Wests Erbe: Jetzt geht’s um die Kinder
Kunst. Im Streit um den Nachlass des Künstlers Franz West gibt es eine neue Wendung. Das Gericht hat dem Wahlvater von Wests Kindern die vermögensrechtliche Obsorge entzogen.
Als der österreichische Künstler Franz West im Juli 2012 starb, hinterließ er einen Sohn, eine Tochter und seine Ehefrau, Tamuna Sirbiladze. Nachdem auch sie im Juli 2016 starb, wurde der Wahlvater der Kinder, der Lyriker Benedikt Ledebur, mit der Obsorge beider Kinder betraut. Seither leben sie nicht nur bei ihm, er muss auch ihr Vermögen bestmöglich verwalten und ihre Interessen als Erben wahren. Und da gibt es für ihn viel zu tun. Seit Franz Wests Tod tobt um sein Erbe ein Streit, der zu einer Vielzahl von kostspieligen Gerichtsverfahren geführt hat. Erst vor wenigen Tagen entschied das Oberlandesgericht, dass – anders als West es verfügt hatte – rund 700 seiner Gemälde seinen Kindern und nicht seiner Privatstiftung zustünden („Die Presse“berichtete).
Doch dass Ledebur und sein Anwalt Christoph Kerres in vermögensrechtlichen Angelegenheiten tatsächlich im besten Sinne von Lazare und Anouk West agieren, daran hat das Pflegschaftsgericht offenbar größte Zweifel und entschied sich zu einem ungewöhnlichen Schritt: Mit Beschluss vom 11. Dezember 2017 (er liegt der „Presse“vor) entzog der zuständige Richter dem Wahlvater „die Obsorge für beide Minderjährige im Umfang der Vermögensverwaltung und Vertretung“mit sofortiger Wirkung und betraute Rechtsanwalt Michael Enzinger mit der vermögensrechtlichen Obsorge der Kinder.
Wohl der Kinder sei gefährdet
Das Pflegschaftsgericht begründete seine Entscheidung ausführlich: „Gefährden die Eltern durch ihr Verhalten das Wohl des minderjährigen Kindes, so hat das Gericht (. . .) die zur Sicherung des Wohles des Kindes nötigen Verfügungen zu treffen“, heißt es in dem Beschluss. Grundsätzlich findet das Gericht, dass die Konfliktbereitschaft von Ledebur und seinem Anwalt Kerres vor allem zulasten der Kinder gehe. Statt Vergleiche zu suchen, habe etwa der Wahlvater im Zuge der Streitigkeiten um den Pflichtteil „trotz pflegschaftsgerichtlicher Bedenken wegen des damit verbundenen Kostenrisikos für die Minderjährigen“Klage gegen die FranzWest-Privatstiftung eingebracht und seinen „riskanten Ansatz“bis zum Obersten Gerichtshof durchgefochten – ohne dies ausreichend zu begründen. Für diese Pflichtteilsergänzungsklage habe – zeigt das Gericht auf – Anwalt Kerres 40.803 Euro verrechnet. Und weitere 41.728 Euro für einen Rekurs gegen die Entscheidung der zweiten Instanz.
Weiters habe es Ledebur wiederholt unterlassen, vom Verlassenschafts- und Pfleg- schaftsgericht erforderliche Genehmigungen einzuholen. „Eine die massiven prozessualen Verstrickungen rechtfertigende, umfassende Offenlegung der verfolgten Strategie und Vorgehensweise unterblieb“, kritisiert das Gericht in seinem – noch nicht rechtskräftigen – Beschluss.
„Ein Rekurs ist bereits in Vorbereitung“, sagt Ledebur zur „Presse“. „Ich weise alle Vorwürfe des Gerichts zurück. Es ist absurd, dass mir auch Entscheidungen vorgeworfen werden, die vor meiner Zeit getroffen worden sind. Ich habe die Obsorge der Kinder erst Ende 2016 übernommen.“Anwalt Kerres, der die Verlassenschaft bereits seit 2012 vertritt, ist ebenfalls empört. Unter anderem darüber, dass der Beschluss die Höhe seiner Honorare kritisiert: „Das hat mich erstaunt, wir haben unsere Honorare nach dem Rechtsanwaltstarifgesetz abgerechnet und sogar einen Nachlass gewährt. Sie sind also jedenfalls angemessen.“Im Übrigen habe der Richter entschieden, obwohl er, Kerres, vor einiger Zeit dessen Befangenheit aus sachlichen Gründen geltend gemacht habe. „Der Richter hätte also, bevor über diesen Befangenheitsantrag entschieden worden ist, überhaupt keinen Beschluss mehr fassen dürfen. Das werden wir in unserem Rekurs auch aufzeigen.“
Bei der Franz-West-Privatstiftung scheint man die Entscheidung des Gerichts zu goutieren, wenngleich Stiftungsvorstand Rechtsanwalt Stephan Frotz den Beschluss nicht kommentieren will. Nur so viel: „Die Tatsache aber, dass nun sowohl auf der Seite der rechtlichen Vertreter der Kinder von West als auch aufseiten der Stiftung Personen agieren, die mit dem zum Teil sehr emotionalen Vorgängen der Vergangenheit nicht belastet sind, wird es leichter machen, rasch zu vernünftigen Entscheidungen zu kommen.“