Wirkliche Popgrößen verweigern einen Israelboykott
Die neuseeländische Sängerin Lorde hat ihr Konzert in Tel Aviv abgesagt. Das ist ein kleiner Erfolg für die BDS-Bewegung.
Zuletzt kritisierte Roger Waters die Band Radiohead dafür, dass sie in Tel Aviv auftrat.
Nach langen Überlegungen hat die neuseeländische Popsängerin Lorde dem Druck nachgegeben: Sie folgte der Kampagne BDS („Boycott, Divestment, Sanctions“), die den Staat Israel wirtschaftlich, politisch und kulturell isolieren will, und sagte ihr für den 5. Juni 2018 geplantes Konzert ab. Sie habe „eine überwältigende Zahl von Nachrichten und Briefen bekommen“, erklärte sie – und wandte sich direkt an die Stadt: „Tel Aviv, es war jahrelang mein Traum, diesen wunderschönen Teil der Welt zu besuchen, und es tut mir aufrichtig leid, meine Zusage, für euch zu spielen, zu widerrufen. Ich hoffe, eines Tages können wir alle tanzen.“Die israelische Kulturministerin Miriam Regev bedauerte die Absage und forderte – in Anspielung auf den Titel des ersten Albums von Lorde, „Pure Heroine“– diese auf, eine „reine Heldin der Kultur“zu sein und ihre Entscheidung zu revidieren.
BDS steht in einer unrühmlichen Tradition: dem 1945 – nach dem Vorbild des Boykotts jüdischer Geschäfte im NS-Deutschland 1933 – von der Arabischen Liga beschlossenen Boykott gegen „jüdische Produkte“, der 1948 auf den neu gegründeten Staat Israel und alle, die mit ihm handeln, ausgedehnt wurde. BDS, 2005 gegründet, vergleicht Israel mit Südafrika unter der Apartheid, etliche seiner Vertreter nennen Israel rassistisch und sprechen ihm das Existenzrecht ab.
Unter den prominenten Vertretern von BDS ist die Gendertheoretikerin Judith Butler, aber auch der britische Filmemacher Ken Loach; im Popbereich engagiert sich besonders ExPink-Floyd-Bassist Roger Waters für einen Boykott Israels, 2013 leistete er sich die Geschmacklosigkeit, bei seinen Shows einen Davidstern auf ein aufblasbares Schwein zu projizieren.
Waters kritisierte zuletzt die Band Radiohead heftig, als sie im Juli 2017 in Tel Aviv auftrat. Er würde auch Trump nicht unterstützen, sagte RadioheadSänger Thom Yorke, dennoch singe er in den USA. Waters warf Yorke darauf „whining“(Jammern) vor und erklärte: „Meine Antwort an Leute, die sagen, wir sollten nach Israel gehen und dort am Lagerfeuer sitzen und Lieder singen: Nein, das sollten wir nicht.“Den Boykottaufrufen von BDS folgten u. a. Elvis Costello und Carlos Santana; die wirklich Großen allerdings, von Paul McCartney über Madonna bis Depeche Mode und Nick Cave, ließen sich nicht abhalten. Ex-Sex-Pistols-Sänger John Lydon fand 2010 derbe Worte, um sein Konzert in Israel mit seiner Kritik an der dortigen Regierung zu verbinden: „I’m here to say, ,People of Israel, I support you 100 percent. As for your government, they can fuck off.‘“
Eine Frage drängt sich auf: Warum hört man kaum je von Boykottaufrufen für Konzerte in durchaus repressiven islamischen Staaten? Eine schlichte Antwort ist, dass Konzerte westlicher Popbands dort sowieso nicht stattfinden (dürfen).