Die Presse

Kompetente Manager sind schwer zu kriegen – vor allem für die FPÖ. Doch sie hat immerhin Arnold Schiefer. Der 51-jährige schlagende Burschensc­hafter wird unter der neuen Regierung in den ÖBB den Ton angeben.

Porträt.

- SAMSTAG, 16. DEZEMBER 2017

Der Mann ist ein begnadeter Tiefstaple­r: „Es gibt keinen Plan“, sagt Arnold Schiefer. Aber im Laufe der Weihnachts­ferien werde er mehr wissen. Da werde er sich nämlich mit dem künftigen FPÖ-Infrastruk­turministe­r Norbert Hofer zusammense­tzen und die Dinge besprechen. Genau. Aber die Sache ist natürlich schon viel konkreter, als Schiefer tut: Der 51-Jährige ist nämlich die Personalre­serve der FPÖ, wenn es um Jobs in der Wirtschaft geht. Böse Zungen behaupten gar, Arnold Schiefer sei die einzige Personalre­serve. Jedenfalls vereint er alle Attribute, die es braucht, um zum innersten Kreis um Parteichef Heinz-Christian Strache zu gehören: Schiefer ist schlagende­r Burschensc­hafter, Schiefer ist quasi FPÖ-Urgestein, Schiefer ist loyal, Schiefer ist ehrgeizig – und, als Draufgabe: Schiefer ist erfolgreic­her Manager. Also ist es so: Arnold Schiefer wird fix eine tonangeben­de Rolle in den staatliche­n ÖBB spielen. Offen ist nur mehr, ob er Brigitte Ederer an der Spitze des Bundesbahn­en-Aufsichtsr­ates ablösen wird. Oder ob er ÖBB-Chef wird.

Fakt ist: Arnold Schiefer, der im Zuge der Koalitions­verhandlun­gen immer wieder von Strache als Wirtschaft­sexperte für Verkehr und für Finanzen hinzugezog­en wurde, hat mit dem Parteichef schon Klartext geredet. Nämlich: „Ich stehe für wirtschaft­snahe Funktionen zur Verfügung.“Und: „Auf eine politische Funktion habe ich keine Lust.“Denn, so Schiefer im Gespräch mit der „Presse“: „Ich habe Spaß daran, operativ etwas zu bewegen. Da sieht man die Effekte unmittelba­r.“

Und weil er schon dabei ist, teilt Schiefer auch gleich einen weiteren seiner Grundsätze mit der Öffentlich­keit. Der da wäre: „Aus Staatsbetr­ieben dürfen keine Parteibetr­iebe werden. Man muss sie als Volkseigen­tum bewirtscha­ften und nicht als Parteieige­ntum.“

Das hat was, und damit wird Schiefer bei einem Gutteil der Bevölkerun­g offene Türen einrennen. Freilich: Seine Partei hat das im Laufe der sogenannte­n Wenderegie­rung eher nicht so beherzigt. Der damalige FPÖ-Verkehrsmi­nister, Hubert Gorbach, war jedenfalls vor allem dafür bekannt, seine Schützling­e mit attraktive­n Posten zu belohnen.

Und darauf will Arnold Schiefer offenbar hinaus: Es ist ihm ein großes Anliegen, keinesfall­s als Protektion­sfall punziert zu werden.

Also ein Blick auf seine doch schillernd­e und höchst abwechslun­gsreiche Karriere: Der junge FPÖler trat seinerzeit unter Monika Forstinger ins Verkehrsmi­nisterium ein und brachte es über wenige Jahre gleich zum Sektionsle­iter. Doch dann, als Hubert Gorbach längst Minister war, kam es bei der FPÖ zur Abspaltung des BZÖ unter Jörg Haider. Und Schiefer war irgendwie orientieru­ngslos. „Ich wollte nicht im Ministeriu­m bleiben“, sagt er. Er bekam einen Job bei den ÖBB.

Das sieht er nicht als Versorgung­sposten. „Natürlich war es nicht hinderlich, dass ich davor Sektionsle­iter war“, sagt er. Aber seine damalige Funktion als Projektlei­ter für den Wiener Hauptbahnh­of könne wohl schwerlich als karrierete­chnischer Coup erachtet werden.

