Starregisseur Robert Dornhelm
Fernsehen. Heute und morgen läuft im ORF Robert Dornhelms Zweiteiler „Maria Theresia“. Mit der „Presse“sprach der Regisseur über seine weibliche Seite, verfälschte Geschichtsschreibung und sein Unverständnis für sexuelle Belästiger.
„Die Presse“: ORF-Fernsehdirektorin Kathrin Zechner sagt, Sie hätten mit „Maria Theresia“ihre „zutiefst weibliche Seite“gezeigt. Ist Ihnen das schwer gefallen? Robert Dornhelm: Zechner wollte eine Regisseurin. Ich habe ihr das vorgeworfen und gesagt: Ich kann Dir zeigen, wie viel Weiblichkeit in mir steckt. Ich habe genausoviele feminine Seiten wie männliche. Das hat doch jeder Mensch. Obwohl: Ich kenne schon ein paar Macho-Bastarde . . .
Wie macht sich dieser Zug bemerkbar? Viele meiner Freunde, etwa Rudolf Nurejew, haben versucht, meine weibliche Seite für sich in Anspruch zu nehmen – was nicht gelang. Meine Frau sagt, ich bin ein Spießer und ich solle mich öffnen. Nicht, dass ich Affären haben soll, aber dass ich nicht so verklemmt nur männlich sein soll. Ich glaube, sie meint damit sensibel sein und nicht so brutal – kein Macho halt. Ich war aber immer empfindsam. Nicht nur, was meine eigenen Gefühle betrifft, sondern ich konnte anderer Leute Empfindungen erkennen.
Sie haben Filme über Anne Frank, Kronprinz Rudolf, das Sacher, jetzt über Maria Theresia gemacht. Sehen Sie sich als Geschichtsexperte? Im Gegenteil. Ich bin von meinem Werdegang her Dokumentarist. Dass ich jetzt künstlich Geschichte nachstelle, ist eine späte Entwicklung in meiner Karriere.
Was hat Sie dazu bewogen, bei diesem Projekt mitzumachen? Ich habe das Buch gelesen und mir gedacht: Wenn es eine Leichtigkeit hat und nicht nur so ein Kostümschinken wird, dann interessiert’s mich. Und es ist wirklich witzig.
Ist das alles historisch korrekt? Nein. Aber wir haben alle falschen Tatsachen in Kauf genommen. Wir haben also keine Fehler gemacht, weil wir dilettantisch und ahnungslos an die Sache herangingen. Wir haben es ganz bewusst so gemacht. Ich finde, wir hatten die historische Aufbereitung von Maria Theresias 300. Geburtstag zur Genüge. Dieser Film soll nicht die historische Wahrheit aufdecken, sondern die Zuschauer halbwegs intelligent unterhalten.
Der Film ist eine österreichisch-tschechisch-ungarisch-slowakische Koproduktion. Jeder aus dem viersprachigen En- semble drehte die Szenen in seiner Muttersprache. War das Ihre Idee? Das war der Wunsch der Fernsehanstalten. Am Anfang war ich skeptisch. Aber es war die beste Entscheidung, die ich je getroffen habe. Normalerweise reden in internationalen Koproduktionen alle schlechtes Englisch. Und dann spielen die Schauspieler schlecht, weil sie in erster Linie an die Aussprache denken, die aber sowieso nachher synchronisiert werden muss.
Marie-Luise Stockinger spielt die Maria Theresia, es ist ihre erste Fernseh-Rolle. Mussten Sie ihr viel erklären? Nein, nein – sie hat mir erklärt. Weil sie viel mehr über den Charakter gewusst hat als ich. Ich bewundere ihre Seriosität, ihren Ernst. Sie ist eine unwahrscheinlich fleißige Vollblutschauspielerin, ihr Verstand und ihr Gedächtnis sind unbegreiflich. Sie macht sechs, sieben Stücke, wo sie die Texte weiß. Sie hat neben den Dreharbeiten am Burgtheater gespielt, ist zwei-, dreimal in der Woche vom Drehort in Prag mit dem Auto abgeholt worden, nach der Vorstellung in der Nacht zurückgefahren und um sechs in der Früh in der Maske gesessen. In den Pausen, wo jeder ein bisschen schlafen geht, sitzt sie da und liest ein Buch. Sie ist ein Phänomen. Ist es nicht schwierig, jemanden darzustellen, den man nur aus Geschichtsbüchern kennt . . . . . . die immer schon im Interesse von jemandem geschrieben wurden. Ich habe für Steven Spielberg die Serie „Into the West“gedreht – über Native Americans. Die glauben nicht an Geschichtsbücher, weil sie sagen, die sind gefälscht. Deswegen glauben sie nur an die mündliche Überlieferung der Geschichte: Der Älteste erzählt, bevor er stirbt, dem Jüngsten das Wichtigste über die Geschichte ihres Stammes.
Kommen wir noch einmal zur weiblichen Seite: Wie stehen Sie zur | metoo-Debatte, die sexuelle Belästigung anprangert? Ich bin absolut dafür. Denn selbstverständlich hat man seine Position nicht auszunützen für sexuelle Vorteile – das ist indiskutabel. Ich kann das gar nicht nachvollziehen, weil es mir dann nichts mehr bedeuten würde: Wenn ich eine Frau auf diese Weise erobern würde, wäre der ganze Spaß vorbei. Aber ich finde es nicht gut, dass diese Debatte dermaßen überhandgenommen hat: Als die Entscheidung von Donald Trump bekannt wurde, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, war das nicht die Hauptmeldung in den News – vorher ging es um einen Senator, der zurückgetreten ist, weil er jemandem auf den Busen gegriffen hat. Dass Weltnachrichten, wo es um Leben und Tod geht, weniger wichtig sind als so ein Foto, kann ich nicht nachvollziehen.
Sind Sie für mehr Frauenpower? Natürlich wollen wir für die Damen kämpfen, wenn sie ungerecht behandelt werden. Auf der anderen Seite gab es Hillary Clinton oder Maggie Thatcher: Waren das so wunderbare weibliche Gestalten, die uns Weltfrieden gebracht haben? Nein. Schön wär’s, wenn es so einfach wäre. Dann wäre ich sofort dafür, dass wir die Politik den Frauen überlassen und alle Hausmänner werden.