Die Wahl des Jahres: Wenn Österreich nach St. Pölten blickt
Landtagswahl. Am 28. Jänner wird in Niederösterreich gewählt. Es ist ein erster Stimmungstest für die türkis-blaue Bundesregierung, ein Urteil über Christian Kerns Personalpolitik und ein Überlebenskampf für die Grünen. Ein Ausblick auf die erste von vier
St. Pölten. Bereits 41 Tage nach ihrer Angelobung wird die türkis-blaue Bundesregierung – indirekt – einem ersten Stimmungstest unterzogen. Denn mit Niederösterreich läutet am Sonntag in vier Wochen, am 28. Jänner, ausgerechnet das Bundesland mit den meisten Wahlberechtigten das Jahr, in dem insgesamt vier Landtagswahlen anstehen, ein. An diesem Tag werden auch die Bundesparteien aus guten Gründen nach St. Pölten blicken. Neue Zeiten für die Volkspartei. Die viel zitierte „Zeit für Neues“ist in Niederösterreich gleich im doppelten Sinne angebrochen. Es ist die erste Landtagswahl seit fast 25 Jahren, die für die Volkspartei nicht von Erwin Pröll geschlagen wird. Johanna Mikl-Leitner versucht die absolute Mehrheit zu verteidigen. Zugleich ist es die erste Landtagswahl seit elf Jahren, die unter geänderten bundespolitischen Vorzeichen, nämlich unter einem ÖVP-Kanzler (und blauem Vize), stattfindet. Insofern ist das niederösterreichische Ergebnis auch für ÖVP-Bundesparteichef Sebastian Kurz entscheidend. Kann Mikl-Leitner den Schwung der Kurz-Bewegung aus dem Nationalratswahlkampf noch mitnehmen? Oder ist bereits Ernüchterung über die türkis-blaue Koalition eingetreten? Dass in Niederösterreich so rasch nach der Angelobung gewählt wird, könnte von Vorteil sein. Bis dahin wird sich die Regierung nicht entzaubern. Sollte das niederösterreichische ÖVP-Ergebnis nicht nach Wunsch ausfallen, wurde schon vorgebaut: „Wir sind die BlauGelben und nicht die Türkisen“, so Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner am Freitag. Der nächste Test für die Kern-SPÖ. Niederösterreich ist für die SPÖ generell ein schwieriges Pflaster. Auch personell. Spitzenkandidat Franz Schnabl, der früher Wiener Polizeidirektor war, gilt als Wunschkandidat von SPÖ-Chef Christian Kern. Mit der Landtagswahl wird somit auch ein Urteil über die Personalpolitik Kerns gefällt. Ebenso wie über seine Oppositionsarbeit im Bund. Alles andere als ein Zugewinn wäre ein Desaster. Vor fünf Jahren fuhr die niederösterreichische SPÖ nämlich das schlechteste Ergebnis aller Zeiten ein (21,57 Prozent). Das für 2018 ausgegebene Ziel zeugt von Vorsicht. Man will den zweiten Platz absichern. Die freiheitliche Aufholjagd. Von den 26 Prozent, die die Bundes-FPÖ im Herbst bei der Nationalratswahl eingefahren hat, konnten die niederösterreichischen Blauen bisher nur träumen. Vor fünf Jahren kam man auf acht Prozent. Udo Landbauer, der überraschend eingesetzte FPÖ-Spitzenkandidat, fuhr zuletzt einen schärferen Kurs als die Bundespartei, die sich als regierungsfähig präsentieren wollte. „Moslem-Mama-Mikl“betriebe eine „Zwangsislamisierung“, sagte Landbauer, der damit wohl seinen Bekanntheitswert steigern wollte, etwa. Dazugewinnen dürfte die Landes-FPÖ. Wobei sich die harte Oppositionslinie im Land und die Regierungsbeteiligung im Bund teils widersprechen. Ein Blick in die Geschichtsbücher zeigt, dass es der FPÖ damals, im Jahr 2000, als Österreich erstmals von einer schwarzblauen Koalition regiert wurde, eher schadete. Bei der ersten Landtagswahl nach dem Führungswechsel im Bund (allerdings mit einem größeren zeitlichen Abstand) in der Steiermark gewann die ÖVP deutlich (nämlich elf Prozentpunkte) dazu. Die FPÖ verlor hingegen fast fünf Prozentpunkte. Der Überlebenskampf der Grünen. Nach dem Rausfall der Grünen aus dem Parlament hat in den Bundesländern der Überlebenskampf begonnen. Nur hier kann der Grundstein für die nächste bundesweite Wahl gelegt werden. Einfach dürfte das nicht werden. Erste Umfragen sehen die niederösterreichischen Grünen mit ihrer Spitzenkandidatin Helga Krismer um die vier Prozent. Sie kämpfen damit um den Verbleib im Landtag. Dabei dürften viele Mittel recht sein. Dass der DisneyKonzern das an „Star Wars“angelehnte Werbevideo der Grünen, in dem die Politiker als Jedi-Ritter auftraten, untersucht, sicherte den Grünen willkommene Aufmerksamkeit. Ein Landes-Test für die Neos. Die pinken Neos treten erstmals in Niederösterreich an. Auch ihr Einzug in den Landtag ist nicht sicher. Wobei sie sich – ebenso wie die anderen Parteien – einen Teil der Stronach-Stimmen holen könnten. Die Liste Frank landete 2013 nämlich mit zehn Prozent auf Platz drei. Eine Verankerung in einem weiteren Landtag wäre auch für die Bundespartei von Vorteil. Stimmen wollen die Neos vor allem im Wiener Speckgürtel fischen. In den niederösterreichischen Landgemeinden tun sie sich noch schwer.