Das Werk des Meisters fortführen
Schüler wählen starke Vergleiche, um ihren Respekt für prägende Führungspersonen zu artikulieren.
Die Schüler des Rabbi Israel ben Elieser – als Begründer der spirituellen Bewegung des Chassidismus bekam er später den Ehrentitel Baalschemtow, „Herr des guten Namens“– schwärmten in höchsten Tönen von ihrem Lehrer. Gegenüber der Spiritualität der Aufklärung, die Vernunft, Kritik, Analyse und Logik in die Mitte ihrer Religiosität stellte, betonte Israel ben Elieser Mystik, Meditation, Emotion. Sein Grundsatz war: In und aus jedem Menschen strahlt ein göttlicher Funke.
Er verkündete eine geerdete Mystik, die sich in sozialem Engagement und einer demütigen Lebenseinstellung ausdrückte. Sie hatte eine unbändige und heilsame Lebensfreude zur Folge, sodass Tanzen, Singen, fröhliche Mähler und Weingelage zu Kennzeichen dieser Spiritualität wurden.
Martin Buber hat die Begeisterung der Schüler in zwei Szenen festgehalten. Einem Sohn des Baalschemtow erschien der verstorbene Vater im Traum in Gestalt eines großen Feuerbergs, der sich in unzählige Funken teilte. Auf die Frage des Sohnes, warum er so erscheine, antwortete er ihm: „So habe ich Gott gedient.“
Ein anderer Schüler, Rabbi Löb, sagte einmal zu Leuten, die vom Baalschemtow erzählten: „Ich sage euch, hätte Rabbi Israel ben Elieser im Zeitalter der Propheten gelebt, er wäre ein Prophet geworden. Und hätte er im Zeitalter der Erzväter gelebt, er wäre ein bestimmter Mann geworden, sodass man, wie man ,Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs‘ sagt, auch ,Gott Israels‘ sagen würde.“
Was für Hochschätzung, ein Feuer versprühender Lehrer, eingereiht in die größten Gestalten der Glaubensgeschichte!
Jesus hat einen guten Ruf bei den Menschen. Seine eindrucksvollen Reden und klugen Ratschläge erinnern sie an die Gestalt Mose. Sein kämpferisches und mutiges Auftreten gleicht dem des Propheten Jeremia. Seine therapeutische Kraft lässt den Propheten Elischa gegenwärtig werden. Und der Zustrom der Menschen und die entstehende Volksbewegung gleichen jenen des Johannes des Täufers.
Näher am Geheimnis seiner Person sind die Frauen, Männer und Kinder, die Tag und Nacht mit ihm unterwegs sind, mit ihm leben und von ihm lernen dürfen. Petrus wagt sogar einmal, Jesus mit der erwarteten Gestalt des Messias zu vergleichen. Am meisten beschenkt aber ist Thomas. Sein einforderndes Wort, erst durch Berührung der Narben Jesu an seine bleibende Wirksamkeit zu glauben, haben ihm eine persönliche mystische Begegnung mit ihm geschenkt.
Sie lassen Thomas die schönsten und stärksten Worte seiner Bibel aussprechen: „Mein Herr und mein Gott.“Es ist das Bekenntnis, in Jesus das Geheimnis und die Wirklichkeit des mitgehenden Gottes hautnah erleben zu dürfen. Er ist für ihn der Größte geworden, ein göttlicher Lehrer und Meister, dessen Werk er weiterführen will.
Schüler wählen starke Vergleiche, um ihren Respekt und ihre Wertschätzung prägenden Führungspersonen gegenüber auszudrücken. Bimail steht für Bibelmail, ein wöchentliches Rundschreiben des Teams um Pater Georg Sporschill, adressiert an Führungskräfte. Darin werden Lehren aus der Bibel auf das Leben von heute umgelegt. debatte@diepresse.com
Thomas antwortete und sagte zu ihm: „Mein Herr und mein Gott.“Joh 20,28