Josef Moser: „Vor mir fürchtet sich niemand2
Interview. Der Reform- und Justizminister will Gesetze entsorgen. Verschärfung des Strafrechts sei doch nicht fix.
Die Presse: Schon vor zehn Jahren haben Sie als Rechnungshofpräsident der Regierung 206 Reformvorschläge übergeben. Wie viele davon setzen Sie jetzt um? Josef Moser: Bei meinem Ausscheiden aus dem Rechnungshof habe ich dann sogar 1007 Vorschläge unterbreitet. Sie sollen darauf hinweisen, dass wir etwas tun müssen, um Österreich wettbewerbsfähig zu machen.
Und wie viele Ihrer Vorschläge werden Sie nun umsetzen? Man braucht immer Partner dafür. Aber das Bewusstsein für Reformen ist da. Gerade in den Bereichen Gesundheit, Pflege, Soziales und Bildung soll es Ergebnisse geben.
Nun sind Sie der Reformminister, aber die großen Reformen müsste man etwa im Wirtschafts- oder Finanzministerium angehen. Wird das ihre Kollegen nicht stören, wenn Sie da mitreden? Es ist ein Team, das sich gebildet hat. Und dieses Team steht für Reformen. Der Verfassungsbereich ist bei mir angesiedelt. Und das ist jener Bereich, der nicht nur hilft, dass Verwaltungsreformen durchgeführt werden, sondern durch den künftig auch klar festgeschrieben sein soll, wer in welchem Bereich für das Ergebnis verantwortlich ist.
Es heißt, die Länder hätten verhindert, dass sie ein mächtigeres Ministerium bekommen. Fürchten sich die Länder zu Recht vor Ihnen? Vor mir fürchtet sich sicher niemand. Ich bin nur jemand, der anhand von Fakten und Zahlen aufzeigt, was zu tun ist.
Im Regierungsprogramm steht wenig konkret, dass jede Gebietskörperschaft das machen soll, was sie am besten kann. Und für diese Erkenntnis hat es eine Reformregierung gebraucht? Das soll zum Ausdruck bringen, dass wir die Kompetenzzersplitterung, die wir derzeit haben, überwinden müssen. Und das erste Projekt, das ich im Jänner starten werde, ist ein Rechtsbereinigungsprojekt. Die Bürger finden sich im Bürokratiedschungel nicht zurecht. Was man nicht mehr im Gesetz braucht, soll hinausgeschmissen werden.
Nach dem VfGH-Erkenntnis würde es ab 2019 die Ehe und die Eingetragene Partnerschaft sowohl für Homo- als auch für Heterosexuelle geben. Soll man die Eingetragene Partnerschaft beibehalten, oder reicht es, wenn es die Ehe für alle gibt? Das ist Sache des Parlaments, wie man damit umgeht, und nicht des Justizressorts.
Das Familienrecht ist aber schon eine Kernaufgabe eines Justizministers. Ja, aber dieser Bereich hat die Ebene des Parlaments erreicht, und die Entscheidung soll von diesem getroffen werden.
Laut Regierungsprogramm, soll es eine weitere Verschärfung bei Gewalt- und Sexualdelikten geben, obwohl die letzte Verschärfung erst 2016 vorgenommen wurde. Wäre es nicht besser, erst einmal die Urteile zur neuen Rechtslage abzuwarten? Genau das tun wir. Es wird jetzt erst einmal geschaut, wie sich die Novelle auswirkt, um dann sagen zu können, wo ist es nötig nachzuschärfen. Das ist ein Bereich, in dem besondere Sensibilität nötig ist.
Im ÖVP-Wahlkampf klang das anders, so, als wären Verschärfungen jedenfalls nötig. Ich bin Justizminister, und ich gehe sehr sorgsam mit der Materie um.
Im Asylrecht soll die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) abgeschafft werden. Ist das nicht ein Rückbau des Rechtsstaats in einer existenziellen Frage? Wir sehen uns derzeit mit den Experten des Hauses die Vor- und die Nachteile an, wir sind hier also gerade in der Analysephase.
Wir dürfen Ihnen sagen, dass es immer wieder Entscheidungen des VwGH gibt, in denen außerordentliche Revisionen im Asylrecht zum Erfolg führen, also es Fehler des Bundesverwaltungsgerichts gab. Es geht darum, dass man die bisherigen Verfahren heranzieht, um zu sagen, welche Schritte sollen gesetzt werden, ohne den Rechtschutz einschränken zu müssen.
Die direkte Demokratie soll erst 2022 und mit sehr hohen Hürden kommen. Hat die Regierung nun doch Angst vor Gesetzesbeschlüssen durch das Volk bekommen? Ich bin einer, der gern auf das Volk hört. Man muss aber in dem Bereich mit viel Sensibilität vorgehen. Den nun vorgesehenen Stufenschritt finde ich gut.
Sollte die Koalition schon vorher von sich aus das Volk befragen, etwa zur strittigen Rücknahme des Nichtraucherschutzes? Bei der Frage ist gerade die Beurteilung abgewickelt worden, und das Regierungsprogramm liegt auf dem Tisch.