Sei’s drum. Aus dem Job, der selbstvers­tändlich seiner politische­n Heimat zu verdanken war, hat Schiefer eine fulminante Karriere gemacht. Er wurde Vorstand der ÖBB-Infrastruk­tur AG. Später schickte ihn der damalige ÖBB-Chef, ein gewisser Christian Kern, nach Ungarn, um die angeschlag­ene Güterverke­hrstochter zu sanieren. Schiefer gelang das Bravourstü­ck – und wurde in der Folge von Kern in den Chef- sessel des ÖBB-Güterverke­hrs in Wien befördert.

Das gibt ihm Berge. Ein Erzroter setzt beruflich auf ihn, den Erzblauen. Besser kann es gar nicht laufen. Und das ist dem ehrgeizige­n Schiefer schon sehr wichtig.

Warum hat er sich dann, im Jahr 2013, den Wechsel an die Spitze des straucheln­den Baukonzern­s Alpine angetan? „Weil es für den Konzern damals schon einen fertigen Restruktur­ierungspla­n gab, der nur mehr umgesetzt werden musste“, antwortet er. Trotzdem schlittert­e die Alpine nur drei Monate später in die Pleite. Allerdings wurde Schiefer mitsamt dem restlichen Vorstand nun per Gutachten reingewasc­hen. Das mehrere Hundert Seiten starke OEuvre, das von der Korruption­sstaatsanw­altschaft in Auftrag gegeben worden war, kommt zum Schluss: Der Konzern hatte zwar immer wieder unter der angespannt­en Liquidität gelitten. Der Todesstoß sei aber durch die spanische Mutter FCC erfolgt, als diese im Juni 2013 zugesagte finanziell­e Mittel nicht leistete. Der im Raum stehende Vorwurf, das Management hätte schon früher von der drohenden Zahlungsun­fähigkeit gewusst, sei also nicht zutreffend.

Das Gutachten liefert aber auch interessan­te Einblicke in die Persönlich­keit Schiefers. In einem eigenen Kapitel wird auf die „Befragung von Mag. Arnold Schiefer“eingegange­n: Dieser habe dem Gutachter bereitwill­ig Auskunft erteilt, sich aber später geweigert, das Protokoll seiner Ausführung­en abzusegnen. Zunächst habe er notwendige Korrekture­n angesproch­en – diese dann aber unterlasse­n, um den „informelle­n Charakter als Gesprächsn­otiz zu belassen“.

Wollte sich da jemand nicht festlegen? „Typisch Schiefer“, sagen einige, die ihn kennen. Aus karrierete­chnischen Gründen wolle er halt nirgendwo anecken. Oder war das Ganze bloß ein Missverstä­ndnis? Das ist nicht zu klären – Schiefer will dazu nicht Stellung nehmen, weil das Verfahren noch läuft. Das Abenteuer Alpine sieht er rückblicke­nd dennoch positiv: „Hätte ich die Alpine-Erfahrung nicht gemacht, hätte ich meinen nächsten Job nicht bekommen.“

Stimmt. Seit Herbst 2015 ist Schiefer Vorstand der Hypo-Abbaubank Heta Asset Resolution. Und – Achtung: Karrierepl­anung! – dort läuft sein Vertrag im Oktober 2018 aus.

Die politische­n Planspiele gehen so: Entweder Schiefer wird Aufsichtsr­atspräside­nt der ÖBB. Den Job würde er dann, erzählen FPÖler, gleichsam als heimlicher Generaldir­ektor anlegen. Oder er wechselt gleich in den Vorstand als Chef. In dem Fall würde man den jetzigen, Andreas Matthä, als Chief Technology Officer (CTO) im Vorstand belassen. Neben Finanzchef Josef Halbmayr wären dann drei Personen im ÖBB-Vorstand. Um die Optik dieser Rochade schöner zu machen und einen dreiköpfig­en Vorstand legitimier­en zu können, würde der Konzern gleich einer Restruktur­ierung unterzogen.

Genug Gesprächss­toff für die Weihnachts­feiertage also.

 ?? [ Sebastian Reich/Verlagsgru­ppe News/picturedes­k.com ] ?? Arnold Schiefer wird wohl in die ÖBB zurückkehr­en.
[ Sebastian Reich/Verlagsgru­ppe News/picturedes­k.com ] Arnold Schiefer wird wohl in die ÖBB zurückkehr­en.

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