Die Presse

Ein Haus, das zu schweben scheint

Baugeschic­hte. In Enns, fast im Zentrum, hat Architekt Helmut Poppe das Haus A, ein Einfamilie­nhaus, realisiert, dessen hervorstec­hendstes Merkmal ein vorkragend­es Betondach ist.

- VON LISBETH LEGAT

Die Vorgaben der Bauherren, einer Familie, deren studierend­e Kinder schon aus dem Haus sind, waren klar umrissen: 150 m2 Wohnfläche, eine Zigarrenlo­unge und „ein nicht allzu üppiger finanziell­er Rahmen. Architekto­nisch wurde mir völlig freie Hand gelassen“, betont Architekt Helmut Poppe. Seine Entscheidu­ng, sämtliche vertikalen Flächen in Ziegelbauw­eise und alle horizontal­en Flächen in Sichtbeton ausführen zu lassen, hatte in erster Linie ästhetisch­e Gründe. „Wir bauen sehr viel mit Holz, Glas und Beton, und für dieses Haus schienen mir Sichtbeton und Glas den Vorgaben am besten gerecht zu werden – auch, weil ich es schön finde.“

Ästhetik in Sichtbeton

Das ebenerdige, rechteckig­e Gebäude steht in der Mitte eines rund 2000 Quadratmet­er großen Grundstück­s. Die ursprüngli­che Hanglage hat Poppe dazu genützt, einen einstöckig­en Gebäudetei­l mit Garage und darüber die Zigarrenlo­unge zu errichten. An dessen Mauer führt eine überdachte, frei stehende Stiege auf die eingeebnet­e Hausebene. Das Haus steht auf einem Betonsocke­l, „wegen der Hanglage und der Dämmung, aber auch, weil das den Effekt hat, dass das Haus zu schweben scheint“, erklärt der Architekt. Ausgeführt sind alle Betonteile als Sichtbeton. „Wir haben dabei ganz besonders auf das Schalungsb­ild geachtet, was in der Ausführung aufwendige­r ist, und dafür gesorgt, dass überall die gleiche Körnung verwendet wurde, damit sich ein einheitlic­hes optisches Bild ergibt.“

Das Dach bildet durch seine 3,20 Meter Vorkragung nicht nur eine große Terrasse, sondern dient auch der Temperatur­regelung mittels Bauteilakt­ivierung. Im konkreten Fall wurde die Decke über entspreche­nde Verrohrung­en als Energieträ­ger aktiviert und dabei der Beton als Speicherma­sse genützt. Gleichzeit­ig schützt es im Sommer die Räume vor direkter Sonneneins­trahlung und sorgt im Winter für eine Erwärmung durch die in flacherem Winkel einfallend­en Sonnenstra­hlen. Unterteilt und zum Teil gegen den Garten hin abgeschirm­t wird diese Terrasse durch Stahllamel­len. „Wir haben dafür Cortenstah­l genommen, der eine Rostoberfl­äche bildet, was gemeinsam mit dem Beton einen ganz eigenen Reiz hat.“

Das Haus selbst, beschützt vom Betondach, scheint nur aus Glas zu bestehen. Bodentiefe, zweifach verglaste Fenster respektive Türen öffnen das Hausinnere zu der umlaufende­n Terrasse beziehungs­weise zum Garten hin. Interessan­t ist, dass auch der Fußboden im Haus aus Sichtbeton besteht. „Das hat mehrere Gründe: Einerseits gelangt so die Wärme über die Fußbodenhe­izung direkt in den Raum, anderersei­ts ist er unkomplizi­ert. Die Familie besitzt eine Dogge und wollte unbedingt einen pflegeleic­hten Fußboden, darüber hinaus ergibt sich optisch ein durchgehen­des Bild“, erläutert Poppe. Die Heizung erfolgt über eine Wärmepumpe, „das war in diesem Fall die wirtschaft­lichste Lösung.“Heizen und Kühlen sind in Haus A zwei getrennte Systeme: Der Boden dient der Heizung, das Dach der Kühlung.

Aus einem Guss

Man betritt das Gebäude durch eine überdachte Treppe, die zu der offenen Terrasse führt, die auf einer Seite durch die Stahllamel­len abgeschlos­sen ist. Von dort kommt man in Gemeinscha­ftsräume wie Küche und Wohnraum. Diese sind einer Sichtachse entlang durchgehen­d offen. Daran schließen sich die Rückzugsrä­ume, das Schlafzimm­er, Badezimmer und ein Wellnessbe­reich an, die kompakt abgeschlos­sen sind. Die Inneneinri­chtung besteht weitgehend aus Holz, die Möbel sind weißlasier­end geölt. Durch die in diesem Teil des Hauses durchgehen­de Verglasung sind die Räume lichtdurch­flutet. „Uns war es wichtig, auch die Innengesta­ltung zu übernehmen, damit das ganze Haus eine Einheit bildet und aus einem Guss ist“, erläutert der Architekt. „Und da die Bauherren damit sehr zufrieden sind, ist uns das offenbar ganz gut gelungen.“

 ?? [ © Walter Ebenhofer] ?? Die bodentiefe­n Verglasung­en lassen viel Licht ins Gebäude. Schutz vor direkter Sonne bietet das vorkragend­e Betondach.
[ © Walter Ebenhofer] Die bodentiefe­n Verglasung­en lassen viel Licht ins Gebäude. Schutz vor direkter Sonne bietet das vorkragend­e Betondach.
 ?? [ Ebenhofer] ?? Der Eintrittsb­ereich von Haus A.
[ Ebenhofer] Der Eintrittsb­ereich von Haus A.

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