Kompetente Manager sind schwer zu kriegen – vor allem für die FPÖ. Doch sie hat immerhin Arnold Schiefer. Der 51-jährige schlagende Burschenschafter wird unter der neuen Regierung in den ÖBB den Ton angeben.
Porträt.
Der Mann ist ein begnadeter Tiefstapler: „Es gibt keinen Plan“, sagt Arnold Schiefer. Aber im Laufe der Weihnachtsferien werde er mehr wissen. Da werde er sich nämlich mit dem künftigen FPÖ-Infrastrukturminister Norbert Hofer zusammensetzen und die Dinge besprechen. Genau. Aber die Sache ist natürlich schon viel konkreter, als Schiefer tut: Der 51-Jährige ist nämlich die Personalreserve der FPÖ, wenn es um Jobs in der Wirtschaft geht. Böse Zungen behaupten gar, Arnold Schiefer sei die einzige Personalreserve. Jedenfalls vereint er alle Attribute, die es braucht, um zum innersten Kreis um Parteichef Heinz-Christian Strache zu gehören: Schiefer ist schlagender Burschenschafter, Schiefer ist quasi FPÖ-Urgestein, Schiefer ist loyal, Schiefer ist ehrgeizig – und, als Draufgabe: Schiefer ist erfolgreicher Manager. Also ist es so: Arnold Schiefer wird fix eine tonangebende Rolle in den staatlichen ÖBB spielen. Offen ist nur mehr, ob er Brigitte Ederer an der Spitze des Bundesbahnen-Aufsichtsrates ablösen wird. Oder ob er ÖBB-Chef wird.
Fakt ist: Arnold Schiefer, der im Zuge der Koalitionsverhandlungen immer wieder von Strache als Wirtschaftsexperte für Verkehr und für Finanzen hinzugezogen wurde, hat mit dem Parteichef schon Klartext geredet. Nämlich: „Ich stehe für wirtschaftsnahe Funktionen zur Verfügung.“Und: „Auf eine politische Funktion habe ich keine Lust.“Denn, so Schiefer im Gespräch mit der „Presse“: „Ich habe Spaß daran, operativ etwas zu bewegen. Da sieht man die Effekte unmittelbar.“
Und weil er schon dabei ist, teilt Schiefer auch gleich einen weiteren seiner Grundsätze mit der Öffentlichkeit. Der da wäre: „Aus Staatsbetrieben dürfen keine Parteibetriebe werden. Man muss sie als Volkseigentum bewirtschaften und nicht als Parteieigentum.“
Das hat was, und damit wird Schiefer bei einem Gutteil der Bevölkerung offene Türen einrennen. Freilich: Seine Partei hat das im Laufe der sogenannten Wenderegierung eher nicht so beherzigt. Der damalige FPÖ-Verkehrsminister, Hubert Gorbach, war jedenfalls vor allem dafür bekannt, seine Schützlinge mit attraktiven Posten zu belohnen.
Und darauf will Arnold Schiefer offenbar hinaus: Es ist ihm ein großes Anliegen, keinesfalls als Protektionsfall punziert zu werden.
Also ein Blick auf seine doch schillernde und höchst abwechslungsreiche Karriere: Der junge FPÖler trat seinerzeit unter Monika Forstinger ins Verkehrsministerium ein und brachte es über wenige Jahre gleich zum Sektionsleiter. Doch dann, als Hubert Gorbach längst Minister war, kam es bei der FPÖ zur Abspaltung des BZÖ unter Jörg Haider. Und Schiefer war irgendwie orientierungslos. „Ich wollte nicht im Ministerium bleiben“, sagt er. Er bekam einen Job bei den ÖBB.
Das sieht er nicht als Versorgungsposten. „Natürlich war es nicht hinderlich, dass ich davor Sektionsleiter war“, sagt er. Aber seine damalige Funktion als Projektleiter für den Wiener Hauptbahnhof könne wohl schwerlich als karrieretechnischer Coup erachtet werden.
