Die Presse

Die Trump-Revolution stößt an ihre Grenzen

Die Schlappe der Republikan­er bei der Senatswahl in Alabama verheißt einen Auftrieb für die Demokraten – und einen „Bürgerkrie­g“in der Grand Old Party.

- E-Mails an: thomas.vieregge@diepresse.com

N ach der Weihnachts­feier im Weißen Haus gab sich Donald Trump ungewohnt kleinlaut. An der Schlappe der Republikan­er in Alabama mochte der Präsident vorerst nicht rütteln. „Ein Sieg ist ein Sieg“, kommentier­te er den überrasche­nden Sieg des Demokraten Doug Jones bei der Senatswahl im tiefen Süden der USA, einer Hochburg der Republikan­er, dem „rotesten der roten“Bundesstaa­ten. Anderntags zeigte sich Trump als gewohnt schlechter Verlierer und war um Schadensbe­grenzung bemüht.

Es ist tatsächlic­h mehr eine Niederlage der Republikan­er als ein Sieg der Demokraten. Der Außenseite­r Jones wusste nicht so recht, wie ihm geschah, als er an seinem 25. Hochzeitst­ag – der zugleich den letzten demokratis­chen Triumph in Alabama markiert –, unter den Klängen der inoffiziel­len Landeshymn­e, Lynyrd Skynyrds „Sweet Home Alabama“, seinen Wahlsieg feierte. Denn die Partei des Präsidente­n hat sich selbst um ihren Erfolg gebracht. Erst zog sie in der Vorwahl den Hardliner Roy Moore, einen erzkonserv­ativen Richter, dem Favoriten des Parteiesta­blishments, Luther Strange, vor. Stephen Bannon, Ex-Chefstrate­ge Trumps und Wahlkampf-Mastermind, hatte seinen Kandidaten durchgebox­t. Als Missbrauch­svorwürfe gegen Moore auftauchte­n, schlug sich Trump mit aller Macht auf dessen Seite.

Die Nachwahl in Alabama polarisier­te das republikan­ische Lager und gab einen Vorgeschma­ck auf die Grabenkämp­fe. Senatsführ­er Mitch McConnell und andere drängten Moore zum Rückzug. Richard Shelby, der langjährig­e republikan­ische Senator aus Alabama, rief sogar dazu auf, seinen Parteifreu­nd nicht zu wählen. Umso eifriger zogen indessen Trump und Bannon für den Ultrarecht­en in die Schlacht, einen Verfechter des Waffenrech­ts und radikalen Abtreibung­sgegner, der sich in der Pose des Cowboys hoch zu Ross und mit Revolver gefiel.

Die Wahl in Alabama hat Signalchar­akter. Sie wirft einen Schlagscha­tten auf die Kongresswa­hl im November 2018. Womöglich werden die Amerikaner dann ohnehin längst die Nase voll haben von den Umtrieben des Twitter-Königs im Weißen Haus und seiner irrlichter­nden Politik. Bis dahin wird der Präsident noch mehr in Bedrängnis geraten sein – durch die Untersuchu­ngen des Sonderermi­ttlers Robert Mueller in der Russland-Affäre und womöglich auch durch die | MeToo-Bewegung. Für die Grand Old Party verheißt dies nichts Gutes. Ihr droht der Verlust der Kongressme­hrheit – und zwar in beiden Häusern.

Im Senat ist die republikan­ische Mehrheit auf zwei Stimmen geschrumpf­t. Für die Trump-Regierung wird es angesichts unsicherer Kantoniste­n und Trump-Kritiker wie John McCain, Bob Corker oder Susan Collins noch schwierige­r, ihre Anliegen durchzubri­ngen. Der Versuch, Obamacare auszuhebel­n, geriet so bereits zum Fiasko. Die ohnehin umstritten­en Prestigepr­ojekte Trumps – Steuerrefo­rm, der Mauerbau, das Einreiseve­rbot – werden auf neue Hürden prallen. Die Abgeordnet­en werden eher an ihrer Wiederwahl interessie­rt sein als an der Umsetzung der zum Teil unpopuläre­n Trump-Agenda. F ür die Republikan­er könnte der Wahlkampf für die Midterm Elections zum „Bürgerkrie­g“ausarten. Bannon hat der Parteielit­e den Kampf angesagt, und die wird nach dem Debakel in Alabama nun zurückschl­agen. Die Trump-Revolution ist mit der Niederlage des Parteigäng­ers Roy Moore, einer Galionsfig­ur des nationalis­tischen TrumpAmeri­ka, an ihre Grenzen gestoßen – selbst in Alabama, das im Vorjahr noch mit 62 Prozent für Trump votiert hatte.

Die Demokraten dagegen sind nach den Siegen bei den Gouverneur­swahlen in New Jersey und Virginia und nun in Alabama dagegen im Aufwind. Sie hatten ihre Promis in die Wahlschlac­ht geworfen, den schwarzen Senator Cory Booker und den aus Alabama stammenden ExBasketba­llstar Charles Barkley, um die afroamerik­anische Mehrheit zu mobilisier­en. Nach ihrem „Trauerjahr“scheint die demokratis­che Basis elektrisie­rt. Die Lektion lautet jedoch auch, dass die Demokraten nur mit moderaten Kandidaten punkten können und nicht mit prononcier­t linksliber­alen – erst recht in den Südstaaten und im Mittelwest­en.

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VON THOMAS VIEREGGE

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