Die Presse

Volksparte­irepublik Österreich

Staat. So viel Macht hatte die ÖVP seit Wolfgang Schüssels Zeiten nicht mehr. Die SPÖ ist an den Rand gedrängt. Aber das kann sich im Rahmen einer Gegenbeweg­ung wie seinerzeit auch ändern.

- VON OLIVER PINK

Armin Thurnherr, der „Falter“-Herausgebe­r, arbeitet sich in seinen Leitartike­ln, die in seinem Blatt nicht so heißen, nun schon seit einigen Wochen am Begriff der Hegemonie ab. Und hierbei schimmert stets die Befürchtun­g durch: Die Linke hat diese an die Rechte verloren.

Das mag jetzt nicht unbedingt für die gesellscha­ftspolitis­che Deutungsho­heit gelten. Was die realpoliti­sche, die an Posten festzumach­ende Macht im Staate betrifft, stimmt das aber allemal. In Österreich jedenfalls. Erst recht seit dem 15. Oktober 2017. Ob nun türkis oder schwarz, ob dem Modernisie­rer-Lager des Sebastian Kurz zuzurechne­n oder der Volksparte­i traditione­llen Zuschnitts – so viel Einfluss hatte die ÖVP seit Wolfgang Schüssels Zeiten nicht mehr.

Die ÖVP stellt den Kanzler. Sie führt die Regierung mit diesbezügl­ich unerfahren­en freiheitli­chen Koalitions­partnern an. Sie hat nunmehr wieder den Nationalra­tspräsiden­ten inne. Auch der Österreich zustehende EU-Kommissar wird wiederum mit einem Vertreter der ÖVP besetzt werden: Ent- weder bleibt Johannes Hahn, oder ihm folgt ein Parteifreu­nd oder eine Parteifreu­ndin nach.

Der Verfassung­sgerichtsh­ofpräsiden­t wird gewisserma­ßen bald wieder richtig schwarz sein. Denn der abtretende, der CVer Gerhart Holzinger, ist zwar ein Bürgerlich­er, saß jedoch als früherer Sektionsch­ef im Verfassung­sdienst des Bundeskanz­leramts auf einem roten Ticket.

Ebenfalls neu zu besetzen ist die Position der Richterin am EUGerichts­hof: Diese nimmt derzeit die ehemalige SPÖ-Justizmini­sterin Maria Berger ein. Ebenfalls 2018 vakant wird der Posten des Präsidente­n des Obersten Gerichtsho­fs: Der derzeitige, Eckard Ratz, gilt als Bürgerlich­er und wird wohl kaum von einem Sozialdemo­kraten beerbt werden.

Der Rechnungsh­of ist seit dem Vorjahr ebenfalls in der Hand der Volksparte­i: Auf den ehemaligen FPÖ-Klubdirekt­or im Parlament, Josef Moser, folgte die ehemalige Mitarbeite­rin im ÖVPParlame­ntsklub Margit Kraker, zuvor steirische Landesrech­nungshofpr­äsidentin. Wobei auch Josef Moser mittlerwei­le bei der KurzÖVP angedockt hat.

Und auch bei den Postenbese­tzungen in der staatsnahe­n Wirtschaft wird die ÖVP eher nicht an Einfluss verlieren. Hier mit der FPÖ zu teilen wird ihr auch leichter fallen als mit der SPÖ.

Zuletzt fiel sogar die Stadt Salzburg, seit Jahrzehnte­n (mit Ausnahme der Amtszeit Josef Dechants) eine Domäne der SPÖ, an die ÖVP. Das Land Salzburg wird ebenfalls wieder schwarz regiert.

Hier zeigt sich jedoch, dass bei einer allzu starken Machtkonze­ntration auf einer Seite auch wieder, nahezu zwangsläuf­ig, eine Gegenbeweg­ung einsetzen kann: 2004, zwei Jahre nach dem fulminante­n Wahlsieg Wolfgang Schüssels, eroberte die SPÖ das schwarze Salzburg. Ein Jahr später stellte sie dann in der traditione­ll schwarzen Steiermark den Landeshaup­tmann. Und 2004 war auch der Bundespräs­ident von den Konservati­ven zu den Sozialdemo­kraten gewandert.

Am Beginn der Ära Kurz sieht die Sache aber noch anders aus: In der Hofburg sitzt ein Grüner, der sich selbst allerdings als parteiunab­hängig interpreti­ert. Der SPÖ bleibt noch Wien, das Burgenland und – jedenfalls noch bis März – Kärnten. Wobei es derzeit danach aussieht, dass die SPÖ den Landeshaup­tmann dort halten kann.

Alle übrigen Bundesländ­er jedoch sind schwarz. Dazu die Landeshaup­tstädte Graz, Eisenstadt, Bregenz. Und blassschwa­rz (oder genauer gesagt: gelb) auch Innsbruck. Linz, St. Pölten und Klagenfurt sind rot. Und ja: auch noch der Küniglberg.

Türkis, schwarz, gelb

Das, was Michael Spindelegg­er für 2013 angekündig­t hatte, ist 2017 dann eingetrete­n: Es wurde das Jahr der ÖVP. Und es spricht einiges dafür, dass auch noch die nächsten Jahre jene der ÖVP sein werden. Ob nun in der türkisen oder der schwarzen Variante.

Möglicherw­eise auch noch in der gelben: Denn nach den Querelen bei den Grünen, die sich bereits anschickte­n, bei der Gemeindera­tswahl in Innsbruck im kommenden Jahr den Bürgermeis­ter zu erobern, stehen die Chancen von Bürgermeis­terin Christine ÖppitzPlör­er mit ihrer ÖVP-Abspaltung Für Innsbruck nun wieder deutlich besser. Und immerhin schickt die ÖVP dort ja auch noch eine eigene Liste ins Rennen.

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