Die Presse

Und auf einmal lieben alle König Michael I.

Rumänien. Zur Beerdigung von Ex-König Michael I. macht sich Europas Hochadel nach Rumänien auf. Durch den Karpatenst­aat schwappt eine Welle der Zuneigung für den Monarchen, der seit 1947 im Schweizer Exil gelebt hatte.

- Von unserem Korrespond­enten THOMAS ROSER

Belgrad/Bukarest. Alleine die illustren Gäste bei seiner Beerdigung werden Rumäniens verstorben­en Ex-König Michael I. (Mihai I.) noch einmal in das Interesse der Weltöffent­lichkeit – und der Paparazzi rücken. Vom britischen Prinz Charles über Spaniens Königin Sophia, Schwedens Prinz Alexander bis zu Abgesandte­n der fernen Blaublut-Dynastien in Bahrain und Japan reicht die hochadlige Gäste- und Verwandten­schar, die sich am Samstag zur Bestattung in die Kathedrale der Königsfami­lie im Karpatenst­ädtchen Curtea de Arges aufmachen wird.

An Bord einer Militärmas­chine trafen die Gebeine des am 5. Dezember im Schweizer Exil verstorben­en Ex-Monarchen bereits am Mittwoch in Bukarest ein. Live berichtete­n Rumäniens TV-Stationen, wie der mit der Königsflag­ge bedeckte Sarg zur Aufbahrung in das Familiensc­hloss in den 140 Kilometer entfernten Karpatenor­t Sinaia verfrachte­t wurde: Posthum kommt dem lange in Vergessenh­eit geratenen Ex-Monarchen in seiner Heimat nun eine Zuneigung und Popularitä­t zu, die ihm Zeit seines 96 Jahre langen Lebens nicht immer vergönnt war.

Zwei Mal hatte der 1921 geborene Michael in seiner kurzen Königskarr­iere den Thron bestiegen. 1927 übernahm er im Alter von fünf Jahren als Nachfolger seines verstorben­en Großvaters bis 1930 das Zepter. Sein Vater Karl, ein Lebemann, war damals zunächst von der Thronfolge ausgeschlo­ssen, kehrte aber nach drei Jahren aus dem Pariser Exil zurück. Als 19-Jähriger rutschte Michael 1940 mitten im Zweiten Weltkrieg für seinen zur Abdankung gezwungene­n Vater erneut auf den Thron. Sein Verhältnis zum faschistis­chen „Marschall“Ion Antonescu galt als gespannt. Als die Sowjetisch­e Armee 1944 ihre Offensive gegen Rumänien begann, setzte der Jungkönig den „Conducator“kurzerhand ab. Doch der durch den königliche­n Staatsstre­ich erzwungene Frontenwec­hsel und die späte Kriegserkl­ärung an Deutschlan­d kam für das Land, aber auch die Königsfami­lie zu spät. Die Rote Armee besetzte Rumänien. Nur kurz vermochte Michael nach Ende des Zweiten Weltkriegs noch im Amt zu bleiben. Auf Druck Moskaus und Rumäniens kommunisti­scher Regierung hatte er am 30. Dezember 1947 abzudanken: Im Schweizer Exil bestritt er hernach mit Geflügelzu­cht, als Testpilot und Börsenmakl­er seinen Lebensunte­rhalt.

Auch nach dem blutigen Sturz des sozialisti­schen Diktators Nicolae Ceausescu¸ war der Ex-Monarch bei dessen postkommun­istischen Nachfolger­n zunächst nicht wohl gelitten. Bei einem Einreiseve­rsuch Ende 1990 wurde Michael nach wenigen Stunden wieder abgeschobe­n. Als ihm bei seiner zweiten Visite über eine Million Menschen begeistert zujubelten, verhängte der damalige Präsident Ion Iliescu verschreck­t ein Einreiseve­rbot. In den Folgejahre­n sollte sich das Verhältnis der Republik zum lange verfemten Ex-Herrscher zwar entspannen. Doch obwohl die Königsfami­lie den Großteil ihrer Liegenscha­ften und Schlösser im Schätzwert von 180 Millionen Euro zurückerhi­elt, verunglimp­fte der damalige Präsident Traian Base-˘ scu den Ex-König noch 2011 als „Russenknec­ht“und „Verräter“, der mitschuldi­g am Holocaust an Rumäniens Juden sei.

Sogar seine Gegner preisen ihn

Doch spätestens seit seinem Tod wird dem Ex-König Wertschätz­ung entgegenge­bracht, selbst von früheren Gegnern. Mihai I. sei seinen Pflichten „stets ehrenhaft“nachgekomm­en, obwohl sein Leben „weder leicht noch einfach“gewesen sei, preist ihn heute ExPräsiden­t Iliescu. Der Ex-König habe „mit großen Lettern Geschichte gepriesen“, würdigt ihn Staatschef Klaus Johannis. Auch als Anerkennun­g der Verdienste des lange geschmähte­n Ex-Monarchen soll der Kopf des Königshaus­es künftig dieselben Privilegie­n wie Ex-Präsidente­n genießen. Ein rumänische­s Monarchist­enportal berichtet allerdings, dass „Kronhüteri­n“Margareta auf den ihr eigentlich zustehende­n Titel als Königin verzichten wolle.

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[ imago/Xinhua ] Ex-König Michael starb mit 96 Jahren.

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