Neusiedler See zu stark verbaut?
Neusiedler See. Viele Bauvorhaben am burgenländischen See rufen Naturschützer auf den Plan, die nun die Unesco alarmiert haben. Läuft der See Gefahr, seinen Welterbestatus zu verlieren?
Weltkulturer\e-Status könnte wegen zu vieler Bauvorha\en fallen.
Wien. Der Neusiedler See galt jahrzehntelang als gemütliches Ausflugsziel mit guten Segel- und Surfbedingungen, aber einfachen und naturbelassenen Badebereichen und entsprechenden Restaurants. Mittlerweile hat sich das Image geändert: Seit einigen Jahren entstehen rund um den See neue Appartementanlagen, Villen, moderne Hotels und Restaurants. Begonnen hat diese Entwicklung Anfang der Nullerjahre mit der Errichtung der anfangs als Bobolokal bezeichneten Mole West in Neusiedl am See, bald fingen aber auch in anderen Orten die Planungen zu ähnlichen Einrichtungen an – viele davon weit in den Schilfgürtel hinein.
Für viele Bürger rund um den Neusiedler See wurde es daher Zeit, Stopp zu sagen. Initiativen wurden gegründet und die Aktivitäten schließlich im Verein Freunde des Neusiedlersees gebündelt: Den Eingriffen in die Natur müsse ein Riegel vorgeschoben werden, so das Motto. Denn dadurch bestehe die Gefahr, dass das von der Unesco für den Neusiedler See vergebene Weltkulturerbe auf dem Spiel stehe.
Der Verein beauftragte schließlich Christian Schuhböck, einen Sachverständigen für Um- weltschutz, eine Dokumentation zu erstellen, wie weit die Verbauung des Sees tatsächlich fortgeschritten ist. Das umfangreiche Werk, in dem die Eingriffe in den See genau dokumentiert sind, wurde im November dem Internationalen Rat für Denkmalpflege (Icomos) in Paris mit der Absicht übergeben, damit den sogenannten Heritage Alert auszulösen. Damit wird auf die Gefahr hingewiesen, dass die Unesco die Region auf die Rote Liste setzen und in Folge auch das Kulturerbe aberkennen könnte.
Problematische Projekte
„Es gibt viele Entwicklungen, viele geplante Bauvorhaben, die durchaus als Beeinträchtigung des Welterbes gesehen werden könnten“, sagt Ulrike Herbig, bei Icomos Österreich zuständig für den Neusiedler See. Die Bauordnung und die Widmungen würden solche Projekte begünstigen. Andererseits sieht Herbig durchaus Bestrebungen sowohl beim Land als auch bei einzelnen Bürgermeistern, Auswüchse einzuschränken und schärfere Regeln zu definieren. „Wir haben eine gute Gesprächsbasis mit den Zuständigen in der Landesregierung.“
In den nächsten Wochen wird nun von Paris eine Anfrage an Ico- mos Österreich geschickt, wie weit tatsächlich eine Gefährdung des Kulturerbes bestehe. Von der Antwort hängt es dann ab, ob Maßnahmen eingeleitet werden oder nicht.
Die Liste der bereits errichteten bzw. geplanten Projekte am See, die als Eingriff in die Natur gesehen werden könnten, hat es laut dieser Schuhböck-Dokumentation jedenfalls in sich: Eine Villenanlage in Oggau, die Neugestaltung des Seebades von Breitenbrunn und die teilweise bereits realisierte Inselwelt Jois sind alles Projekte, die nach Ansicht Schuhböcks viel zu tief in den Schilfgürtel ragen.
In Neusiedl gibt es wiederum sehr weit fortgeschrittene Planungen für eine Lagunensiedlung am Hafen, für Seevillen und ein Seehotel. Auf der anderen Seeseite ist in Weiden das bereits fertiggestellte Restaurant Das Fritz in den Augen der Umweltschützer kritikwürdig. Auch Illmitz springt auf den Zug auf und hat im Februar 2017 im Gemeinderat einen Grundsatzbeschluss gefasst, dass das Seebad deutlich ausgebaut werden soll.
Die Kulturlandschaft Neusiedler See umfasst auch den ungarischen Teil. Allerdings gibt es dort nur eine Gemeinde mit einem Strandbad am See, nämlich in Fertörakos. Dort beobachtet man die Entwicklungen in Österreich genau und hat jetzt auch beschlossen, den Strand zu modernisieren.
Landesregierung beruhigt
Dabei sehen Touristikexperten am See die Entwicklung nicht so negativ. Immerhin seien die Besucherzahlen deutlich gestiegen, seit sich das Image des Sees in den vergangenen Jahren zu einer coolen Destination geändert hat. Im Büro der burgenländischen Landesrätin für Umweltschutz, Astrid Eisenkopf, wird darauf verwiesen, dass derzeit an einem Masterplan Neusiedler See gearbeitet werde, in dem genau definiert wird, was möglich ist und was nicht. Dabei sollen auch detaillierte Leitlinien für Bauvorhaben erarbeitet werden. Man sei aber sicher, dass keine Gefährdung des Kulturerbes bestehe; es gebe eine gute Gesprächsbasis mit Icomos.