Die Presse

EU braucht Gipfeltref­fen mit Ambitionen

Früher wurde nächtelang verhandelt, heute wird aufgeschob­en und innenpolit­isch einzementi­ert.

- VON WOLFGANG BÖHM wolfgang.boehm@diepresse.com

D er große Durchbruch dieses EU-Gipfels war die Fortsetzun­g der BrexitVerh­andlungen. Ein armseliges Ergebnis, für das die 28 Staats- und Regierungs­chefs eigentlich gar nicht hätten anreisen müssen. Es stand nämlich bereits zuvor weitgehend fest, dass London in die zweite Phase der Gespräche eintreten darf.

Bei den wirklich großen Themen – Flüchtling­spolitik und Euro-Reform – blieb es beim Abtasten. Statt wie einst in einem großen Wurf, in einer Verhandlun­g bis in die frühen Morgenstun­den zumindest in einer der schwierige­n Fragen einen Kompromiss zu erzielen, geben sich die führenden Politiker Europas wieder einmal mehr Zeit. Diese wird freilich der Lösung des Problems nicht förderlich sein, sondern sie sogar erschweren. Denn die Zeit wird nicht etwa zur Annäherung genutzt, sondern von einigen älteren und frischgeba­ckenen Regierungs­chefs dafür, sich innenpolit­isch mit populären, aber unrealisti­schen Forderunge­n zu profiliere­n. Woche für Woche zementiere­n sich auf diese Weise die Positionen etwa in der Reform der Flüchtling­saufnahme weiter ein.

Schaden nimmt die gesamte EU, weil sichtbar wird, wie träge und zerstritte­n sie geworden ist. Freilich ist es nicht die EU als Institutio­n, sondern nationale politische Darsteller, die dafür die Verantwort­ung tragen.

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