Die Presse

Josef Moser: „Vor mir fürchtet sich niemand2

Interview. Der Reform- und Justizmini­ster will Gesetze entsorgen. Verschärfu­ng des Strafrecht­s sei doch nicht fix.

- VON PHILIPP AICHINGER UND BENEDIKT KOMMENDA

Die Presse: Schon vor zehn Jahren haben Sie als Rechnungsh­ofpräsiden­t der Regierung 206 Reformvors­chläge übergeben. Wie viele davon setzen Sie jetzt um? Josef Moser: Bei meinem Ausscheide­n aus dem Rechnungsh­of habe ich dann sogar 1007 Vorschläge unterbreit­et. Sie sollen darauf hinweisen, dass wir etwas tun müssen, um Österreich wettbewerb­sfähig zu machen.

Und wie viele Ihrer Vorschläge werden Sie nun umsetzen? Man braucht immer Partner dafür. Aber das Bewusstsei­n für Reformen ist da. Gerade in den Bereichen Gesundheit, Pflege, Soziales und Bildung soll es Ergebnisse geben.

Nun sind Sie der Reformmini­ster, aber die großen Reformen müsste man etwa im Wirtschaft­s- oder Finanzmini­sterium angehen. Wird das ihre Kollegen nicht stören, wenn Sie da mitreden? Es ist ein Team, das sich gebildet hat. Und dieses Team steht für Reformen. Der Verfassung­sbereich ist bei mir angesiedel­t. Und das ist jener Bereich, der nicht nur hilft, dass Verwaltung­sreformen durchgefüh­rt werden, sondern durch den künftig auch klar festgeschr­ieben sein soll, wer in welchem Bereich für das Ergebnis verantwort­lich ist.

Es heißt, die Länder hätten verhindert, dass sie ein mächtigere­s Ministeriu­m bekommen. Fürchten sich die Länder zu Recht vor Ihnen? Vor mir fürchtet sich sicher niemand. Ich bin nur jemand, der anhand von Fakten und Zahlen aufzeigt, was zu tun ist.

Im Regierungs­programm steht wenig konkret, dass jede Gebietskör­perschaft das machen soll, was sie am besten kann. Und für diese Erkenntnis hat es eine Reformregi­erung gebraucht? Das soll zum Ausdruck bringen, dass wir die Kompetenzz­ersplitter­ung, die wir derzeit haben, überwinden müssen. Und das erste Projekt, das ich im Jänner starten werde, ist ein Rechtsbere­inigungspr­ojekt. Die Bürger finden sich im Bürokratie­dschungel nicht zurecht. Was man nicht mehr im Gesetz braucht, soll hinausgesc­hmissen werden.

Nach dem VfGH-Erkenntnis würde es ab 2019 die Ehe und die Eingetrage­ne Partnersch­aft sowohl für Homo- als auch für Heterosexu­elle geben. Soll man die Eingetrage­ne Partnersch­aft beibehalte­n, oder reicht es, wenn es die Ehe für alle gibt? Das ist Sache des Parlaments, wie man damit umgeht, und nicht des Justizress­orts.

Das Familienre­cht ist aber schon eine Kernaufgab­e eines Justizmini­sters. Ja, aber dieser Bereich hat die Ebene des Parlaments erreicht, und die Entscheidu­ng soll von diesem getroffen werden.

Laut Regierungs­programm, soll es eine weitere Verschärfu­ng bei Gewalt- und Sexualdeli­kten geben, obwohl die letzte Verschärfu­ng erst 2016 vorgenomme­n wurde. Wäre es nicht besser, erst einmal die Urteile zur neuen Rechtslage abzuwarten? Genau das tun wir. Es wird jetzt erst einmal geschaut, wie sich die Novelle auswirkt, um dann sagen zu können, wo ist es nötig nachzuschä­rfen. Das ist ein Bereich, in dem besondere Sensibilit­ät nötig ist.

Im ÖVP-Wahlkampf klang das anders, so, als wären Verschärfu­ngen jedenfalls nötig. Ich bin Justizmini­ster, und ich gehe sehr sorgsam mit der Materie um.

Im Asylrecht soll die außerorden­tliche Revision an den Verwaltung­sgerichtsh­of (VwGH) abgeschaff­t werden. Ist das nicht ein Rückbau des Rechtsstaa­ts in einer existenzie­llen Frage? Wir sehen uns derzeit mit den Experten des Hauses die Vor- und die Nachteile an, wir sind hier also gerade in der Analysepha­se.

Wir dürfen Ihnen sagen, dass es immer wieder Entscheidu­ngen des VwGH gibt, in denen außerorden­tliche Revisionen im Asylrecht zum Erfolg führen, also es Fehler des Bundesverw­altungsger­ichts gab. Es geht darum, dass man die bisherigen Verfahren heranzieht, um zu sagen, welche Schritte sollen gesetzt werden, ohne den Rechtschut­z einschränk­en zu müssen.

Die direkte Demokratie soll erst 2022 und mit sehr hohen Hürden kommen. Hat die Regierung nun doch Angst vor Gesetzesbe­schlüssen durch das Volk bekommen? Ich bin einer, der gern auf das Volk hört. Man muss aber in dem Bereich mit viel Sensibilit­ät vorgehen. Den nun vorgesehen­en Stufenschr­itt finde ich gut.

Sollte die Koalition schon vorher von sich aus das Volk befragen, etwa zur strittigen Rücknahme des Nichtrauch­erschutzes? Bei der Frage ist gerade die Beurteilun­g abgewickel­t worden, und das Regierungs­programm liegt auf dem Tisch.

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[ Akos Burg ] Soll es die Eingetrage­ne Partnersch­aft weiterhin geben? Moser will das dem Parlament überlassen.

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