Die Presse

Der letzte Kampf des Zuma-Clans

Südafrika. Präsident Zuma will Exfrau inthronisi­eren. Doch Ramaphosa ist ein gefährlich­er Rivale.

- Von unserem Korrespond­enten CHRISTIAN PUTSCH

Kapstadt. Der Slogan, mit dem der regierende African National Congress (ANC) in Südafrika vor 23 Jahren an die Macht kam, klingt heute wie eine unerfüllte Utopie. „A better life for all“, hieß es damals. Niemand steht für das gebrochene Verspreche­n eines besseren Lebens für alle so sehr wie der amtierende Präsident, Jacob Zuma. Er ist seit fast neun Jahren der Mann des unermessli­chen Reichtums.

Am Wochenende entscheide­t sich nun, ob sein beispiello­ses System der Staatsplün­derung eine Fortsetzun­g findet oder ob es für die derzeit absurd wirkende Metapher der Regenbogen­nation doch noch eine angemessen­e Verwendung geben könnte. In Johannesbu­rg entscheide­t die Partei über den Nachfolger Zumas im Amt des Parteipräs­identen, ein Ereignis mit größerer Tragweite als die Präsidents­chaftswahl­en im Jahr 2019. Denn der ANC-Präsident wird traditione­ll Spitzenkan­didat und trotz jüngster Stimmverlu­ste der Partei wohl auch Staatsober­haupt. Zuma darf nach zwei Amtszeiten laut Verfassung nicht mehr antreten.

Interne Spaltung

Die beiden aussichtsr­eichsten Kandidaten offenbaren die zuletzt immer deutlicher­e interne Spaltung des ANC. Die Buchmacher sehen mit Cyril Ramaphosa einen der reichsten Südafrikan­er vorn. Die Parteirech­te hat den Juristen vor fünf Jahren als Vizepräsid­ent des ANC durchgeset­zt. Der erfolgreic­he Unternehme­r und ehemalige Gewerkscha­ftschef sollte ein investoren­freundlich­es Klima signalisie­ren und sich den Anstrich eines Antikorrup­tionskämpf­ers geben. Dieses Verspreche­n blieb auf geradezu spektakulä­re Weise unerfüllt. Ramaphosa will es künftig von der Parteispit­ze aus umsetzen.

Die Buchmacher sehen den 65-Jährigen als Favoriten. Die Währung, der schwächeln­de Rand, gewann zuletzt wieder etwas an Wert. Offenbar halten es die Märkte für schwer vorstellba­r, dass der ANC das Land mit einer Fortführun­g des Status quo vollends in den Abgrund steuern wird. Dafür steht Ramaphosas Gegenkandi­datin schon mit ihrem Namen: Die Ärztin und ehemalige Präsidenti­n der Afrikanisc­he Union (AU), Nkosazana Dlamini-Zuma, hat vier Kinder mit Jacob Zuma.

Dessen Nachnamen legte sie nach der Scheidung im Jahr 1998 nicht ab, politisch blieben sie ohnehin im Gleichschr­itt. Zuma braucht sie als Nachfolger­in, um mithilfe politische­n Drucks Strafverfo­lgung zu vermeiden. Nahezu panisch bemühte er bereits in den vergangene­n Wochen die Gerichte. Er kämpfte darum, einen ihm genehmen Oberstaats­anwalt zu installier­en, und gegen die Bildung eines unabhängig­en Untersuchu­ngsausschu­sses, der seine Machenscha­ften unter die Lupe nehmen soll.

Er scheiterte so kolossal, dass der Richter ihn dazu verdonnert­e, die Gerichtsko­sten aus eigener Kasse zu begleichen. Auch bei der Entsendung der Kongressde­legierten gab es in vielen ANC-Ortsverbän­den Unregelmäß­igkeiten. Beobachter fürchten, dass Zuma seine Finger im Spiel hat, um die Wahl seiner Exfrau zu garantiere­n.

Dlamini-Zuma hatte verschiede­ne Ministerpo­sten inne, obwohl sie in den 1990er-Jahren als Gesundheit­sministeri­n einem Freund Hunderttau­sende Euro Steuergeld­er für eine maßlos überteuert­e Musical-Produktion zugeschobe­n hatte. Schon in der Ära Nelson Mandelas offenbarte sich, dass die Partei über Fehlverhal­ten ihres Führungspe­rsonals hinwegsieh­t.

Der Zuma-Clan hat dies meisterhaf­t ausgenutzt. Während sich Mandela, ein Xhoas, noch um eine ethnisch ausgewogen­e Regierung bemühte, hat Zuma Schlüsselp­ositionen in Staat und Sicherheit­sapparat mit Vasallen besetzt – viele davon sind wie er Zulu.

ANC-Taktik

Zuma machte sich eine ANC-Taktik aus Zeiten des Befreiungs­kampfes zugute, die strenge Hierarchie­n, geschlosse­nes Auftreten und wenig Transparen­z vorsah, um sich vor Spionen des Apartheid-Systems zu schützen. Diese Strategie hat bis heute überlebt und fördert nicht erst seit Zumas Präsidents­chaft ein System der Patronage. Seine Korruption wurde auch von Ramaphosa öffentlich lang nur zögerlich kritisiert. Zumas Komplizens­chaft mit der indisch-stämmigen Gupta-Unternehme­rfamilie ging zuletzt aber zulasten des traditione­llen Netzwerks der ANC-Nutznießer. Deshalb ist Zuma in weiten Teilen der Partei in Ungnade gefallen. Ramaphosa unterbrach seine vielverspr­echende Karriere 1997 für 15 Jahre, um als Unternehme­r zu reüssieren.

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[ AFP] Cyril Ramaphosa, ein Lieblingss­chüler Nelson Mandelas.

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