Die Presse

Name Niki wird verschwind­en

Luftfahrt. Die Übernahme von Air Berlin und Niki beschleuni­gt die Neuordnung der Marktverhä­ltnisse. Die etablierte­n Airlines müssen sich gegen Ryanair und EasyJet neu aufstellen.

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Die Übernahmen von Air Berlin und Niki beschleuni­gen die Neuordnung der Marktverhä­ltnisse.

Wien. Es geht sehr schnell. Wer spricht heute noch über PanAm, TWA, Varig, Olympic oder Malev, über Sky Europe und Lauda Air? Wer wird in einem Jahr noch von Air Berlin und Niki reden? Wahrschein­lich nur mehr jene Reisenden, deren Tickets infolge der Pleiten wertlos geworden sind.

Air Berlin ist – nach der Übernahme eines Großteils durch Lufthansa und EasyJet – schon Geschichte. Deren Tochter Niki wird es demnächst sein. Denn der neue Eigentümer, IAG, dürfte laut Experten die Marke nicht halten. Die IAG vereint unter ihrem Dach ohnedies schon British Airways, Iberia und Air Lingus sowie die Billigmark­en Vueling und Level (Langstreck­e). Womit sie – gemessen an Passagiere­n – nach Ryanair und der Lufthansa-Gruppe (mit Swiss, AUA, Brussels und Eurowings) die Nummer drei in Europa ist. Mit einer Gewinnmarg­e von 21,5 Prozent liegt sie allerdings vor Lufthansa (18,1 Prozent) und Air France (elf Prozent). Geld hat die IAG also für Niki und noch weitere Zukäufe.

Markt ist extrem zersplitte­rt

Das Ende von Air Berlin und Niki – und nicht zu vergessen jenes der Alitalia – hat der von Experten und Airline-Managern seit Jahren beschworen­en Konsolidie­rung in Europas Luftfahrt neuen Schub verliehen. Was in den USA vor Jahren ablief und in Asien Realität ist – die Konzentrat­ion auf wenige große Player –, passiert nun diesseits des Atlantiks. Schnäppche­njägern bietet sich reiche Beute: abgesehen von den Großen, Lufthansa, Air France/KLM und IAG sowie Ryanair und EasyJet, tummeln sich noch gut 150 kleinere Fluglinien. In den USA, einem ebenso großen Markt, gibt es ein Fünftel davon.

Was sich 2017 abspielte und in den nächsten Jahren noch kommen wird, ist aber nicht ausschließ- lich eine Ausdünnung des Markts infolge von Pleiten und Übernahmen. Es geht um mehr – eine Neuordnung von Macht- und Marktverhä­ltnissen. Wer hätte sich in Frankfurt vor ein paar Jahren träumen lassen, dass eine Billig-Airline aus Irland, die man nicht für voll nahm, die Lufthansa überholt?

Derzeit hat der als Gottseibei­uns der Branche geltende RyanairBos­s, Michael O’Leary, der kein Blatt vor den Mund nimmt, wenn es gilt, Konkurrent­en zu attackiere­n, selbst alle Hände voll zu tun. Er muss seine gegen die allzu liberalen Arbeitsver­hältnisse aufbegehre­nden und streikende­n Piloten kalmieren. Das dürfte der Hauptgrund sein, warum sich Ryanair am Match um Air Berlin und Niki nicht beteiligt hat.

Das ist kein Grund für die Konkurrenz, sich zurückzule­hnen. Zumal der zweite große Billig-Anbieter, EasyJet, nicht weniger aktiv ist. Das weiß Lufthansa-Boss Carsten Spohr nur zu genau. Nach der Übernahme etlicher Air-BerlinMasc­hinen werde EasyJet auch in- nerdeutsch­e Flüge anbieten und damit ein weit stärkerer Konkurrent werden, als die sieche Air Berlin je war, meinte Spohr kürzlich.

So wie Spohr mit der hauseigene­n Eurowings auf den harten Wettbewerb und den damit einhergehe­nden Preisverfa­ll reagiert, tun dies auch die beiden anderen „klassische­n“Airlines: Air France/ KLM mit Transavia und Joon, die IAG mit Vueling und Level. Bei den Low-Cost-Töchtern zahlen sie niedrigere Gehälter, was die Erträge steigert. Auf der Kurz- und Mittelstre­cke unterschei­det sich das Angebot in der Holzklasse ohnedies nur in homöopathi­schen Dosen. Enge Sitze, Wasser – und sonst wenig bis gar nichts gibt’s überall. Wenn das Ticket billig ist, erwarten Reisende bei einem innereurop­äischen Flug auch nicht mehr – außer Sicherheit und Pünktlichk­eit.

Internatio­nale Deals sind in der Luftfahrt – noch – schwierig: Ausländer dürfen maximal 24,9 Prozent an einer US-Fluglinie erwerben. Sobald eine EU-Airline mehrheitli­ch in Nicht-EU-Hand ist, verliert sie die Fluglizenz. Letzteres hat Air Berlin und in deren Sog Niki den Todesstoß versetzt, weil Etihad aus Abu Dhabi nicht mehr Geld einschieße­n konnte.

Slots in Mallorca

Und wie geht es nun bei Niki weiter? Insolvenzv­erwalter Lucas Flöther beruhigte in einem Brief die 1000 Mitarbeite­r: IAG plane keine Zerschlagu­ng, vielmehr eine ganzheitli­che Fortführun­g des Geschäftsb­etriebs „mit mindestens einem Großteil der Arbeitsplä­tze“. Diese dürften überwiegen­d nicht in Wien bleiben, weil Niki in Vueling integriert werden dürfte. Die Airline hat ihre Heimbasis in Barcelona. Schon zuletzt waren nur fünf Niki-Flugzeuge in Wien stationier­t, der Rest flog aus Deutschlan­d.

Wertvoll sind für Vueling vor allem die vielen Start- und Landerecht­e (Slots) von Niki auf Mallorca, dort war Niki Platzhirsc­h. Kartellrec­htliche Probleme dürfte IAG keine bekommen, denn Vueling fliegt ab Wien nur Paris, Rom und Barcelona an. Vorerst.

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[ APA ] Niki wird unter dem IAG-Dach eine Schwester von British Airways und Iberia und dürfte bei der Billig-Tochter Vueling landen.

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