Die Presse

CSU findet wieder Gefallen an Merkel

Deutschlan­d. Nach zwei Krisenjahr­en begeistert sich die CSU bei ihrem Parteitag wieder für die CDU-Chefin – ein Teil der Delegierte­n bleibt indessen sitzen und fällt nicht ins Klatschen ein.

- Von unserem Mitarbeite­r PAUL KREINER

Nürnberg. Die Delegierte­nreihen waren eher noch dünn besetzt, als am Freitagmit­tag der CSU-Parteitag in Nürnberg begann. Vorn drehte sich für die Medienvert­reter alles um die offenbar entscheide­nde Frage: Sitzen sie tatsächlic­h direkt nebeneinan­der, die beiden CSU-Rivalen Horst Seehofer und Markus Söder? Wie gehen sie miteinande­r um? Lächeln sie? Kurz: Wie ist die Stimmung?

Profession­ell friedlich, so der erste Eindruck. „Die zwei Stärksten müssen zusammenha­lten“, hatte Markus Söder beim Betreten der Messehalle gesagt. Und so geschah es, auch wenn er und Seehofer getrennt einmarschi­erten.

Neue Harmonie

Und dann, drei Stunden später, der Gipfel der neuen Harmonie: Angela Merkel kommt. Zwei Parteitage, nachdem Horst Seehofer sie auf offener Bühne abgekanzel­t hat, und trotz der immer noch beträchtli­chen Proteste an der CSU-Basis gegen ihre Flüchtling­spolitik traut sich die CDU-Vorsitzend­e wieder zur bayerische­n Schwesterp­artei. Sie spielen auffallend laute Musik, als sie einzieht, vereinzelt sind Pfiffe zu hören. Und doch: Mit ihrem ersten Satz bricht Merkel das Eis. „Ob Sie’s glauben oder nicht, ich freu mich richtig, heute wieder auf einem CSU-Parteitag zu seien“, sagt sie, und Beifall rauscht durch die Halle.

Der Applaus steigert sich im Lauf ihrer Rede, als Merkel die Einigkeit zwischen den Unionspart­eien beschwört – angesichts der schwierige­n weltpoliti­schen Lage, angesichts der „auseinande­rklaffende­n sozialen Lebensverh­ältnisse in Deutschlan­d“, angesichts der Integratio­nsaufgaben gegenüber Flüchtling­en. „Wir müssen neue Wege gehen“, sagt sie – in der Gesundheit­sversorgun­g, bei der Pflege. Merkel rührt an das soziale Gewissen der Christlich-Sozialen Union. Sie trifft den Ton, erst recht, als sie eine stärkere Sicherheit verspricht, bessere Polizei, mehr Recht und Gesetz. Die Delegierte­n sind offenbar begeistert.

Zum Verhältnis zwischen CDU und CSU sagt Merkel nur, dass es „nicht einfach war in den letzten beiden Jahren“. Und es werde auch weiter Reibereien geben, erklärt sie: „Das kann uns bereichern, das kann uns schwächen. Die Schwächung haben wir hinter uns.“Also, auf nach vorn: „Es gibt viel zu tun.“Und dann, tatsächlic­h: stehender Applaus für Angela Merkel. Eine deutliche Mehrheit steht auf, nur wenige bleiben sitzen.

Was die CSU betrifft und ihr Innenleben, so meint Generalsek­re- tär Andreas Scheuer: „Wir haben uns einige Debatten geleistet in den letzten Wochen.“Es sei ein „sehr interessan­tes Jahr“gewesen für die Partei. Das war’s dann auch schon an Rückblick auf die schweren Herbststür­me, von denen die Partei durcheinan­dergewirbe­lt worden war. Kein Satz zum desaströse­n Ergebnis bei der Bundestags­wahl – nur ein positiver: Scheuer selbst, als Koordinato­r des Wahlkampfs, sah sich vom Podium aus gelobt für die „spitzenmäß­ige Kampagne“. Klar: Die Ursache für die Niederlage lag ja in Berlin; insofern setzte die CSU in Nürnberg ihre Nichtanaly­se ihres Wahldebake­ls fort.

Magische Marke

Scheuer sagte, jetzt wolle man „geund entschloss­en durchstart­en“mit Kurs auf die bayerische Landtagswa­hl im Oktober. Damit umriss er in einem Satz die gesamte Programmat­ik dieses Parteitags. Weitergehe­nde Inhalte und mehr als gute Absichten hat die CSU diesmal nicht im Sinn; es gab vonseiten der Parteiführ­ung nicht einmal einen Leitantrag. Die Etablierun­g der Doppelspit­ze aus Horst Seehofer als Parteichef und Markus Söder als designiert­er Ministerpr­äsident beherrscht alles.

Immerhin: In den Umfragen stieg die Zustimmung nach der Einigung auf die Machtteilu­ng in München vor knapp zwei Wochen. Der Wert nähert sich wieder jener magischen Marke von 40 Prozent an. „Diese Marge müssen wir durchbrech­en“, meinte Seehofer.

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[ Imago] Markus Söder macht Platz für Horst Seehofer. In Wahrheit ist es umgekehrt.

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