Nicht Kickls Aufpasserin
Innenressort. Karoline Edtstadler (ÖVP) will nicht Herbert Kickls Aufpasserin sein, teilt seine Meinung zu Radarkontrollen aber nicht ganz. Asylwerber sollen staatlich untergebracht werden.
Staatssekretärin Karoline Edtstadler will mit Expertise im Innenministerium punkten.
Die Presse: Frau Staatssekretärin, Ihre Funktion wurde vielfach als Aufpasserin für Innenminister Herbert Kickl beschrieben. Karoline Edtstadler: Ich wurde aber als Expertin geholt: Am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte habe ich mir Expertise in diesem Bereich erworben, vorher war ich im Strafrecht tätig.
Wie ist dann diese Zuschreibung als Aufpasserin entstanden? Das müssen Sie die Medien fragen.
Oder den Bundespräsidenten, der sich jemanden gewünscht haben soll, der Kickl kontrolliert. Möglicherweise ist das der Grund. Aber das müssten Sie ihn selbst fragen.
Sie gelten als streng – so streng, dass die Staatsanwaltschaft einmal gegen eines Ihrer Urteile berufen hat. Mit welchen Konsequenzen muss Kickl rechnen, wenn er sich danebenbenimmt? Mir war es immer wichtig, allen ein faires Verfahren zu ermöglichen. Das habe ich auch gemacht. Zu den Konsequenzen: Für mich steht die Menschenrechtskonvention im Verfassungsrang, in diesem Bogen müssen wir uns bewegen. Falls das nicht der Fall sein sollte, weise ich darauf hin. Ich gehe aber nicht davon aus, dass dieser Umstand eintritt.
Die FPÖ-nahe Seite unzensuriert.at wurde vom Verfassungsschutz als rassistisch, antisemitisch und prorussisch bezeichnet. Nun ist Ex-Chefredakteur Alexander Höferl Kommunikationschef im Innenministerium. Jeder sucht sich sein Team aus. Daher liegt es mir fern, das Team von Herbert Kickl zu kommentieren.
Sie haben es schon kommentiert, und zwar als „nicht besonders diplomatisch“. Ich kommentiere es nicht weiter.
Glauben Sie, dass der Verfassungsschutz auch weiterhin unabhängig arbeiten kann? Davon gehe ich aus, und viele werden das aufmerksam beobachten.
Die jüdische Gemeinde hat Bedenken wegen des FPÖ-geführten Innenressorts. Verständlich? Es ist mir ein Herzensanliegen, die vielen Sternstunden, aber auch schlimmen Stunden, die diese Republik erlebt hat, auch sichtbar zu machen. Denn ich sage ganz klar: Wir dürfen niemals vergessen.
Aber können Sie die Bedenken nachvollziehen? In meinen Zuständigkeitsbereich fallen Gedenkstätten und das Mauthausen Memorial. Ich bin auch dafür da, um diese Sorgen abzufedern. Aber man muss die Rolle einer Partei in Opposition und Regierungsverantwortung unterscheiden. Es ist jedem in dieser Regierung daran gelegen, guten Kontakt zu all diesen Organisationen zu haben und das Vertrauen aufzubauen, wo es fehlt.
Inwieweit ist es hier ein Unterschied, ob man in der Opposition oder in der Regierung ist? Die Rolle der FPÖ als Regierungspartei ist nun eine andere, und das ist auch merkbar.
Auch Ihre Kollegen vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte haben die Koalition mit der FPÖ kritisiert. Ja, es gab Kritik. Nicht nur von den Kollegen, sondern auch rundherum in Europa hat man das gespürt. Die Herausforderung wird sein, all den Kritikern zu zeigen, dass wir verantwortungsvoll mit der Zukunft Österreichs umgehen.
Im Wahlprogramm der FPÖ wird überlegt, die Europäische Menschenrechtskonvention durch eine eigene zu ersetzen, die das Heimatrecht in Österreich schützt. Seitdem ich juristisch denken kann, fühle ich mich der EMRK verpflichtet. 47 Staaten verpflichten sich denselben Standards. Damit ist alles gesagt.
Laut Regierungspakt sollen Asylwerber ihr Bargeld abgeben. Rechtlich ist das nicht unheikel. Wenn jemand so viel Bargeld besitzt, um seinen Lebensunterhalt selbst finanzieren zu können, sollte er keine Grundversorgung erhalten.
Wenn jemand 400 Euro im Geldbörserl hat, wird es ihm dann aber auch abgenommen? Das kann ich im Detail noch nicht sagen. Unabhängig davon sind schnelle Verfahren sowie die Förderung der staatlichen Unterbringung von Asylwerbern unser Ziel.
FPÖ-Klubchef Johann Gudenus hat Massenquartiere am Stadtrand vorgeschlagen – Sie sind allerdings skeptisch. Ja. Frankreich und Paris haben gezeigt, dass ein Abdrängen am Rand in Großquartiere keine Lösung ist.
Wie lang dauern Asylverfahren derzeit im Durchschnitt? Das Innenressort wollte diese Daten zuletzt nicht herausgeben. Das kann ich Ihnen noch nicht sagen. Im Jahr 2015 gab es ja auch eine immense Flut an Anträgen. Unser Ziel sind aber sechs Monate.
Das ist gesetzlich vorgeschrieben. Ja. Aber wenn man überrollt wird, kommt jede Institution an ihre Grenzen. Ein schnelles Verfahren und eine staatliche Unterbringung sind jetzt aber unsere Ziele.
In Wien gibt es Kritik: Private Quartiere seien billiger und einfacher zu managen. Es wird vielleicht günstiger sein. Aber es ist nicht unser Ziel, es möglichst billig zu machen, sondern möglichst gut zu organisieren.
Ist es weniger organisiert, wenn sich ein Asylberechtigter selbst eine Wohnung mietet? Es gibt auch die Seite, dass Familien in viel zu kleinen Räumlichkeiten untergebracht sind, weil das Geld fehlt. Wir müssen auch hier entsprechende Standards garantieren können.
Wo soll diese staatliche Unterbringung erfolgen, wenn nicht am Stadtrand? Sobald wir detaillierte Pläne haben, werden wir sie präsentieren.
Kickl will gegen „Radarschikanen“bei Überschreitung des Tempolimits vorgehen. Sie auch? Für mich steht die Sicherheit über allem. Es ist notwendig, Radarkontrollen durchzuführen. Schikanen soll es aber keine geben.
Was bedeutet das? Es gibt Limits, an die man sich halten muss. Es ist immer die Frage, wie man das definiert. Wenn ich in ein Radar fahre, empfinde ich es selbst möglicherweise als Schikane. Natürlich ist die Auswahl der Standorte für Radarmessungen entscheidend, ob diese als sinnvoll angesehen werden – da sollten wir auf unsere Polizisten vertrauen.