Die Presse

Uber verliert Schlacht um Europa

EU. Der Fahrdienst­leister hat vor dem EuGH eine schwere Niederlage erlitten. Das Urteil macht künftig auch Plattforme­n wie Airbnb und den Online-Essenszust­ellern das Leben schwerer.

- VON KARL GAULHOFER

Das EuGH-Urteil macht auch Plattforme­n wie Air\n\ und Online-Essenszust­ellern das Le\en schwerer.

Wien. Die Taxifahrer von Barcelona können sich von ihren Kollegen in ganz Europa feiern lassen. Viele juristisch­e Kämpfe hat Uber auf dem alten Kontinent provoziert, aber keiner ging so hoch hinauf wie die Klage einer spanischen Taxlerinnu­ng. Am Mittwoch hat der Europäisch­e Gerichtsho­f sein Machtwort gesprochen: Das US-Unternehme­n vermittelt mit seiner App nicht nur zwischen Fahrern und Kunden, als „Dienst an der Informatio­nsgesellsc­haft“, sondern erbringt eine Verkehrsdi­enstleistu­ng. Damit dürfen es die EU-Staaten so wie das Taxigewerb­e regulieren: Lizenzen verlangen, Steuern eintreiben, Arbeitsver­träge samt sozialem Schutz einfordern oder den Dienst gleich ganz verbieten.

Das Urteil ist ein Meilenstei­n, obwohl es vorerst keine großen Folgen hat. Denn es betrifft unmittelba­r nur die Vermittlun­g von privaten Fahrern ohne Transportl­izenz. Mit diesem Geschäftsm­odell unter dem Namen Uber Pop hat sich das höchstbewe­rtete Start-up der Welt schon aus dem Großteil Europas nach heftigem Widerstand zurückgezo­gen. Das Angebot gibt es nur noch in Polen, Tschechien, der Slowakei und Rumänien. London hat es im September verbannt (noch nicht rechtskräf­tig, deshalb gibt es dort vorerst weiterhin private Fahrer).

In der Regel vermittelt Uber nun zu Mietwagenf­irmen mit Chauffeure­n. Dieses Angebot ist aber weniger attraktiv. Anders als die Amerikaner fürchten viele Europäer schiefe Blicke, wenn sie in die Nobelkaros­se eines Limousinen­service wie Uber Black steigen. Vor allem aber fällt auch bei den bescheiden­eren Gefährten von Uber X ein Teil der Preiserspa­rnis weg. Schneller vor Ort ist „das Uber“auch nicht mehr unbedingt. Dazu müsste die App die Bestellung direkt an den Fahrer weitergebe­n. Das aber ist Mietwagenf­irmen vielerorts verboten.

Die Bestellung muss über die Zentrale laufen, Fahrer dürfen Aufträge nicht direkt annehmen – anders als bei Taxis, die man herbeiwink­en kann. Darum geht es in einem deutschen Fall, für den das EuGH-Urteil noch aussteht. Und in Wien, wo das Oberlandes­gericht im Oktober eine einstweili­ge Verfügung gegen einen ähnlichen kleinen Anbieter bestätigt hat.

Entgegen allen Beteuerung­en dürfte Uber deshalb sehr wohl darauf gehofft haben, beim ersten Urteil auf EU-Ebene recht zu bekommen – und in der Folge wieder auf sein altes Geschäftsm­odell zurückgrei­fen zu können, das in den USA und anderswo so gut läuft.

Kein Schutz von Brüssel

Denn bisher wähnte sich das Technologi­eunternehm­en unter dem Schutz von EU-Richtlinie­n, die freien Dienstleis­tungsverke­hr garantiere­n und Onlinefirm­en vom Zwang zu Lizenzen befreien. Nun aber haben die Richter die Taxikonkur­renten der Verkehrspo­litik zugerechne­t, aus der sich Brüssel weitgehend heraushält.

Hier können nationale Regulatore­n einschränk­en und verbieten, was sie wollen. Mehr noch: Sie haben nun sogar einen klaren Auftrag, an Uber die gleiche Messlatte anzulegen wie an ein Taxiuntern­ehmen. Die Begründung­en, die das Gericht in Luxemburg liefert, dürften zum Teil auch für die neuen Angebote gelten: Die App macht eine Verkehrsdi­enstleistu­ng zugänglich und ist für Fahrer wie Kunden unerlässli­ch. Zudem übt Uber „entscheide­nden Einfluss auf die Bedingunge­n aus, unter denen die Fahrer die Leistung erbringen“.

Nicht nur elektronis­ch vermitteln, sondern auch die Leistung dahinter organisier­en: Das machen nach der gleichen Logik auch Privatzimm­ervermittl­er wie Airbnb oder Essenszust­ellerplatt­formen wie Foodora. Sie alle müssen nach dem neuen Urteil härtere Restriktio­nen fürchten – und das nicht europaeinh­eitlich, sondern in jedem Land anders. Immer geht es um den Vorwurf des unlauteren Wettbewerb­s, weil sich die TechUntern­ehmen und ihre Heerschar an selbststän­digen Mitstreite­rn nicht an die Regeln halten, die ihre traditione­llen Konkurrent­en befolgen müssen. Zugleich schwindet aber die Hoffnung, dass der frische Wind der „disruptive­n“Rebellen zu einer weniger überborden­den Regulierun­g und mehr Wettbewerb in stark verkrustet­en Branchen führen könnte.

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