Wo die ÖVP nicht türkis, sondern tiefschwarz ist
Analyse. Die Kärntner ÖVP kann den Schwung aus dem Wahlsieg auf Bundesebene nicht mitnehmen. Der Konkurrent des sozialdemokratischen Landeshauptmanns, Peter Kaiser, heißt somit nicht Christian Benger (ÖVP), sondern Gernot Darmann (FPÖ).
Wien. 26,8 Prozent hat die Kärntner ÖVP bei der Nationalratswahl erreicht, um 12,4 Prozentpunkte mehr als bei der Landtagswahl 2013. Wenn am 4. März kommenden Jahres der Landtag neu gewählt wird, ist eine Wiederholung dieses Erfolgs aber äußerst unwahrscheinlich. Denn in Kärnten hat der Wandel von schwarz zu türkis, von der alten zur neuen KurzÖVP, noch nicht stattgefunden.
„Den Schwung aus der Nationalratswahl kann die Kärntner ÖVP nicht mitnehmen“, unkt ein Kenner der Landespartei. Dafür hätte man das Personal austauschen müssen. Parteichef Christian Benger tritt aber mit jenem schwarzen Parteiestablishment an, das in Kärnten noch nie für sonderliche Erfolge gut war.
Dass die Parteispitze immer noch mit Vorliebe im Kärntner Anzug und Dirndl auftritt, während die FPÖ – bei ähnlichem ideologischen Background – längst schon zu legererem Erscheinungsbild gefunden hat, symbolisiert einiges.
In Erinnerung geblieben ist von der Kärntner ÖVP in den vergangenen fünf Jahren vor allem eine Aktion: Dass man die Erwähnung der slowenischen Volksgruppe in der Landesverfassung verhindern wollte. Parteichef Benger sei da von seinen Bürgermeistern hineingetrieben worden, heißt es in der Partei. Wählerzustimmung hat das kaum gebracht, wohl aber das Image einer gestrigen Partei verfestigt.
Parteichef Sebastian Kurz hat in seiner Kärntner Landesorganisation bisher nicht eingegriffen. Seine Vertraute, Umweltministerin Elisabeth Köstinger, war zwar Spitzenkandidatin bei der Nationalratswahl, sonst aber lässt man die lokalen Funktionäre werken. Auch das hat Tradition: Bundeskanzler Wolfgang Schüssel betrachtete einst Kärnten als Haider-Land, wo er seinem Koalitionspartner nicht all zu große Konkurrenz machen wollte.
FPÖ hat sich wieder erholt
So könnte es auch diesmal laufen: Die FPÖ hat sich von ihrem historischen Wahldebakel im Jahr 2013, als sie von 44 auf 16 Prozent abgestürzt ist, wieder erholt. Bei der Nationalratswahl war sie wieder die Nummer eins in Kärnten, auch bei der Bundespräsidentenwahl hatte Norbert Hofer die Nase vorn. Dass es bei der Landtagswahl wieder für Platz eins reicht, ist allerdings unwahrscheinlich.
Zum einen hat SPÖ-Chef Peter Kaiser als Kärntner Landeshauptmann in den vergangenen fünf Jahren gute Figur gemacht, das dürfte bei der Landtagswahl honoriert werden. Zum anderen treten die Freiheitlichen mit einem relativ unbekannten Spitzenkandidaten an: Gernot Darmann ist erst seit 2016 Parteichef, davor war er im Nationalrat.
Trotzdem könnte es für ihn mit ÖVP-Unterstützung reichen, denn Peter Kaiser kommen die Koalitionspartner abhanden. Die Grünen, die 2013 mit 12,1 Prozent noch einen historischen Erfolg gefeiert haben, sind intern zerstritten und haben sich gespalten. Ob sie wieder in den Landtag einziehen werden, ist fraglich.
Das gilt auch für das Team Stronach, das als Team Kärnten antreten wird. Parteichef Gerhard Köfer ist ein ehemaliger SPÖ-Spitzenfunktionär – was aber nicht heißt, dass er automatisch einen SPÖ-Landeshauptmann unterstützen würde.
Die SPÖ weiß das – und warnt entsprechend vor einer Neuauflage der freiheitlichen Regierungsverantwortung, die beim ersten Mal zu etlichen Korruptionsskandalen und zur Fast-Pleite des Landes geführt hätte. Ob das reicht, um den Landeshauptmannsessel zu retten, wird sich zeigen.