Hexameter müssen nicht quälen
QWie sehr sich das Deutsche gegen den Hexameter sperrt, haben Autoren schon im 18. Jahrhundert diskutiert. Auch Steinmanns Übersetzung zeigt wieder: Versöhnung ist möglich – um einen gewissen Preis, etwa die nicht ganz vermeidbaren Füllwörter. Bei Steinmann bleibt er aber denkbar klein. Und die Annäherung an die rhythmische Strenge des griechischen Originals macht die (am besten laute) Lektüre nicht schwieriger, eher sogar leichter. Außerdem bemüht sich Steinmann um moderat modernes Vokabular, meidet alles grammatikalisch Unübliche. Damit macht er Schadewaldts großartige Übersetzung nicht überflüssig, stellt ihr aber wohl Ebenbürtiges zur Seite.
Das Fehlen des griechischen Originals hat auch seinen Vorteil: Des Altgriechischen nicht mächtige potenzielle Leser – und das sind fast alle – zieht das wohl eher an. Die ziegelschwere Prachtausgabe des Manesse Verlags, groß wie ein Bildband, enthält dafür einige berückende Bilder. Sie stammen vom österreichischen Maler Anton Christian und zeigen eine Welt aus abgrundtiefem Blau und sengendem Rot, in die menschliche Körper geworfen sind. Durchbohrt, verzerrt, leidend, trauernd. Gliedmaßen, vor allem aber Gesichter – oder Schädel, die Grenze ist nicht klar. In all diesen Körpern, mögen sie noch so lebendig sein, steckt eben der Tod.
Homer Ilias Aus dem Altgriechischen von Kurt Steinmann. Nachwort von Jan Philipp Reemtsma. 576 S., 16 Illustrationen, Ln., € 101,80 (Manesse Verlag, München)