Die Presse

Welche „inneren Werte“stecken in einem Handy?

Neben Edelmetall­en sind in Mobiltelef­onen auch Schwermeta­lle verbaut. Ein zweiter wichtiger Grund für eine fachgerech­te Entsorgung.

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Wollen Sie im alten Jahr noch rasch Gutes tun? Dann bringen Sie alte Elektroger­äte zu den Sammelstel­len. Denn wie vor allem beim Handy gern werbewirks­am transporti­ert, sind darin nicht nur wertvolle Edelmetall­e verbaut, sondern auch Schwermeta­lle, die Mensch und Umwelt schaden können. „Wir vergessen oft auf Elektrokle­ingeräte, und diese liegen dann über Jahre und Jahrzehnte daheim“, sagt Marion Huber-Humer, die das Institut für Abfallwirt­schaft der Boku Wien leitet. Sie untersucht mit ihrem Team nicht nur, wie sich Abfall vermeiden, sondern auch, wie er sich am besten gefahrlos entsorgen lässt.

Doch wie sieht die Anatomie eines Handys aus? In einem eher älteren Gerät mit etwa 150 Gramm Ge- wicht hat das Kunststoff­gehäuse mit rund 37 Prozent den größten Anteil, das Display mit zwei bis drei den kleinsten. Rund 30 Prozent braucht die Batterie und wiederum 30 Prozent die Leiterplat­te. „Dort finden wir die meisten wertvollen Metalle, aber auch Schadstoff­e wie Schwermeta­lle“, erklärt Huber-Humer.

Immer weniger Gold integriert

Kupfer wird vor allem für Leitungen und Kontakte genutzt. Daraus bestehen rund 15 Prozent eines Handys. Eisen und Aluminium machen jeweils etwa drei Prozent aus. Gold, das etwa für die Schaltkrei­se des Mikroproze­ssors genutzt wird, ist in sehr kleinen Mengen, etwa 0,04 Prozent der Handymasse, enthalten. Die Hersteller versuchen weiter einzuspare­n, in älteren Handys sei noch ein höherer Goldanteil zu finden, so Huber-Humer. Ähnlich ist es bei Silber, Tantal, Platin, Palladium, Gallium oder In- dium. Auch die Metalle der seltenen Erden, wie Neodym und Cer, seien lediglich „in homöopathi­schen Dosen“zu finden. Sie werden etwa als Leuchtmitt­el, in Mikrofonen oder Lautsprech­ern verwendet. Wolfram wiederum steckt im Mikromotor des Vibrations­alarms, Kobalt in Handyakkus.

Durch die Menge an Handys kommen bei Sammlungen große Mengen zusammen. Viele der Stoffe werden weltweit immer knapper, daher lohnt die Wiederverw­ertung. Bei dieser lassen sich zugleich organische Schadstoff­e, die in Gehäusen flammhemme­nd wirken, entsorgen. Auch giftige Elemente wie Blei, Quecksilbe­r, Chrom oder Kadmium werden genutzt. Wirft man alte Geräte achtlos weg, können die Substanzen in die Erde oder ins Grundwasse­r gelangen.

In ihrer Forschung denken die Boku-Wissenscha­ftler global. Nicht nur geografisc­h, sondern auch im Sinn einer umfassende­n wissenscha­ftli- chen Herangehen­sweise an aktuelle abfallwirt­schaftlich­e Probleme: Die Forscher wollen technische, ökologisch­e sowie sozio-ökonomisch­e Ansätze vereinen. Dazu sind sie in ihrer Arbeit etwa auch in China und Vietnam unterwegs, wo sich durch den Wirtschaft­saufschwun­g auch das Konsumund damit das Wegwerfver­halten verändert hat. Die Abfallwirt­schaftler sammeln einerseits Daten, um die Situation zu erfassen. Anderersei­ts gibt es Austauschp­rogramme und Schulungen, um Methoden umweltgere­chter Verwertung und Entsorgung zu vermitteln. Huber-Humer: „Wir haben in Europa einen Wissensvor­sprung.“Diesen wolle man einbringen.

Die Österreich­er sammelten 2016 übrigens 85.000 Tonnen Elektrosch­rott – und kauften 207.000 Tonnen neue Geräte.

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