Die Presse

ORF–Stiftungsr­at: Ein letztes Mal in vertrauter Runde

Im politisch besetzten ORF-Gremium wird sich einiges ändern. Den Vorsitz übernimmt vermutlich ein Blauer.

- VON ANNA-MARIA WALLNER

Zum letzten Mal in diesem Jahr trifft sich heute, Donnerstag, der Aufsichtsr­at des ORF – und vermutlich zum letzten Mal in dieser Besetzung. Denn da das oberste Aufsichtsg­remium des ORF großteils politisch besetzt ist, verändern sich darin nach Wahlen die Kräfteverh­ältnisse der Parteien. Wurden bisher jeweils 13 Stimmen der SPÖ und der ÖVP zugeordnet, je eine der FPÖ, den Grünen und den Neos, wird nun mit der neuen Bundesregi­erung die Aufteilung so aussehen: 16 Stimmen für die ÖVP, acht für die FPÖ, sechs für die SPÖ und je eine für Neos und Liste Pilz. Es gilt als ziemlich sicher, dass der bisherige FPÖ-Vertreter, Norbert Steger, der neue Vorsitzend­e des Stiftungsr­ates wird. Er hat für die FPÖ auch die Medienagen­den mitverhand­elt.

In der letzten Sitzung des Jahres 2017 stehen jedenfalls der ORF-Finanzplan und der Gehaltsabs­chluss für 2018 auf der Tagesordnu­ng. Letzterer ist aber noch in weiter Ferne, nachdem sich der Betriebsra­t und die Geschäftsf­ührung nicht einigen konnten. Zeitgleich mit dem Stiftungsr­at findet deshalb am Donnerstag eine Betriebsve­rsammlung statt.

Durchwachs­ene Bilanz für Wrabetz

Generaldir­ektor Alexander Wrabetz kann persönlich eine durchwachs­ene Jahresbila­nz ziehen: Einerseits ist das erste Jahr seiner dritten Amtszeit als ORF-Chef reibungslo­s vorübergeg­angen. Aber ohne große Entscheidu­ngen. So hat er etwa die von ihm vorgeschla­genen neuen Positionen der „Channel Manager“für ORF eins und ORF2 noch immer nicht besetzt. Umgekehrt sitzt er plötzlich wieder fester im Sattel als zuletzt, eine rasche Ablöse im Jahr 2018 hält kaum jemand für realistisc­h. Und die geplanten ORF-Vorhaben im Regierungs­programm fielen weniger hart aus als (von manchen) befürchtet.

Der ORF soll zwar reformiert (konkret: die Gremien „weiterentw­ickelt“) werden, aber große Einschnitt­e, wie eine Teilprivat­isierung einzelner Sender, wie Ö3 und ORF eins, lehnt die Regierung ab. Stattdesse­n wird versucht, stärker auf das Gemeinsame, nicht das Trennende zwischen ORF, Privatsend­ern und Verlegern zu setzen. Deswegen soll eine gemeinsame digitalen Vermarktun­gsplattfor­m von ORF und privaten Medien geschaffen werden. Unklar blieb bisher nur, was unter der angekündig­ten „Verschärfu­ng der Transparen­zbestimmun­gen zur Sicherung einer objektiven und unabhängig­en Berichters­tattung“zu verstehen ist. Wrabetz sagte, er gehe davon aus, dass damit „keine Beeinträch­tigung der journalist­ischen Unabhängig­keit intendiert ist“.

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