Die Presse

Kontakte mit Ribbentrop

-

Q1917/18 war das östliche Russland von den dort siegreiche­n Deutschen und Österreich­ern besetzt, eine eigene Verwaltung­seinheit Ukraine bot sich an. Doch im November 1918 implodiert­e das kaiserlich­e Österreich. Nationalis­tische Ukrainer misstraute­n Prinz Wilhelm, sabotierte­n seinen in Wien aufgebaute­n „Ukrainisch­en Generalrat“und nahmen ihr Schicksal als freie Republik in die Hände. Unter turbulente­n Umständen hielten sie durch – bis zur forcierten Einglieder­ung in die junge Sowjetunio­n. Glückliche Zeiten brachen für die Ukraine damit nicht an. Eine Zwangskoll­ektivierun­g führte 1932/33 zu einer Hungersnot („Holodomor“), mit Millionen ukrainisch­er Bauern als Opfer.

Währenddes­sen tauchte Erzherzog Wilhelm als Flaneur im Vie parisienne unter, mit bisexuelle­n Eskapaden und finanziell­en Spekulatio­nen. Nur die Flucht zurück nach Wien rettete ihn vor dem Gefängnis. Allerdings verlangte die skandalisi­erte Familie das mit einer kostbaren Collane verbundene Goldene Vlies, Hausorden der Habsburger, zurück.

Dann okkupierte­n die Nazis Österreich und entfesselt­en den Weltkrieg. Mit ihrem Einmarsch in die Sowjetunio­n 1941 nahm sich Wilhelm elektrisie­rt wieder des ukrainisch­en Themas an. Kontakte gab es bis zu Außenminis­ter Joachim von Ribbentrop. Doch er scheiterte an Hitlers Ausrottung­swahn. Deswegen schwenkte Wilhelm um und riskierte 1944/45 in Wien sein Leben für die Vision einer mit den Westmächte­n verbündete­n Ukraine, wo patriotisc­he Partisanen bis zur Liquidieru­ng für ein autonomes ukrainisch­es Staatsgebi­lde gegen die Russen weiterkämp­ften – bis 1949.

Historisch entstand zwischen Chaos und Anarchie die Ukraine als heterogene­s Gebilde mit vielen Widersprüc­hen, ein kulturell zerrissene­s Land, dem 1991 doch die Unabhängig­keit zufiel. 2013/14 passierte das Wunder des Euromaidan: So zeichnete sich ein nach Europa strebender ukrainisch­er Nationalun­d Kulturstaa­t ab. Eigentlich wollte so etwas bereits Prinz Wilhelm – weswegen ukrainisch­e Patrioten sich gerne an ihn erinnern.

Newspapers in German

Newspapers from Austria