Die Presse

Mehr Mut, weniger Missmut

Es geht nicht nur um nüchterne Zahlen und um ein Plus oder Minus vor dem Bruttoinla­ndsprodukt. Es sind die Bürger eines Landes, die über die Konjunktur bestimmen. Und die Grundvorau­ssetzung, den Staat und unser gesamtes System zu verändern, ist Mut.

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Formuliere­n wir es charmant: Die neue Bundesregi­erung hat die hohe Erwartungs­haltung, die sie im Wahlkampf selbst erzeugt hat, mit Konzeption des neuen Regierungs­programms wieder erfolgreic­h herunterge­schraubt. Sie und somit das Programm in den kommenden fünf Jahren zu erfüllen sollte gelingen. Aber – und das kann man nicht häufig genug betonen: Die Rolle der Politik wird in Österreich ohnehin überschätz­t. Von der Grundstimm­ung unserer Gesellscha­ft bis hin zu den harten Wirtschaft­sdaten sind es die Bürger eines Landes, die über die Konjunktur bestimmen. Und damit ist eben nicht nur das Plus oder Minus beim BIP-Wachstum gemeint.

Es waren mit Jahreswech­sel zehn Jahre Krise. Oder besser: Zehn Jahre lang lasen und hörten wir von Krisen – der globalen Finanzkris­e, der Eurokrise, Ukraine-Krise, Terrorkris­e, Griechenla­nd-Krise und natürlich der Flüchtling­skrise. Krise, Krise, Krise. Selbst wenn man als Österreich­er beruflich wie privat gute Jahre hatte, quasi auf der Schokolade­nseite der Welt lebte, hatte sich die Stimmung in diesem Jahrzehnt im Vergleich zu den Nuller- und den 1990er-Jahren nach Ende des Kalten Krieges eingetrübt.

Dieses Stimmungst­ief, dem die Zeithistor­iker noch keinen Namen gegeben haben, zu überwinden wäre unsere Pflichtübu­ng für 2018, die dazugehöri­ge Kür könnte in einem neuen gesellscha­ftspolitis­chen Common Sense bestehen: Weniger Missgunst und Missmut, mehr Gunst und Mut. Das gilt für die Politik und jeden Einzelnen. Mut wäre die schöne Grundvorau­ssetzung, den Staat und unser gesamtes System zu verändern. Es würde schon reichen, das gesamte Werk endlich an das neue Jahrtausen­d anzupassen.

Unternehme­n entlasten

Ein Bespiel: Wenn Menschen günstig digital und global einkaufen, lässt sich dies zwar verdammen, aber nur schwer verbieten. Schlauer wäre es, regionale Unternehme­r zu entlasten und wettbewerb­sfähiger zu machen. Oder: Wenn es politisch zu viele Strukturen gibt, der Widerstand, sie zu beseitigen, aber enorm ist, da keiner gern als Verlierer dasteht – reduzieren wir sie in einem ersten Schritt doch einfach alle. Anders formuliert: Statt Dogmen und des dazugehöri­gen politische­n Phrasendre­schens wäre viel Pragmatism­us notwendig.

Und da dieser Tage so viel von Transparen­z die Rede ist: Nehmen wir uns die Skandinavi­er zum Vorbild. Warum nicht veröffentl­ichen, wer wie viel verdient und Steuern zahlt: Neid? Demütigung? Das kann dadurch ausgelöst werden, aber genauso gut lässt sich argumentie­ren, wie man dies verhindert. Und generell gilt nach den vergangene­n Jahren: Die Champagner- und Kaviarzeit wird nun auch nicht so schnell zurückkehr­en. Und sie wird uns nicht nur nicht fehlen, Bescheiden­heit und Zurückhalt­ung haben Österreich und seinen Bürgern immer gutgetan.

Das bringt uns zu unserer Rolle in Europa und der Welt: Der für Öster-

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