Eine Frage der Emotionen: Der Regierung ist Erfolg zu wünschen
Um Österreich willen kann es nicht nur um das Erreichen von materiellen Zielen gehen, sondern vor allem um Stimmung, Durchatmen, Freiheit, Toleranz, Positives.
Barack Obama tat es, Hillary Clinton auch. Beide wünschten Donald Trump nach seinem Wahlsieg im November 2016 Erfolg für seine Präsidentschaft. Um der USA willen, wie beide betonten. Es war nicht klar, was sie darunter verstanden, aber ihre Definition von Erfolg war sicher nicht jene Trumps.
Erfolg wird immer relativ gesehen und hängt meist von der Perspektive ab, aus der eine Entscheidung, ein Ereignis, ein Faktum betrachtet wird. Was jemand als Erfolg für sich und seine Gefolgschaft verbucht, kann jemandes anderen Schaden sein.
Von dieser Warte aus betrachtet, ist auch der neuen österreichischen Bundesregierung aus ÖVP und FPÖ für das kommende Jahr viel Erfolg zu wünschen – um des Landes willen. Bei aller Relativierung des Begriffs an sich muss es dennoch einige Kriterien geben, anhand derer sich wird feststellen lassen, ob die Wünsche in Erfüllung gehen.
Dabei sollte man bedenken, dass Erfolg als „Erreichen gesetzter Ziele“im organisatorischen und politischen, im gesetzgeberischen und verwaltungstechnischen Sinn weniger wichtig ist als der Erfolg im emotionalen Sinn. Nur wenn die Stimmung im Land sich zum Positiven dreht und die derzeitige Gehässigkeit allem anderen und allen Fremden gegenüber abnimmt, wird die Regierungsarbeit erfolgreich sein können.
Die Reaktionen aus der Bevölkerung auf den Stromtod eines Flüchtlings auf dem Dach eines Containers am Brenner stimmen da nicht optimistisch. So viel Bösartigkeit und Menschenverachtung in Österreich sind erschreckend. Bei erfolgreicher Politik geht es immer mehr um das Gefühl, das eine Gesellschaft von sich selbst hat, als um Zahlen und Fakten. Wo kommt dann diese Gehässigkeit her?
In diesem Zusammenhang ist es vermessen, wenn Sebastian Kurz einen Vergleich mit Bruno Kreisky heranzieht. Dieser hatte in den frühen 1970er-Jahren die Fenster in Österreich aufgerissen. Frischluft war die Devise. Davon ist die angekündigte Politik der Kurz-Strache-Regierung zurzeit weit entfernt. Das Programm ist voll von Maßnahmen, bei denen eher die Luft angehalten werden muss. Wenn man in einem Jahr aber durchatmen und sich über mehr Selbstbestimmung, mehr Freiheiten, mehr Toleranz freuen wird, dann könnte man von einem erfolgreichen Jahr sprechen. Es wäre Österreich zu wünschen.
Zwischen den objektiven Erfolgen für das Land und den subjektiven dieser Koalition liegen aber oft Welten. Das lässt sich anhand einiger Beispiele aufzeigen: Dem Land täte auf allen Ebenen mehr Empathie gut. Diese Koalition aber wird sich nach jeder noch restriktiveren, noch abschreckenderen, noch härteren Maßnahme – nicht nur in der Asylpolitik – zum Erfolg beglückwünschen.
Dem Land täte es gut, würde die Armut noch stärker sinken. Die Regierung verkauft Verschärfungen bei Mindestsicherung und bei Arbeitssuchenden Maßnahmen gegen Armut.
Dem Land täte es gut, würde kein Patient wegen Sparmaßnahmen in den Spitälern zu Schaden kommen. Kostensenkung ist das erklärte Ziel der Koalition. Dem Land täte es gut, würde kein Jugendlicher durch unqualifizierte Lehrkräfte negativ fürs Leben geprägt werden. Diese Koalition sieht ihren Erfolg in diversen Einzelmaßnahmen für mehr Zucht und Ordnung.
Ob sie also den Erfolg haben wird, den man ihr für das Land wünscht, hängt vom Standpunkt ab. Die Regierung wird Machterhalt und -ausbau als Erfolg sehen. Österreich kann das nicht genügen. Es wird Ende 2018 besser dastehen müssen als jetzt. Aber auch das ist eine Frage der Einstellung. Nur wenn Ende 2018 eine andere Stimmung als jetzt herrscht, wird es ein gutes Jahr gewesen sein.