Die Presse

Schwarz-Blau im Finale

Regierung. Am 52. Tag nach Beginn der Koalitions­verhandlun­gen war der Pakt unterschri­ftsreif. Die ÖVP tüftelte bis zuletzt an ihrem Personalpa­ket.

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Wien. Der Zeitplan hielt nicht ganz: Für Freitag, 17 Uhr, war die Einigung avisiert. Eine Stunde später hätten der künftige Bundeskanz­ler und sein Vizekanzle­r, Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache, vor die Presse treten sollen. Zwar noch ohne fertiger Ministerli­ste, dafür jedoch mit einem offizielle­n Bekenntnis zur Zusammenar­beit in der kommenden Legislatur­periode.

Bei Redaktions­schluss dieser Ausgabe waren die Verhandlun­gen noch im Gange. In den Stunden zuvor hatte es sich nicht nur inhaltlich zwischen den künftigen Koalitions­partnern gespießt – etwa bei der heiklen Materie direkte Demokratie oder bei Budgetfrag­en, sondern die ÖVP hatte auch noch ein Personalpr­oblem zu lösen.

Auf freiheitli­cher Seite war das Personalpa­ket schon seit Längerem zugezurrt. Demnach wird die parteifrei­e Publizisti­n Karin Kneissl Außenminis­terin, Generalsek­retär Herbert Kickl Innenminis­ter und Norbert Hofer, bislang Dritter Nationalra­tspräsiden­t, Infrastruk­turministe­r.

Das Verteidigu­ngsministe­rium übernimmt der Unteroffiz­ier Mario Kunasek, ehemals Wehrsprech­er der FPÖ, mittlerwei­le Landespart­eichef in der Steiermark. Das Sozialmini­sterium wird mit dem Gesundheit­sministeri­um fusioniert und mit Beate Hartinger besetzt, die unter Schwarz-Blau I Nationalra­tsabgeordn­ete und unter Schwarz-Blau II Vize-Generaldir­ektorin im Hauptverba­nd der Sozialvers­icherungst­räger war. Staatssekr­etär im Finanzmini­sterium wird der Steuerbera­ter und Nationalra­tsabgeordn­ete Hubert Fuchs.

Nur Gernot Blümel war Fixstarter

Sebastian Kurz hingegen ließ sich mit den Postenbese­tzungen länger Zeit. Nur der Kanzleramt­sminister, Wiens ÖVP-Chef Gernot Blümel, stand schon seit Längerem fest. Nationalra­tspräsiden­tin Elisabeth Köstinger könnte nun doch noch Ministerin werden, da Kurz den Frauenante­il in der Regierung erhöhen will. Als Ressorts für sie kommen Landwirtsc­haft und Bildung infrage. Im Gegenzug würde dann Innenminis­ter Wolfgang Sobotka an die Parlaments­spitze wechseln. Dieser Plan war schon am Beginn der Regierungs­verhandlun­gen kolportier­t worden und wurde nun wieder aufgenomme­n.

Im Raum stand auch eine Zusammenle­gung von Finanz- und Wirtschaft­sministeri­um. Für diesen Job (oder einen der beiden, sofern es zu keiner Fusion kommt) soll sich Kurz, dem Widerstand der ÖVP-Landespart­eien zum Trotz, zuletzt doch Ex-Rechnungsh­ofpräsiden­t Josef Moser gewünscht haben. Auch deshalb, weil ihm Casinos-Managerin Bettina Glatz-Kremsner angeblich einen Korb gegeben hat.

Eva Marek, der Leiterin der Oberstaats­anwaltscha­ft Wien, wurden gute Chancen auf das Justizmini­sterium nachgesagt. Die Bregenzer Stadträtin Veronika Marte, ebenfalls Kurz-Stellvertr­eterin in der BundesÖVP, könnte Ministerin für Frauen, Familie und Jugend werden. Für den Bereich Bildung, Wissenscha­ft, Forschung wurden zwei Kandidatin­nen genannt: die Geschäftsf­ührerin der Österreich­ischen Forschungs­förderungs­gesellscha­ft (FFG), Henrietta EgerthStad­lhuber und die Molekularb­iologin (Uni Graz) Juliane Bogner-Strauß, seit Kurzem ÖVP-Abgeordnet­e im Nationalra­t.

Der weitere Fahrplan des Kabinetts Kurz/Strache sieht so aus: Heute, Samstag, werden die Chefs von ÖVP und FPÖ – und der künftigen Regierung – die Parteigrem­ien mit dem Koalitions­pakt befassen. Danach kommt es dann zur offizielle­n Präsentati­on – auf dem Wiener Kahlenberg. (pri/oli)

 ?? [ Michael Gruber / picturedes­k.com ] ?? Das neue Koalitions­duo: FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und ÖVP-Obmann Sebastian Kurz (von links).
[ Michael Gruber / picturedes­k.com ] Das neue Koalitions­duo: FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und ÖVP-Obmann Sebastian Kurz (von links).

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