigen heimischen Unternehmen kaufen könnte. Für die beiden Neuzugänge Verbund und BIG ändert sich auf politischer Ebene wenig. Sie ressortierten schon jetzt zum Wirtschaftsministerium.
Offen ist die Frage, wie schnell der geplante Umbau der Staatsholding über die Bühne gehen kann. Soll die Struktur bis zu den nächsten Hauptversammlungen im Mai stehen, muss das entsprechende Gesetz noch im Jänner verabschiedet werden.
Bleibt Harald Mahrer im Spiel?
Dass sich das nicht ausgehen wird, weiß auch die Regierung. Stattdessen wird die alte Öbib wohl noch ein paar Monate am Leben erhalten. Das heißt auch, dass Schwarz-Blau neue Kandidaten für das politisch beschickte Nominierungskomitee suchen muss. Derzeit sitzen dort zwei Wirtschaftsexperten sowie Thomas Drozda (SPÖ) und Harald Mahrer (ÖVP) als Vertreter der alten Koalition. Beide werden der nächsten Regierung nicht angehören. Drozda wird gehen müssen. Mahrer, der designierte WirtschaftsbundChef und demnach logischer Nachfolger von Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl, könnte dem Gremium hingegen erhalten bleiben.