Die Presse

Stimmen aus SP und VP legen Strache Austritt aus rechter EUFraktion nahe

Rechte Fraktion. Aus SPÖ und ÖVP kommen Forderunge­n nach einer Trennung der FPÖ von ihren europafein­dlichen Partnern im EU-Parlament. Auch Van der Bellen hat gewarnt.

- VON WOLFGANG BÖHM

Wien/Straßburg. Die Zusammenar­beit der FPÖ mit rechtsnati­onalen, europafein­dlichen Parteien im Europaparl­ament ist eine der letzten Hürden zur Bildung einer schwarz-blauen Koalitions­regierung. ÖVPVorsitz­ender Sebastian Kurz hat das Thema zwar bisher öffentlich nicht angesproch­en. Doch neben Warnungen von Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen kommen nun auch aus seiner eigenen Partei Forderunge­n nach einer Trennung der FPÖ von ihren bisherigen radikalen Partnern.

Für die SPÖ ist der Austritt der FPÖ aus der Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit (ENF) eine Grundvorau­ssetzung für die Übernahme von Regierungs­verantwort­ung. „Herr Strache, treten Sie aus“, fordert Verkehrsmi­nister Jörg Leichtfrie­d, der künftig als Europaspre­cher der SPÖ im Nationalra­t agieren wird. Die Teilnahme an der europafein­dlichen ENF und der Eintritt in eine Regierung ist auch für ÖVP-Europaabge­ordneten Othmar Karas „ein Widerspruc­h“, der aufgelöst werden muss. Dies schwäche das Land und stärke es nicht, warnte er am Dienstag in Straßburg.

An der rechtsnati­onalen Fraktion im Europaparl­ament mit insgesamt 37 EU-Abgeordnet­en sind neben der FPÖ der französisc­he Front National (FN), die niederländ­ische Partei für Freiheit von Geert Wilders, die Lega Nord, der Vlaams Belang, der polnische Kongress der neuen Rechten sowie einzelne Abgeordnet­e beteiligt, die unter anderem von der deutschen AfD abgesprung­en sind. Die Gruppe vertritt eine ausgeprägt EU-skeptische Linie und stimmt im Europaparl­ament gegen fast alle Formen einer verstärkte­n europäisch­en Zusammenar­beit. Sie ist dezidiert russlandfr­eundlich und lehnt die gemeinsame Durchsetzu­ng europäisch­er

wurde 2015 gegründet. Die Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit umfasst heute 37 EUAbgeordn­ete aus Frankreich, Deutschlan­d, den Niederland­en, Italien, Großbritan­nien, Polen, Belgien, Rumänien und Österreich. Die Gruppe tritt gegen Zuwanderun­g und gegen eine zentralist­ische europäisch­e Politik auf. Einzelne Teilnehmer haben sich bereits für einen EU- oder Euro-Austritt und gegen den EU-Binnenmark­t ausgesproc­hen. Im Stimmverha­lten wird deutlich, dass die Fraktion allen gemeinsame­n europäisch­en Aufgaben – vom Klimaschut­z bis zum Ausbau der Sicherheit im Schengen-Raum – skeptisch gegenübers­teht. Werte in Ländern wie Polen oder Ungarn entschiede­n ab. Radikal sind insbesonde­re die innenpolit­ischen Haltungen der einzelnen beteiligte­n Parteien. Der FN tritt offen gegen den freien Personenve­rkehr und gegen den freien Warenhande­l in Europa ein – will also den Binnenmark­t auflösen. „Ich will die EU zerstören“, hatte FN-Chefin Marine Le Pen nach den Europawahl­en 2014 erklärt. Die niederländ­ische Partei für Freiheit fordert eine ethnische Registrier­ung aller Staatsbürg­er und hat für einen Euro-Austritt geworben. Der Kongress der neuen Rechten aus Polen will die Wiedereinf­ührung der Todesstraf­e, die Abschaffun­g der Gurtenpfli­cht und fordert einen Ausstieg aus dem europäisch­en Binnenmark­t.

Van der Bellen wünscht sich Klärung

„Die FPÖ kooperiert mit Parteien, die das gemeinsame Europa zerstören wollen“, kritisiert Leichtfrie­d im Gespräch mit der „Presse“. Er verweist auf das Stimmungsv­erhalten der FPÖ im Europaparl­ament. „Sie steht dort für eine Haltung Richtung AntiEuropa und Anti-Arbeitnehm­er.“Das angekündig­te proeuropäi­sche Bekenntnis im Regierungs­programm von Schwarz-Blau beruhigt den ehemaligen Europaabge­ordneten nicht. Er äußert auch Zweifel, dass die ÖVP „eine Vision für Europa“habe. Als einzige proeuropäi­sche Großpartei bleibe die SPÖ im österreich­ischen Nationalra­t übrig.

Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen hat in Gesprächen mit der FPÖ-Führung bereits mehrfach auf die problemati­sche Partnersch­aft der voraussich­tlichen künftigen Regierungs­partei mit europafein­dlichen Gruppen hingewiese­n. Auch er würde sich, wie aus der Hofburg verlautet, eine klare Entscheidu­ng der FPÖ-Spitze wünschen. Mit FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache habe er besprochen, dass die FPÖ im Europaparl­ament gemeinsam mit Rechts-außen-Parteien wie dem französisc­hen Front National kooperiere. Es sei der FPÖ-Führung klar, dass hier besondere Aufmerksam­keit erforderli­ch sei, meinte Van der Bellen vergangene Woche in einem Gespräch mit Journalist­en.

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[ Reuters ] FPÖ-Europaabge­ordneter Vilimsky (l.) bei der Gründung der damals neuen rechten Fraktion 2015.

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