Sei’s drum. Aus dem Job, der selbstverständlich seiner politischen Heimat zu verdanken war, hat Schiefer eine fulminante Karriere gemacht. Er wurde Vorstand der ÖBB-Infrastruktur AG. Später schickte ihn der damalige ÖBB-Chef, ein gewisser Christian Kern, nach Ungarn, um die angeschlagene Güterverkehrstochter zu sanieren. Schiefer gelang das Bravourstück – und wurde in der Folge von Kern in den Chef- sessel des ÖBB-Güterverkehrs in Wien befördert.
Das gibt ihm Berge. Ein Erzroter setzt beruflich auf ihn, den Erzblauen. Besser kann es gar nicht laufen. Und das ist dem ehrgeizigen Schiefer schon sehr wichtig.
Warum hat er sich dann, im Jahr 2013, den Wechsel an die Spitze des strauchelnden Baukonzerns Alpine angetan? „Weil es für den Konzern damals schon einen fertigen Restrukturierungsplan gab, der nur mehr umgesetzt werden musste“, antwortet er. Trotzdem schlitterte die Alpine nur drei Monate später in die Pleite. Allerdings wurde Schiefer mitsamt dem restlichen Vorstand nun per Gutachten reingewaschen. Das mehrere Hundert Seiten starke OEuvre, das von der Korruptionsstaatsanwaltschaft in Auftrag gegeben worden war, kommt zum Schluss: Der Konzern hatte zwar immer wieder unter der angespannten Liquidität gelitten. Der Todesstoß sei aber durch die spanische Mutter FCC erfolgt, als diese im Juni 2013 zugesagte finanzielle Mittel nicht leistete. Der im Raum stehende Vorwurf, das Management hätte schon früher von der drohenden Zahlungsunfähigkeit gewusst, sei also nicht zutreffend.
Das Gutachten liefert aber auch interessante Einblicke in die Persönlichkeit Schiefers. In einem eigenen Kapitel wird auf die „Befragung von Mag. Arnold Schiefer“eingegangen: Dieser habe dem Gutachter bereitwillig Auskunft erteilt, sich aber später geweigert, das Protokoll seiner Ausführungen abzusegnen. Zunächst habe er notwendige Korrekturen angesprochen – diese dann aber unterlassen, um den „informellen Charakter als Gesprächsnotiz zu belassen“.
Wollte sich da jemand nicht festlegen? „Typisch Schiefer“, sagen einige, die ihn kennen. Aus karrieretechnischen Gründen wolle er halt nirgendwo anecken. Oder war das Ganze bloß ein Missverständnis? Das ist nicht zu klären – Schiefer will dazu nicht Stellung nehmen, weil das Verfahren noch läuft. Das Abenteuer Alpine sieht er rückblickend dennoch positiv: „Hätte ich die Alpine-Erfahrung nicht gemacht, hätte ich meinen nächsten Job nicht bekommen.“
Stimmt. Seit Herbst 2015 ist Schiefer Vorstand der Hypo-Abbaubank Heta Asset Resolution. Und – Achtung: Karriereplanung! – dort läuft sein Vertrag im Oktober 2018 aus.
Die politischen Planspiele gehen so: Entweder Schiefer wird Aufsichtsratspräsident der ÖBB. Den Job würde er dann, erzählen FPÖler, gleichsam als heimlicher Generaldirektor anlegen. Oder er wechselt gleich in den Vorstand als Chef. In dem Fall würde man den jetzigen, Andreas Matthä, als Chief Technology Officer (CTO) im Vorstand belassen. Neben Finanzchef Josef Halbmayr wären dann drei Personen im ÖBB-Vorstand. Um die Optik dieser Rochade schöner zu machen und einen dreiköpfigen Vorstand legitimieren zu können, würde der Konzern gleich einer Restrukturierung unterzogen.
Genug Gesprächsstoff für die Weihnachtsfeiertage also.