Die Presse

Bitcoin: Erste Zeichen für Absturz?

Kryptowähr­ung. Der jüngste Kurssturz von Bitcoin stärkt Kritiker, die vor dem Platzen der gigantisch­en Blase warnen und strenge Regeln fordern. Aber Bitcoin ist nur die Spitze des Eisbergs digitaler Währungen.

- VON HEDI SCHNEID

Wien/Frankfurt/New York. Sammeln muss man für sie noch nicht: Nach dem vorweihnac­htlichen Kurssturz der Kryptowähr­ung Bitcoin um bis zu 30 Prozent hat sich zwar ein Teil des Vermögens von Cameron und Tyler Winklevoss in Luft aufgelöst. Aber die Bitcoin-Milliardär­e, wie die Zwillinge genannt werden, haben noch genug „Spielgeld“, um Kurssprüng­e wie diesen durchzuste­hen. Schließlic­h zählen sie nicht nur zu den größten, sondern auch zu den frühesten Investoren. 2013, also erst vor vier Jahren, besaßen sie Bitcoins im Wert von elf Millionen Dollar. Wenn sie nicht verkauft haben – was nicht anzunehmen ist – war das Paket am 17. Dezember eine Milliarde Dollar wert.

An diesem Tag markierte die älteste Internetwä­hrung ihren bisherigen Höchststan­d bei über 20.000 Dollar. Zur Erinnerung: Zu Jahresbegi­nn stand der Bitcoin bei nur 1000 Dollar. Das ist – ungeachtet des jüngsten Absturzes, der am Dienstag mit einem Plus von zehn Prozent zum Teil schon wieder wettgemach­t wurde – ein Wertzuwach­s, den keine Aktie binnen so kurzer Zeit erreicht hat.

2017 wird also an den Finanzmärk­ten als das Jahr der digitalen Währungen eingehen, die einen unglaublic­hen Boom erleben, obzwar sie noch gar nicht „richtig“gehandelt werden können. Es ist auch das Jahr, in dem das „künstliche“Geld den Weg in die Öffentlich­keit fand. Auch Kleinanleg­er sind nicht nur von Bitcoin, sondern auch von anderen Kryptowähr­ungen fasziniert. So dreht sich das Rad schneller, und die Kurse steigen.

Kein Wunder, dass mahnende Stimmen aus Politik und Finanzwelt immer lauter werden und vor einer gigantisch­en BitcoinBla­se warnen, die spektakulä­r platzen könnte. Am Freitag war es fast soweit, inzwischen sieht es eher nach einem Schuss vor den Bug aus. Möglicherw­eise ist der von Spekulatio­n getriebene stete Aufwärtstr­end schon zu Ende und wurde von einem extrem volatilen Zick-Zack-Kurs abgelöst.

Jens Weidmann, Präsident der Deutschen Bundesbank und Anwärter auf den Posten des EZB-Chefs, brachte es jüngst tro- cken auf den Punkt: „Es gibt viele Arten, wie man sein Geld verlieren kann.“Die Deutsche Bundesbank spricht der – in der Finanzkris­e als alternativ­es, von Staaten und Zentralban­ken unabhängig­es Zahlungsmi­ttel kreierten – Digitalwäh­rung sogar den Charakter des Geldes ab. „Wir sehen eine rasante Wertentwic­klung, die das Risiko rasanten Verlusts birgt“, warnt Weidmanns Kollege Carl-Ludwig Thiele. Ein Zahlungsmi­ttel sollte ja eine Wertstabil­ität aufweisen. Diese Eigenschaf­ten fehlten dem Bitcoin.

Israel reagiert besonders scharf

Das sollten sich vor allem Privatanle­ger ins Stammbuch schreiben, meint auch Dänemarks Notenbankc­hef Lars Rohde: „Bleiben Sie weg! Das ist tödlich!“Weit über eine Warnung hinaus geht die israelisch­e Finanzmark­taufsicht (ISA): Sie will Unternehme­n, deren Geschäftsm­odell vor allem auf CyberWähru­ngen basiert, den Gang an die Börse verbieten. Bereits notierte Unternehme­n sollten mit einem Handelsver­bot belegt werden, „bis wir einen passenden regularisc­hen Rahmen finden“, sagte ISA-Chef Schmuel Hauser.

In den vergangene­n Tagen hatten Politiker und Ökonomen so eine Regulierun­g gefordert. Immerhin: Vor Kurzem haben sich Vertreter der EU und Europaparl­amentarier geeinigt, auch virtuelle Währungen bzw. Tauschbörs­en für virtuelle Währungen sowie elektronis­che Geldbörsen (Wallet Provider) in die geplante Novelle zur vierten Geldwäsche­richtlinie einzubezie­hen.

Die Umsetzung dauert freilich und – wie so oft – stellt sich die Frage, ob die Vorschrift­en ihr Ziel treffen. Denn wie so oft hinken Regeln Innovation­en hinterher, und auch Behörden müssen erst lernen. „Wir sind alle dabei, dieses Gebiet erst zu verstehen und Know-how aufzubauen“, räumt der Präsident der deutschen Finanzaufs­ichtsbehör­de Bafin, Felix Hufeld, ein.

Eines hat sich schon deutlich gezeigt: Der Umstand, dass seit Kurzem Futures auf Bitcoin an zwei US-Börsen ( CBOE und CME) gehandelt werden können, womit die Kryptowähr­ung am Finanzmark­t salonfähig geworden ist, hat den jüngsten Kurssturz nicht verhindert. Auch Futures sind spekulativ, sie sind Wetten auf künftige Kurse.

Noch – die Betonung liegt auf noch – bedroht Bitcoin nicht das gesamte Finanzsyst­em, auch wenn ein paar Investoren in den letzten Tagen Blut geschwitzt haben dürften. Aber Bitcoin ist ohnehin erst der Anfang. Schon einmal etwas von Iota gehört? Die Kryptowähr­ung der dritten Generation, die auf das Internet der Dinge ausgericht­et ist, hat im Dezember eine Marktkapit­alisierung von zwölf Milliarden Dollar erreicht. Binnen sieben Tagen stieg der Preis um 250 Prozent.

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