Der Coup des Josef Ferstl
Ski alpin. Jahrelang war Felix Neureuther alleiniger deutscher Siegläufer, plötzlich eilen auch seine Teamkollegen von Erfolg zu Erfolg.
St. Christina/Gröden. Eigentlich schien der Schrecken tief zu sitzen im deutschen Skiteam nach der Verletzung von Felix Neureuther. Das Aushängeschild des Skisports im Nachbarland gewann noch den Slalomauftakt in Levi, dann stoppte ihn im November ein Kreuzbandriss. Was danach kam, ist wohl so etwas wie eine Trotzreaktion der Teamkollegen: Thomas Dreßen fuhr in Beaver Creek zum ersten DSV-Abfahrtspodest seit 13 Jahren, Stefan Luitz ist mit den Plätzen zwei und drei im Riesentorlauf erster Verfolger von Marcel Hirscher, und bei den Damen ist Viktoria Rebensburg seit ihrem Saisonstart mit zwei Siegen und einem zweiten Platz ohnehin Anwärterin auf den Gesamtweltcup.
In Gröden hat nun auch Josef Ferstl, 28-jähriger Oberbayer, zugeschlagen. Im Super-G fuhr er nicht nur zu seinem ersten Podestplatz im Weltcup, sondern auch gleich zu seinem ersten Sieg. Es ist der erste deutsche Erfolg in dieser Disziplin, seit Markus Wasmeier 1991 in Lake Louise gewonnen hat. 76 Weltcupstarts hat Ferstl dafür gebraucht, außerdem etwas Glück mit seiner Startnummer zwei in einem engen und von wechselnden Bedingungen beeinträchtigten Rennen (nach 38 Läufern wurde abgebrochen, aber gewertet). „Man muss es auch mit der Zwei einmal hinunterbringen, wenn man keine Informationen hat“, meinte Ferstl. Immerhin sei er Testpilot gewesen, gibt es doch im Super-G keinen Trainingslauf. „Wie immer in Gröden: Der Ski muss einfach laufen, das habe ich einigermaßen umgesetzt.“
Prolog zum Abfahrtsklassiker
Fehlerfrei blieb auch der Sohn des dreifachen Weltcupsiegers Sepp Ferstl nicht, für die Konkurrenz wäre noch einiges möglich gewesen. „Es war schon knapp“kommentierte Ferstl die zwei Hundertstel, die er am Ende auf den zweitplatzierten Kärntner Max Franz herausgefahren ist. Matthias Mayer wurde Dritter (+0,10 Sek.). Zum beflügelten deutschen Herrenteam des Vorarlberger Chefcoaches Mathias Berthold meinte Ferstl: „Wir haben viel und hart gearbeitet, sind schon am Boden gelegen und wieder aufgestanden.“
Der Lohn: vorerst Platz vier im Nationencup der Männer hinter Österreich, Norwegen und der Schweiz. „Für uns ist das schon ein Traum“, meinte DSV-Alpinchef Wolfgang Maier. „Jeden Tag sitze ich im Hotel mit den Norwegern, die was weiß ich wie viele Podeste in den vergangenen zwölf Jahren gefahren haben. Und wir haben immer blöd geschaut.“
Von den favorisierten Norskern war Aleksander Kilde als Vierter der Schnellste, Kjetil Jansrud (35., schwerer Fehler Einfahrt Ciaslat) und Aksel Lund Svindal (9.) sinnen auf Wiedergutmachung. Der dritte Super-G der Saison war nur der Prolog, heute folgt der Abfahrtsklassiker aus der Saslong (12.15 Uhr, live ORF eins). (joe)