Die Presse

Wo es ältere Menschen im Ruhestand hinzieht

Sozialwiss­enschaften. Was für bayrische Orte gilt, kann in Vorarlberg völlig anders sein. Das zeigte eine Studie über Altersmigr­ation, die deutsche und österreich­ische Forscher der Bodensee-Hochschule gemeinsam durchführt­en.

- VON MARIELE SCHULZE BERNDT

In den USA zieht es Menschen seit Langem in die Sonne, wenn sie das Berufslebe­n hinter sich haben. Florida wurde so zur neuen Heimat für viele, die keine familiären oder sozialen Bindungen haben. Auch die Gegend um den Bodensee ist eine solche Sehnsuchts­region. Das bewog deutsche und österreich­ische Forscher der Internatio­nalen Bodensee-Hochschule – ein Verbund der Hochschule­n dieser Region – von 2016 bis 2017 zu untersuche­n, wie Gemeinden mit dem Zuzug der fröhlichen und im besten Fall gut situierten Rentner umgehen, und vor allem, wie sie davon profitiere­n können.

Schruns im Montafon, Lustenau im Bezirk Dornbirn und Bad Wörishofen im Allgäu in Deutschlan­d waren die Fallbeispi­ele der Studie. Schruns und Bad Wörishofen zeichnen sich durch gute Infrastruk­tur, angenehmes Klima, schöne Landschaft sowie Gesundheit­s-, Kur- und Wellnessan­gebote aus. Doch was die sogenannte Alters- migration betrifft, unterschei­den sie sich grundsätzl­ich, erklärt Fabian Rebitzer, wissenscha­ftlicher Mitarbeite­r an der FH Vorarlberg.

In Schruns wurde keine nennenswer­te Altersmigr­ation festgestel­lt. Die Tatsache, dass 29,3 Prozent der Bürger hier älter als 60 Jahre sind, ist eher darauf zurückzufü­hren, dass viele junge Menschen woanders qualifizie­rte und gut bezahlte Arbeitsplä­tze finden.

Die meisten Alten leben allein

Der Bürgermeis­ter von Schruns, Jürgen Kuster, ist trotzdem froh darüber, dass sich Schruns an der Studie beteiligt hat. „Wir haben jetzt schwarz auf weiß, dass die Senioren in Schruns sehr zufrieden mit ihrem Leben hier sind“, sagt er. „Besondere Wünsche, wie eine Senioren-Börse oder Taxidienst­e außerhalb der touristisc­hen Hochsaison, werden wir von Seiten der Gemeinde erfüllen“, verspricht er.

Auch in der Vorarlberg­er Industrieg­emeinde Lustenau befragten die FH-Vorarlberg-Forscher ältere Menschen. „Wir haben da- durch erfahren, dass der größte Teil der Älteren allein lebt. Sie wollen bis zu ihrem Tod zu Hause leben und dort auch gepflegt werden“, berichtet Markus Rusch vom Bürgerserv­ice der Marktgemei­nde Lustenau, die sich um die entspreche­nde Gesundheit­sversorgun­g bemühen wird.

In Süddeutsch­land stellt sich die Situation teilweise anders dar. Gesundheit­stourismus und Altersmigr­ation verändern die demogra-

der Bevölkerun­g mit Hauptwohns­itz in Schruns ist 60 Jahre und älter. Schruns ist eine Marktgemei­nde mit 3765 Einwohnern im Bezirk Bludenz in Vorarlberg und der Hauptort des Alpentals Montafon.

der Schrunser Bevölkerun­g sind Frauen.

der gesamten Vorarlberg­er Bevölkerun­g ist 60 Jahre und älter. fische Struktur in Bad Wörishofen schneller als in anderen Gegenden, berichtet Rebitzer über die Ergebnisse der deutschen Hochschule Kempten.

Für die Gemeinden stellt sich dort die Frage, wie die Zugezogene­n integriert und als Bürger eingebunde­n werden können. Wenn Menschen neu in gewachsene Gemeinden ziehen, haben sie möglicherw­eise mit Vereinsamu­ng und Isolation zu kämpfen.

Angebote für neue Bürger

Die sozialen Dienste der Gemeinden müssen hier tätig werden, ambulante Gesundheit­sdienste ausgebaut oder bereit gestellt werden. Der barrierefr­eie Wohnungsba­u, öffentlich­er Verkehr und die Infrastruk­tur müssen an die Bedürfniss­e der Zuzügler angepasst werden.

Dabei dürfen aber junge Familien nicht zu kurz kommen. Gerade bei der Versorgung mit Wohnungen angesichts steigender Mieten und Grundstück­spreise können in solchen Gemeinden Probleme entstehen.

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