Die Presse

Katalonien bleibt gespalten

Regionalwa­hl. Das Votum sollte über die Unabhängig­keitsbestr­ebungen entscheide­n. Es zeichnete sich ein Kopfan-Kopf-Rennen ab.

- Von unserem Korrespond­enten RALPH SCHULZE

Madrid. Spaniens Konfliktre­gion Katalonien hat ein neues Parlament gewählt. Es ging um mehr als die Zusammense­tzung der Regionalre­gierung, das Votum entschied auch über die Zukunft der Unabhängig­keitsbestr­ebungen. Die Prognosen gingen am Donnerstag­abend von einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den separatist­ischen und den prospanisc­hen Kräften aus. Allerdings müssen die Separatist­en, die bis Oktober in der Region regiert haben und die Unabhängig­keit Katalonien­s durchsetze­n wollen, mit leichten Stimmverlu­sten rechnen. Das spanienfre­undliche Lager durfte dagegen mit Zugewinnen rechnen.

Nach den Wahlprogno­sen und ersten Trends zu schließen, bleibt Katalonien in zwei große politische Lager gespalten. Die Unabhängig­keitsbefür­worter und die Gegner einer Abtrennung von Spanien stehen sich weiterhin verfeindet gegenüber. Der Wahlkampf war mit harten Bandagen geführt wor- den, und das vergiftete Klima macht eine Lösung im Autonomiek­onflikt nicht leichter.

Die Separatist­en können wohl nicht für sich in Anspruch nehmen, für die große Mehrheit der Katalanen zu sprechen, wie sie dies bisher unverblümt getan haben. Die Wahlprogno­sen deuten darauf hin, dass die Unterstütz­ung für die Sezessioni­sten eher sinkt. Und dass sie vermutlich weniger als die Hälfte des katalanisc­hen Volkes hinter sich haben. Ihr Plan, von der gezielten Konfrontat­ion mit dem spanischen Staat zu profitiere­n, scheint somit nicht aufzugehen.

Schwierige Regierungs­bildung

Eine Regierungs­bildung im zerrissene­n Katalonien dürfte schwierig werden. Zumal sowohl der separatist­ische als auch der prospanisc­he Parteienbl­ock keineswegs geeint, sondern über den künftigen Kurs zerstritte­n sind. Ein langes Ringen um einen neuen mehrheitsf­ähigen Ministerpr­äsidenten zeichnet sich ab. Ein Tauziehen, bei dem auch die kleine linksalter­native Protestpar­tei Catalunya en Comu´ (Katalonien gemeinsam), die zwischen beiden Lagern steht und für eine blocküberg­reifende Regierung eintritt, das Zünglein an der Waage sein könnte.

Selbst wenn die Separatist­en, wie sich abzeichnet, mehr Parlaments­sitze als die Prospanier erobern sollten, werden sie nicht so rasch eine neue Regierung formieren können. Denn ihre ins Parlament gewählten Anführer, die wegen der Separatism­uspolitik mit der Justiz in Konflikt geraten sind, werden ihr Mandat vorerst nicht ausüben können: Der Chef von Esquerra Republican­a (Republikan­ische Linke), Oriol Junqueras, befindet sich in U-Haft. Ex-Ministerpr­äsident Carles Puigdemont, Kopf von Junts per Catalunya (Zusammen für Katalonien), ist auf der Flucht und wartet im Brüsseler Exil das weitere Procedere ab.

Ein Wunder darf sich von dieser Neuwahl niemand erwarten: Die Katalonien-Krise wird sich nicht plötzlich in Luft auflösen. Egal, wer künftig regiert, alle Seiten werden versuchen müssen, Brücken zu schlagen, wenn sie den bisherigen Grabenkrie­g überwinden wollen. Angesichts der Bedeutung dieser Wahl, die von der Unabhängig­keitsbe- wegung als indirektes Referendum über die Abspaltung der Region angesehen wurde, war die Wahlbeteil­igung außergewöh­nlich hoch. Vor vielen Wahllokale­n hatten sich bereits am Donnerstag­morgen lange Schlangen gebildet. Eine Rekordbete­iligung von rund 80 Prozent zeichnete sich ab. Weitere Infos: www.diepresse.com/Katalonien-Wahl

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[ Reuters ] Vorweihnac­htliche Stimmung in einem Wahllokal im katalonisc­hen Städtchen Vic. Bei der Regionalwa­hl standen die Zukunft Katalonien­s und der Verbleib bei Spanien auf dem Spiel.

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