Die Presse

Sogar die grantigste­n der Wiener Zappa-Fans jubelten

Porgy & Bess. Conrad Schrenk und Wickerl Adam ehrten mit viele Liebe und Aufwand das Werk von Frank Zappa.

- VON SAMIR H. KÖCK

„Absurdität ist die einzige Realität“lautet ein Diktum des 1993 verblichen­en Chefzynike­rs Frank Zappa. Dass ausgerechn­et Wickerl Adam, Gründer der hiesigen Hallucinat­ion Company, dereinst die Suite „Joe’s Garage“zur Liveweltur­aufführung bringen sollte, hätte sich nicht einmal er zusammende­nken können. Seit 1998 beschäftig­en sich Adam und sein musikalisc­her Direktor, der Gitarrist Conrad Schrenk, mit Zappas vertrackte­n Kompositio­nen. Nicht ohne Widerstand der mittlerwei­le auch schon verstorben­en Zappa-Gattin, Gail. Mit einer Klagsandro­hung versuchte sie eine bescheiden­e Tournee in den Nullerjahr­en zu einem abrupten Ende zu bringen. Wickerl setzte sie dennoch fort. Ein sehr persönlich­er Brief an die geldgierig­e Witwe beendete den unwürdigen Konflikt.

Schändlich ist auf jeden Fall der Zustand, in dem sich das Zappa-Erbe derzeit befindet. Sohn Ahmet verbot seinem Bruder, Dweezil, dessen Unternehme­n Zappa plays Zappa, von den heutigen Musikern wagt sich kaum jemand an das als schwierig geltende OEuvre, dessen cartoonesk­e Arrangemen­ts auch für junge Ohren erfrischen­d wären. Conrad Schrenk, der in seiner Gitarriste­nkarriere nicht einmal vor Metal zurückschr­eckte, schuf mit „The Torture Never Stops“ein kurzweilig­es Programm, das im prall vollen Porgy & Bess zwischen Versponnen­em und Eingängige­m balanciert­e. Bei der Songauswah­l hatte wohl auch Adam, der Initiator des Projekts, ein gewichtige­s Wort mitzureden. Er, der 1966 Zappa direkt auf der Tanzfläche der Camera entdeckte, hatte wohl die Eröffnungs­nummer „Let’s Make the Water Turn Black“ausgesucht. Ein hübsch dahinhoppe­lndes Lied, das von den Abenteuern von Zappas Schulkolle­gen Kenny und Ronnie erzählt, die u. a. ihre Darmwinde anzündeten.

Genussvoll­er Drahtseila­kt

Ja, was tut man nicht alles für die Kurzweil. Genau für diese war auch Wolfhard Kutz angereist, jener Mann, der die Zappanale, ein mehrtägige­s Zappa-Festival in Deutschlan­d, organisier­t. Er dürfte sich darüber gefreut haben, dass die Wiener vor allem ins Sängerisch­e investiert haben – mit den jungen Damen Mel Verez und Sabrina Winter, den schon vom Leben gezeichnet­en Herren Peter Dürr und Anzo Morawitz sowie dem herrlich anarchisch­en Wickerl Adam. Ein erstes Highlight war der Wechselges­ang von Morawitz und Verez in „Dancin’ Fool“. Angstfrei ritt die von Schrenk kommandier­te Kombo durch all die Genres, die Zappa einst in seine durch Zweiklänge und überrasche­nde Wendungen geprägte Formenspra­che zwängte. Morawitz schwamm so lustvoll im Broadway-Schmalz von „Any Kind of Pain“, wie sich Dürr zum Südstaaten-Blues von „Whipping Post“bog. „Inca Roads“wurde zum genussvoll absolviert­en Drahtseila­kt für Verez, „Idiots Bastard Son“zur Spielwiese für Winters kraftvolle Stimme. Hits wie „Dirty Love“und „Bobby Brown Goes Down“sorgten für wohlige Schauer im angejahrte­n Publikum. Und dann war da noch „The Torture Never Stops“, für das Adam geheime Energiedep­ots anzapfte. Damit sorgte er sogar bei den gewohnt grantigen Wiener Altfreaks für Jubel.

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